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Comic-Besprechung - Hip Hop Family Tree 2

Geschichten:
„Die frühen Jahre des Hip Hop
1981 – 1983“

Autor und Zeichner: Ed Piskor

Sachen gibts. Da wird im November gemeldet, dass der Metrolit Verlag seine Arbeit aus wirtschaftlichen Gründen einstellt und dann erscheint kurz vor Weihnachten doch noch das lange angekündigte "Hip Hop Family Tree" 2. Fans des ersten Band wird es natürlich freuen, dass dieses Werk doch noch auf Deutsch veröffentlicht wird.

Nach dem fulminanten ersten Teil, wo sich Autor Ed Piskor mit den Anfängen des Hip Hop auseinander gesetzt hat und Personen wie die Sugar Hill Gang, Grandmaster Flash, Afrika Bambaataa und Cool Herc das Mikrofon ergriffen, wird die Geschichte des Rap nun mit den Jahren 1981 - 1983 fortgesetzt. Drei sehr prägende Jahre für diesen Musikstil, wenn alleine die Musiker betrachtet werden, die sich in dem kurzen Zeitraum auf die Bühne wagten. So finden neben den oben bereits genannten MCs unter anderem Run-DMC, die Beasty Boys, Ice-T und Public Enemy ihren Platz.

Doch Piskor beschäftigt sich nicht nur mit den Szenegrößen, sondern er lässt so ziemlich jeden zu Wort kommen, der damals eine Platte eingespielt oder auf einer Bühne gestanden hat. Dies sorgt für eine schier unüberschaubare Fülle an Figuren, deren Namen sich der Leser nicht einmal ansatzweise merken kann. Das muss er jedoch überhaupt nicht, denn am Ende des Bandes finden sich noch einmal alle Protagonisten alphabetisch sortiert wieder, so dass dieses Buch mitunter auch als Nachschlagewerk dienen kann.

Und gerade wenn es darum geht, die Geschichte des Hip Hops in ihrer Gesamtheit aufzuarbeiten, bietet sich das Werk von Piskor wunderbar an. Zahlreiche Songs werden nicht nur als Titel bekannt gegeben, sondern die Rapper dürfen auch kurze Reime dem Leser entgegen werfen, was stellenweise dazu führt, dass der Leser geneigt ist, den Titel sofort im Netz zu suchen. Um dies etwas zu vereinfachen, gibt es am Ende noch eine Art Playlist, wo die einzelnen Titel mit dazugehöriger Plattenfirma noch gebündelt gesammelt sind.

Was im ersten Band noch als lose Bewegung gestartet ist, findet in der vorliegenden Ausgabe nun seinen ersten Höhepunkt, da die Geschäfte mit dem Hip Hop zunehmend professioneller werden. Es lässt sich Geld verdienen und die schwarzen Akteure treten zunehmend auch in weiße Clubs und Gegenden auf. Seine Finger hat dabei unter anderem Rick Robin im Spiel, den Musikliebhaber als extrem erfolgreichen Produzenten kennen dürften.

Es geht folglich hoch her in Piskors Geschichte. Die MCs reichen das Mikro quasi ohne Unterbrechung weiter, immer neue Charaktere finden ihren Weg in die Szene und wo Geld verdient wird, werden natürlich auch ein paar krumme Dinger gedreht. Erste Streitereien vor Gericht finden statt und Drogen sind auch ein fester Bestandteil des Hip Hops.
Der Leser kann versuchen, sich voll auf dieses Werk einzulassen, sich alle Daten, Zahlen und Namen zu merken, aber er wird grandios scheitern. Der Autor versucht erst gar nicht, die Geschichte übersichtlich zu gestalten. Es gibt keine Kapitel, keine Hinweise auf Szenenwechsel, alles wird am Stück erzählt. Mitunter sind die Episoden nur ein oder zwei Panels lang. Das reicht aber um zu bemerken, wie sehr die Szene pulsiert. Überall gründen sich kleine Labels, Kids batteln sich an Hausecken, Doku-Filme, finanziert mit europäischen Geld, werden gedreht und die Mischung aus Graffiti, Break-Dance und Hip Hop wird immer komplexer.
Der Lesegenuss wird aufgrund der Fülle an Informationen aber nicht geschmälert, da Ed Piskors zahlreiche kuriose Begebenheiten erzählt, wo man sich stellenweise schon fragen muss, woher er das alles weiß. Das Gesamtprodukt ist für Fans des Genres sehr unterhaltsam und man merkt, dass hier jemand am Werk ist, der nicht nur über eine Musikszene schreibt, sondern der auch Teil derselben ist. Dies macht den Unterschied zu Veröffentlichungen anderer Journalisten, denen der Einblick in die Szene oftmals fehlt.

Wer die Graphic Novel aufschlägt wird schnell merken, dass nicht nur der Inhalt außergewöhnlich ist. Piskor arbeitet sehr viel mit Rasterfolien, die Farbgebung ist durchweg matt gehalten und wirkt etwas altbacken. Seine Zeichnungen hingegen strotzen nur so vor Details, was mitunter auch in kleine Pfeile mündet, die den Leser auf gewisse Hintergrundzeichnungen hinweisen sollen. Die Seiten sind zudem in Form von grobem holzhaltigem Papier eingefärbt, was einen starken Retrocharme versprüht. Mitsamt dem eher schwachen Druck versetzt der Künstler den Comic auch optisch zurück in die 80iger Jahre. Das Gesamtkunstwerk aus Inhalt und Grafik entspricht damit 1 zu 1 der damaligen Epoche. Wirklich außergewöhnlich.

Wer Ed Piskor beim 2014er Comicsalon in Erlangen getroffen hat, weiß, dass hier jemand mit Herzblut ans Werk geht. Dies spiegelt sich auch in einer beinah nerdigen Arbeit wieder, welche die Hip Hop Szene der 80iger Jahre dermaßen detailliert darstellt, dass dieser Comic in seiner Gesamtheit nicht einmal ansatzweise beim ersten Lesen erfasst werden kann. Fans des Musikgenres kommen hier einfach nicht daran vorbei, selbst wenn sie bislang einen Bogen um Comics gemacht haben. Kaufen, lesen, alte Rap-Klassiker anhören und weiter lesen, immer weiter.

Hip Hop Family Tree 2 - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Hip Hop Family Tree 2

Autor der Besprechung:
Christian Recklies

Verlag:
Metrolit Verlag

Preis:
€ 22,00

ISBN 13:
978-3-8493-0103-3

112 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • schon jetzt ein Standardwerk des Hip-Hops
  • unglaublich vollgepackt mit Details, Namen und Fakten
  • ungewöhnliches Farbkonzept
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
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Rezension vom: 12.03.2016
Kategorie: One Shots
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