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Comic-Besprechung - Ein Frühling in Tschernobyl
Geschichten:Ein Frühling in Tschernobyl
Autor / Zeichner / Colorist: Emmanuel Lepage
Story:
Durch den Kontakt zu anderen engagierten Künstlern bekommt der französische Comickünstler Emmanuel Lepage die Möglichkeit nach Tschernobyl zu reisen, um von dort künstlerisch über die Folgen der Reaktorkatastrophe zu berichten. Trotz großer Furcht und anderer Leuten Bedenken, die sich auch in einer psychosomatischen Krankheit niederschlägt, begibt sich Lepage auf eine Reise, die ihn mehr als einmal erstaunen wird.
Meinung:
Nach "Die Reise zum Kerguelen Archipel"
liegt nun auch die zweite Comicreportage von Emmanuel Lepage auf Deutsch vor.
Und hier wie auch in dem anderen Band geht es weniger um die Fakten an sich,
sondern vielmehr um die Eindrücke, die man von dem jeweiligen Ort bekommt. Und
das ist es, was, abgesehen vom Medium, die Comicreportage gegenüber
herkömmlichen journalistischen Reportagen auszeichnet: die Verschiebung der
Perspektiven von der rein sachlichen auf die emotionale Ebene. Denn reine
Fakten wirken in einem Comic schnell langweilig und ebenso schnell überholt. Es
sei denn, sie beziehen sich auf Historisches. Aber um Stimmungen und Gefühle
angesichts des erzählenden Objektes wiederzugeben ist der Comic und Zeichnungen
generell, äußerst dazu geeignet.
So konzentriert sich Lepage auf die Gefühle, die Stimmungen, was der Ort Tschernobyl
mit einem macht, der sich in dessen Nähe aufhält. Und kommt zu ganz
erstaunlichen Ergebnissen, die sich der Autor und Zeichner mit seinem Leser
teilt. Zu Beginn gibt es viele Fakten über das Unglück und die Katastrophe,
welche man auch bekommen kann ohne am Ort zu sein, da sie schließlich in der
Vergangenheit liegen. Diese Faktensammlung gehört zur Vorbereitung und flößt
dem Protagonisten eine große Angst ein, die so stark wird, dass er nicht mehr
zeichnen kann. Dennoch fährt er und wird in mehrfacher Hinsicht überrascht.
So liegen hier, auf einer zweiten Ebene, zwei zentrale Themen vor. Zum einen
wie man etwas einfangen kann, wiedergeben kann, das man nicht sieht, sondern
nur die Symptome deutlich werden lässt? Strahlung kann man nicht sehen, ebenso
wie Gefühle, nur die Auswirkungen. Der zweite Aspekt ist der viel
erstaunlichere. Erstaunlich, weil er ermutigend ist. Das Leben und die Natur
suchen sich ihren Weg. Trotz oder gerade wegen der Verseuchung, gibt es eine
Sucht und eine Lust nach Leben, die ebenso ansteckend ist. Dennoch ist die
Reportage mahnend mit ihren Bildern von den Resten der Zivilisation. Was der
Mensch geschaffen hat, wird der Mensch zerstören, aber das Leben such sich
seinen Weg.
Sehr schön und man bekommt ein stimmungsvolles Bild, bei dem immer die Menschen
an sich im Zentrum stehen. Dabei behält Lepage bewusst eine streng subjektive
Sicht bei und es ist auffällig wie sich die Furcht nach und nach auflöst, bis
hin zum Vergessen, wo man gerade ist. Passend dazu werden auch die Bilder immer
heller und farbenfroher. Voller Kraft zeugen sie von der Schönheit der Umgebung
und lassen fast das schwarze Monster der Kraftwerkruine vergessen. Fast. Aber
es ist hoffnungsvoll, denn auch nach einem atomaren Winter wird mal ein Frühling
anbrechen. Und so ist diese bewegende Comicreportage Warnung und Tröstung
zugleich, ohne das Grauen der Radioaktivität zu verschweigen.
Fazit:
Eine äußerst gelungene Comicreportage, die sich weniger den Fakten denn den Emotionen verschreibt und so zu erstaunlichen Ergebnissen kommt. Mit kraftvollen Bildern lässt Lepage das Leben auferstehen und schafft somit eine Warnung und Tröstung zugleich.

Ein Frühling in Tschernobyl
Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann
Verlag:
Splitter Verlag
Preis:
€ 29,80
ISBN 10:
3868696199
ISBN 13:
978-3868696196
163 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

- Mahnung und Tröstung zugleich
- mehr Emotionen als Fakten
- eindrucksvolle Zeichnungen
- macht Lust aufs Leben
- kein pädagogischer Zeigefinger


Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
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Rezension vom: | 21.09.2013 | ||||||
Kategorie: | One Shots | ||||||
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