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Comic-Besprechung - Rembetiko
Geschichten:Rembetiko
Autor, Zeichner, Inker, Colorist: David Prudhomme
Story:
Athen 1936: Unter dem faschistischen Diktator Ioannis Metaxas schmelzen die Freiheiten des griechischen Volkes dahin wie Schnee in der Sonne. Stavros und seine Musikerfreunde jedoch wollen sich nicht beugen. In verrufenen Hafentavernen spielen sie den Rembetiko, den „griechischen Blues“, vom Regime als subversive Kraft gefürchtet und rigoros bekämpft; für ihr Publikum allabendlich Erlösung von Elend und Repression. Als ihr Freund Markos aus dem Gefängnis entlassen wird, stürzen sich die Rembetes in eine zügellose Nacht, einen Rausch aus Drogen, Musik und Utopien.
Meinung:
Aufbegehrende Haschischbrüder? Kleinkriminelle Musiker? Träumende Utopisten? Die Rembetes des Griechenlands der 1930er Jahre waren wohl von all dem ein bisschen. David Prudhomme hat sich ihrer in Rembetiko (Reprodukt) für eine fiktive Geschichte angenommen, die teilweise auf historischen Fakten beziehungsweise Vorbilder zurückgreift. Herausgekommen ist eine herrliche Graphic Novel, die den Geist der vergangenen libertären Musikerbewegung in Worten und Bildern auferstehen lässt.
Längst ist der Rembetiko salonfähig geworden. In angepasster Form wird er längst in angesehenen Kneipen gespielt. Prudhomme war zunächst wie er im Vorwort verrät vom Milieu der Rembetes fasziniert: die übelbeleumdeten Viertel, die Gefängnisse, die Haschischhöhlen in den Häfen von Piräus, Thessaloniki oder Athen. Dabei blieb es aber nicht. Denn auch die Persönlichkeiten der Rembetes begannen Prudhomme in den Bann zu ziehen: verbrüderte Außenseiter, Entwurzelte aus Kleinasien und den griechischen Inseln, angespült an die Elendsvierteln der Großstädte.
All das wird in Rembetiko tatsächlich lebendig. Prudhomme beweist ein großartiges Einfühlungsvermögen für seine Charaktere, die zum Teil auf authentische Vorbilder basieren. Er schildert auf eindringliche Weise 24 Stunden der Rembetes, die wie im Rausch vor den Augen des Lesers vorbeiziehen. Da er keinen Anspruch auf eine authentische Darstellung der historischen Musikerbewegung erhebt, entgeht er auch der Falle aus einem Comic einen trockenen Geschichtsunterricht zu machen. Gerade durch die unzweifelhafte Romantisierung der kiffenden Musiker sorgt er dafür, dass die Erzählung auch amüsant ist.
Sein filigraner Strich ist leicht karikierend und expressiv, die Zeichnungen weisen viele Details auf, auch wenn Manches im Hintergrund nur angedeutet beziehungsweise skizzenhaft bleibt. Auch die stimmungsvollen Farben befördern die hypnotische Atmosphäre der Geschichte. Es fällt auf, dass Prudhomme eine interessante Mischung aus Blei- und Holzstift, Tusche und flächigen Farben verwendet. Die flächige Kolorierung bereichert er aber um Nuancen, indem er vermutlich mit Holzstiften darüber zeichnet. Auch die Schatten macht er auf diese Weise, was dem Artwork eine ganz eigene, herausragende Gesamtästhetik verleiht.
Der aufstrebende französische Comickünstler hat in den vergangenen Jahren vor allem durch seine Adaptionen von Georges Brassens Roman La Tour des Miracles (2003, mit Étienne Davodeau) sowie der klassischen französischen Komödie La Farce de Maître Pathelin (2006) auf sich aufmerksam gemacht. Seine in Zusammenarbeit mit Pascal Rabaté (Bäche und Flüsse; Reprodukt) entstandene Familiengeschichte Die Plastik-Madonna (Carlsen) wurde 2008 in Angoulême als „Essentiel“ prämiert. Für Rembetiko folgte 2010 völlig zu Recht mit dem Preis „Regards sur le monde“ eine weitere Auszeichnung des wichtigsten europäischen Comic-Festivals.
Fazit:
Rembetiko ist kein Comic, der sich nur an Anhänger und Interessenten des griechischen Blues richtet. Die herrlich-amüsante Graphic Novel ist ein rauchgeschwängerter Abgesang auf die Freiheit und das Abenteuer. Mit eleganten Bildern und schlagfertigen Dialogen liefert Prudhomme ein herausragendes und unterhaltsames Buch ab, das man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen sollte.
Rembetiko
Autor der Besprechung:
Marco Behringer
Verlag:
Reprodukt
Preis:
€ 20
ISBN 10:
3941099566
ISBN 13:
978-3941099562
104 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser
- Artwork: Eleganter Strich und hypnotische Farben
- Atmosphäre: Haschischhöhlen, Hafenstadt, Gefängnis
- Amüsant: romantische Darstellung der historisch inspirierten Charaktere
- Ablauf: 24 Stunden der Rembetes in einem Comic
- Abgesang: libertärer Geist versus Faschismus
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
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(2 Stimmen) | ||
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Rezension vom: | 08.07.2010 | ||||||
Kategorie: | One Shots | ||||||
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