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Comic-Besprechung - SIX — Erster Teil: Das Massaker von Tanque Verde

Geschichten:

SIX — Erster Teil: Das Massaker von Tanque Verde

Autor: Philippe Pelaez

Zeichner: Javier Sánchez Casado

Übersetzer: Tanja Krämling



Story:

Der Waisenjunge Kid und die mit ihm befreundete, sehr junge Prostituierte Elsie, der Deserteur Corporal Jones und der verstoßene Indianer Tsiishch’ili, genannt Tchitchi, ein geflohener Sklave namens Royal Whitehead, sowie schließlich noch die ehemalige Nonne Schwester Marie-Carmel werden allesamt aus ihrer bisherigen Umgebung gerissen, als Verbrechen und Gewalt, Übergriffe und die Auswüchse von Verschwörungen in ihre Leben eindringen. Durch einen Zufall befinden sie sich alle jenseits der „Frontier”, der Grenze zum „Wilden Westen”, und so nah beieinander, dass sie schließlich sogar zusammenfinden. Doch im Hintergrund werden bereits die Fäden gezogen, und es wird nach ihnen gesucht: aus Rache, aus Gier, aus Sorge — aber selten zu ihrem Besten. Ein Western, der alles enthält, was er haben sollte…



Meinung:

Bereits während der Lektüre drängte sich mir der Vergleich zu einer anderen, kürzlich bei Splitter (und ca. anderthalb Jahre vor SIX im Original) erschienenen, neuen Westernserie auf: „Ladies with Guns”. Wie auch dort, findet sich hier ein Team aus sechs äußerst unterschiedlichen Charakteren zusammen, die alle durch eine einzige Sache vereint werden — das Erleben von Ungerechtigkeiten aller Art. Und auch wie bei der zitierten Serie ist der Titel hier Programm: einfach SIX, kurz und knapp, während es bei den Ladies um eben diese geht, nämlich um Frauen, die in der Welt des wilden Westens eigentlich keine Chance haben, sich diese aber einfach nehmen. Und auch wie bei den Ladies, ist SIX ein sehr gewaltgefüllter Western. Doch anders als dort, wo die Geschichte (bei aller Brutalität) durchaus auch durch Humor getragen wird — was sich nicht zuletzt in den Zeichnungen äußerte — ist SIX sehr viel ernster in seiner Gewaltdarstellung. Dies ist ein harter Western, der gerne die klassischen Motive zitiert, die der Leser aus zahllosen Filmen, Büchern und auch Comics kennt: das misshandelte Barmädchen, den Soldaten auf der Flucht, die Überlebenden von Indianerüberfällen, den von seinem eigenen Volk geächteten Indianer und natürlich: den geflohenen schwarzen Sklaven.

Philippe Pelaez „entlarvt” sich ein bisschen selbst, wenn er in einem fulminanten Nachwort die Geschichte des Mythos um den Cowboy und die Eroberung des Wilden Westens schildert, und sich damit selbst in die Reihe der (historischen) Autoren einreiht, die eben genau dies gemacht haben: Stereotype erfinden, ausbauen, zum Mythos erheben, und dann immer wieder verwenden, kopieren, benutzen und zitieren. Doch sein Essay ist treffsicher formuliert, inhaltlich gut belegt und in seinen Schlussfolgerungen schlichtweg brillant. Und so muss man ihm zugestehen, dass es absolut richtig war, hier den gleichen Schritt zu tun, wie die Schreiber der ersten Groschenromane und Zeitungsbeilagen vor nunmehr mehr als Hundert Jahren: eingebettet in eine Rahmenhandlung, in der ein (uns bisher) Unbekannter einem Zeitungsjournalisten die ganze Geschichte erzählt, benutzt Pelaez die allseits bekannten Stereotype, um eine spannende Geschichte zu stricken, in der immer wieder Überraschungen auftauchen — nicht zuletzt in Form einer Verschwörung gegen einen der sechs, aber auch durch Andeutungen über die Herkunft und Vergangenheit der anderen Figuren, die die Erwartungen des Lesers immer wieder wecken und weiteres nur andeuten: so baut man spannende Handlungsbögen auf, das ist ganz großes Kino. Ganz so wie die Vorbilder, die er in seinem Essay am Schluss zitiert. 

Pelaez, der von der Insel La Réunion (bei Madagaskar) stammt, ist ein relativer Neuling im Bereich der Comics und hat erst im Jahr 2015 sein Debüt gegeben, inzwischen allerdings bereits fünfundzwanzig Titel (Serien und Einzelbände) veröffentlicht, und gibt gerade in den letzten drei Jahren so richtig Gas, was seinen Jahresausschuss betrifft. Bei Splitter liegt von ihm bereits der historische Krimi „Herbst an der Bucht der Somme” vor, aus dem inzwischen eine Serie zu werden scheint, denn mit „Winter in der Oper” liegt jetzt ein weiterer Kriminalfall vor, den Splitter ebenfalls bereits angekündigt hat.

Javier Sánchez Casado, ebenfalls ein Newcomer, hat bisher drei Serien aus dem Bereich Comedy im Funnystil veröffentlicht, bei denen ich für „Un peu de tarte aus épinards” (dt. etwa: „Ein Stück Spinatquiche”) nur innigste hoffen kann, dass die Serie einen deutschen Verleger finden möge. Doch für die vorliegende Serie hat er seinen Stil, der bisher eher dem von Paul Cauuet („Die alten Knacker”) ähnelte, komplett geändert und angepasst: hier zeichnet er in einem zwar durchaus stellenweise etwas überzeichneten Stil, aber eben realistisch. Das passt zur Handlung und zum Genre allgemein sehr gut.

Wie bereits oben erwähnt, gibt es einen zehnseitigen Anhang mit einem Essay des Autors, das von zahlreichen Bleistiftskizzen zu zentralen Szenen des Buchs und zu Charakterstudien eingerahmt wird. Alles in allem eine sehr gelungene Veröffentlichung.



Fazit:

Mir hat dieser neue Western, der ja inzwischen geradezu Teil einer neuen Welle ist, sehr gut gefallen. Es ist ein harter Western, mit einer ganzen Riege unterschiedlicher Hauptcharaktere, die zwar stereotype Dinge erleben — aber genau das sucht man im Western, und wenn man es findet, so wie hier: dann ist alles gut. Für Fans des Genres unbedingt zu empfehlen, aber auch für alle, die es noch werden wollen — oder für die, die einfach nur ein gutes Comic lesen möchten.



SIX — Erster Teil: Das Massaker von Tanque Verde - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

SIX — Erster Teil: Das Massaker von Tanque Verde

Autor der Besprechung:
Uwe Roth

Verlag:
Splitter Verlag

Preis:
€ 18,00

ISBN 10:
3987212462

ISBN 13:
978-3987212468

64 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Spannender Plot.
  • Sehr interessantes Essay am Schluss des Bandes.
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(5 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 10.01.2024
Kategorie: Alben
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