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Comic-Besprechung - Einmal durch den Louvre
Geschichten:Einmal durch den Louvre
Autor / Zeichner / Colorist: David Prudhomme
Story:
Der Comickünstler David Prudhomme ist mit seiner Freundin im
wohl berühmtesten Museum der Welt unterwegs: im Louvre. Als sich die beiden
verlieren, durchquert David auf der Suche nach seiner besseren Hälfte das
Museum im Schnelldurchgang und beginnt eher die Besucher als die
Ausstellungsstücke zu betrachten.
Meinung:
Erstaunlich. Manchmal kann ein kurzweiliges Lesen sich
sowohl als Vorteil als auch als Nachteil entpuppen. Der Vorteil liegt natürlich
darin, dass die Lektüre so viel Spaß macht, dass man nicht merkt, wie die Zeit
beim Lesen vergeht. So sehr nimmt einen dann die Story gefangen. Der Nachteil
liegt darin, dass es manchmal keine gängige Dramaturgie gibt und demnach auch
keine Story sodass die Bilder schnell an einem vorbeiziehen. Beides kann "Einmal
durch den Louvre" in sich vereinen. Sowohl den Vorteil als auch den
Nachteil.
Die Idee ist bestechend. Nicht die Bilder, die Kunstwerke, stehen im
Mittelpunkt des Interesses, sondern die Besucher des Museums. Der Fokus ist
verschoben und offenbart interessante und lustige Einblicke. Da ist es doch
schade, dass David Prudhomme keine Story entwickelt. Was er gut kann, wenn man
etwa nur an seinen hervorragenden Rembetiko denkt. Zwar wäre es
hier schön surrealistisch gewesen, wenn die Gemälde die Besucher konsequent
ansehen und sich über sie austauschen, wie es die Besucher über die Kunst tun,
aber das interessiert Prudhomme, abgesehen von zwei Seiten, nicht.
Aber auch so ist ein schonungsloser Blick auf die Eitelkeiten und Hoffnungen
der Besucher gelungen. Wie sie sich verhalten und den Wunsch nach Verewigung
ausdrücken offenbart sich im ständigen Fotografieren. Man möchte etwas
festhalten, man möchte sich verewigen und doch wirkt es angesichts
jahrtausendealter Monumente lächerlich und deprimierend. Auch die stellenweise
Respektlosigkeit gegenüber den Kunstwerken zeugt von einer Hilflosigkeit
angesichts des Genialen, was einen schließlich die eigene Minderwertigkeit spüren
lassen kann. Aber Prudhomme will den Leser nicht deprimieren, sondern eher den
Blickwinkel verschieben. Und so ist das was er macht besonders in der zweiten
Hälfte schon fast genial. Und enorm lustig. Wenn Gemälde in die Posen der
Zuschauer übergehen, wenn abgebildete Köpfe sich mit denen der Flaneure
vermischen, wenn die Menschen dieselben Posen wie die Statuen einnehmen und
sich alles immer mehr im allzu menschlichen vermischt, so muss man lachen was
einem manchmal schon fast im Halse stecken bleibt, da man sich selber
hinterfragt. Die Grenzen zwischen Dargestelltem und Darzustellendem vermischen
sich hier auf geniale Art und Weise. Alles wirkt zusammen wie ein einziger
Kommentar und jede Seite, jedes Panel kann einzeln ausführlich interpretiert werden
und zu Diskussionen einladen. Und was für ein herber Kontrast dann gegen Ende
entsteht, wenn der Protagonist, der Autor und Zeichner höchstselbst, das Museum
verlässt und der Mensch an sich, wie die Museumsobjekte, als Auslegeware
erscheint. Nicht nur in der Werbung, sondern die zeichnerische Analogie
zwischen einer Museumsvitrine und den Glasfenstern der U-Bahn ist bestechend.
Der Mensch und sein Ziel, sich zu verewigen und beachtet zu werden, sind immer
gleich. Und in der Hinsicht doch auf eine gewisse Art und Weise beruhigend. Was
in dieser schönen Idee gelingt, ist viel mehr als eine Liebeserklärung an den
Louvre, sondern ein Kommentar zu allgemein menschlichen Handlungsweisen.
Zugreifen.
Fazit:
Auch wenn keine Story oder gängige Dramaturgie existiert, so ist der Band allein schon durch die graphischen Mittel sehr komplex, intelligent, spannend, philosophisch und satirisch. Viel zu schnell ist die Lektüre vorbei und doch regt besonders in der zweiten Hälfte jedes Panel zum näheren Betrachten und diskutieren ein. Hervorragend.

Einmal durch den Louvre
Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann
Verlag:
Reprodukt
Preis:
€ 20
ISBN 10:
3943143724
ISBN 13:
978-3943143720
80 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

- gute Idee
- geniale graphische Einfälle
- intelligent und satirisch
- komplex und unterhaltend

- leider ist keine Story oder Dramaturgie vorhanden

Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
Keine Bewertung vorhanden | ||
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Rezension vom: | 22.09.2013 | ||||||
Kategorie: | One Shots | ||||||
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