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Interview mit Lorenzo Pastrovicchio
Splashcomics: Wir kennen uns jetzt schon seit sieben Jahren, haben uns 1999 in Essen auf der Comic Action kennen gelernt. Was hat sich in diesen Jahren verändert (mal davon abgesehen, dass Du älter geworden bist ;-) )?

Lorenzo Pastrovicchio: Oh ja, ich kann mich noch an die Biere erinnern, die wir das letzte Mal zusammen in München getrunken haben ... Du Verführer der armen Zeichner!!! Also, mal vom Alter abgesehen, waren die letzten Jahre keine Veränderung, eher eine Evolution. Ich habe mich bei allen Dingen verbessern können, sei es bei der Regie der Szenen, der Psychologie der Figuren, der Ausarbeitung von Details, Vordergründen und Hintergründen ganz allgemein. Also wenn man das so sagen kann, dann macht es mir immer mehr Spaß, da ich es hinbekomme mich immer besser auszudrücken!

Splashcomics: Wo wohnst Du und was siehst Du, wenn Du aus dem Fenster blickst?

Lorenzo Pastrovicchio: Ich lebe in Trieste und wenn ich aus dem Fenster meines Arbeitszimmers herausschaue, dann sehe ich das Meer... In den schwierigen Momenten meiner Arbeit den Horizont vor Augen haben zu können, beruhigt mich.

Splashcomics: Du bist verheiratet, das weiß ich. Wann habt Ihr geheiratet und habt Ihr Kinder?

Lorenzo Pastrovicchio: Ich bin in Laura seit 11 Jahren verliebt, aber wir haben es vor sechs Jahren „offiziell“ gemacht. Die Idee eine Tochter oder einen Sohn zu haben, spukt mir schon etwas durch den Kopf, aber ich habe mich bisher immer zu jung gefühlt... Vielleicht ist mit 35 Jahren der richtige Moment erreicht? Na ja, wer weiß das schon!

Splashcomics: Wann hast Du mit dem Zeichnen angefangen? Und wer hat Dich beeinflusst?

Lorenzo Pastrovicchio: Ich zeichne schon so lange, wie ich mich zurück erinnern kann. Bevor ich lesen gelernt habe, habe ich mir schon Topolino angesehen und habe mir die Dialoge auf der Basis der Zeichnungen, die ich gesehen habe, vorgestellt und das war ein sehr unterhaltsames Spiel. Dann kamen die amerikanischen Superhelden dran, eine Liebe, die mich noch heute begleitet. Ich weiß nicht mehr, wann ich italienische Comics entdeckt habe, jedenfalls hat mein Vater Tex und Diabolik gelesen. Ich habe sie nicht so sehr gemocht, aber irgendwie hat mich auch diese Welt fasziniert... die des Schwarz-Weißen. Von da an gab es viele Comics gegeben, die alle aus meiner Altersgruppe verschlungen haben. Von Bonvi und Silver bis hin zum Giornalino, wo man auch Cavazzano begegnen konnte, der dort nichts mit Disney gezeichnet hat, oder Toppi und andere große Comiczeichner. Aber die Stars and Stripes-Zeichner hatten immer einen besonderen Platz in meinem Herzen, wie zum Beispiel Kirby und Buscema. Mal ganz von die Megarobot-Comics aus Japan und damit die ersten Manga. Da komme ich nicht drum herum zwei Mangas zu nennen, die mich überwältigt haben, als ich bereits erwachsen war: Das waren Hokuto No Ken (HENNING: WIE HEISST DER IN DEUTSCH???) wegen seiner unglaublichen Gewalt und Akira wegen seiner grafischen Eleganz von Otomo. Als ich mich dazu entschlossen habe (und auch das Glück hatte) ein professioneller Zeichner zu werden, war ich 21 Jahre alt und von da an habe ich begriffen, dass meine Lieblingszeichner bei Disney Flloyd Gottfredson, der sagenhafte Carl Barks (den ich auch kennen gelernt habe) und die Italiener Carpi, Bottaro, Asteriti, Scarpa, De Vita und der große Cavazzano waren. Ich hätte noch eine weitere Liste an Autoren, die dem Kenner gefallen und die ich so nebenher entdeckt habe, aber ich beschränke mich darauf ihnen dafür zu danken, was sie gemacht haben... Battaglia, Breccia, Toppi, Mattotti, Pazienza, Magnus, Mine, Micheluzzi, Mignola, Gonagai, Miller, Moebius, Shirow, Miyazaki, Jacovitti, Raymond, Uderzo, Frazzetta. Danke!!!


Splashcomics: 13 Jahre mit Mäusen und Enten. 1993 hast Du damit angefangen diese Charaktere an der Accademia Disney zu zeichnen. Hast Du jemals bereut diesen Weg gegangen zu sein?

Lorenzo Pastrovicchio: Niemals, ich glaube ein wirklich glücklicher Mensch zu sein... Seinen Traumberuf, von dem man seit der Kindheit geträumt hat, zu machen, das klappt nur bei den Wenigsten.

Splashcomics: In Italien kommt Paperinik in Heftform nicht mehr heraus. Im Moment veröffentlicht Disney nur eine Neuauflage der ersten Serie. Können wir uns irgendwann auf neue Abenteuer von Paperinik freuen? Es gibt da Gerüchte, dass er zurückkehren könnte.

Lorenzo Pastrovicchio: Nein. Aber ich habe schon einmal ein grafisches Restyling in Angriff genommen... Man weiß ja nie!

Splashcomics: Was zeichnest Du gerade?

Lorenzo Pastrovicchio: Ein neues Projekt, bei dem wir endlich mal wieder (nach vielen Jahren) Micky, Donald und Goofy zusammen sehen werden. Es ist eine fantastische Geschichte, die nicht zu klassisch ausgelegt ist. Mir hat man die Aufgabe übertragen mit der ersten Teilgeschichte den „Türöffner“ zu machen und ich bin sehr stolz darauf! Im Moment kann ich Euch aber leider nur sagen, dass Ihr die Geschichte im Oktober / November in Topolino lesen könnt, aber Disney investiert da sehr viel rein und wer weiß, was da noch alles kommen wird!

Splashcomics: In Deutschland gibt es nur wenige Zeichner, die von ihrer Arbeit leben können. Sind die italienischen Zeichner in derselben Situation oder schaffen sie es von ihrer Arbeit zu leben?

Lorenzo Pastrovicchio: In diesem historischen Moment leidet die Comicwelt unter einer Verlangsamung. Es gibt viele Comics, die in Comicläden und am Kiosk zu haben sind, aber es sind weniger Menschen, die sie kaufen. Viele wollen an dieser Welt teilhaben. Aber eines ist sicher: Ein großer Fan zu sein oder mit dem Talent geboren zu werden, auch etwas draus zu machen, sind zwei ganz unterschiedliche Dinge! Leider ist das im Moment nicht jedem klar und der Markt merkt das. Allerdings kann ich Dir auf Deine Frage antworten, dass es wahr ist: Hier in Italien kann man dank Disney und Bonelli noch von dieser Arbeit leben. Aber man muss immer darauf achten ein qualitativ hochwertiges Produkt abzuliefern aber das ist etwas schwierig, wenn es an fähigen Leuten hapert und ich spreche nicht nur von Zeichnern!


Splashcomics: 1999 hast Du mir gesagt, dass Du in Kontakt mit Dark Horse stehst und auch 2003, als wir uns in München gesehen haben, wolltest Du für einen Verlag auf der anderen Seite des Atlantiks arbeiten würdest. Hast Du diesen Traum verwirklichen können?

Lorenzo Pastrovicchio: Wie ich ja schon gesagt habe, war ich schon immer ein großer Bewunderer der amerikanischen Comics... Die Chemie hat nicht gestimmt, um ein solches Projekt zu starten und dann hat mich Disney auch voll beansprucht. Aber wer weiß, was in der Zukunft ist?

Splashcomics: 2004 wurde „In tributo a Jack Kirby“ von ComicUS.it und Pegasus Distribuzione veröffentlicht. Du hast auch eine Zeichnung beigesteuert. Hat Dir das gefallen?

Lorenzo Pastrovicchio: Da Kirby schon immer einer meiner großen Vorbilder war, fand ich dieses Hommage-Projekt sehr schön. Es war wirklich eine Freude dues tzu machen.

Splashcomics: Mal von diesem kleinen Abenteuer abgesehen, was hast Du sonst noch außerhalb der Disneywelt veröffentlicht?

Lorenzo Pastrovicchio: Verschiedene kleine Dinge, unter anderem Werbung, Illustrationen und auch einen Kalender... Aber immer kleine Sachen, die nicht zu viel Zeit von den Dingen abzogen, die ich für Disney mache.

Splashcomics: Welcher ist Dein Lieblingscharakter in der Welt der Enten und Mäuse?

Lorenzo Pastrovicchio: Sie sind alle fantastisch und ganz im Unterschied zu anderen Verlagen, bei denen man vielleicht jahrelang darauf festgelegt ist dieselben Charaktere zu zeichnen, kommt man bei Disney irgendwann dazu alle Charaktere zu zeichnen... Da langweilt man sich mit Sicherheit nicht!!!

Splashcomics: Hattest Du Zeit dazu einen eigenen Charakter zu entwickeln?


Lorenzo Pastrovicchio: Im Herzen jedes Zeichners schlummert der Traum etwas Eigenes zu kreieren. Bis jetzt habe ich diesen Schritt noch nicht gemacht aber Ideen gibt es und früher oder später werde ich Euch etwas zeigen können!

Splashcomics: Wie viele Seiten zeichnest Du jeden Tag?

Lorenzo Pastrovicchio: Eine Seite mit Bleistift und Tusche. Ich könnte den Rhythmus auch erhöhen, aber mir macht es Spaß die Details auszuarbeiten und meine Arbeit auszukosten.

Splashcomics: Wie viele Geschichten hast Du schon veröffentlicht?

Lorenzo Pastrovicchio: Viele. Alle für Disney, aber ich habe nie mitgezählt.

Splashcomics: Für die Zeichnungen eines Comics, was wird da von Dir gemacht und was von Anderen?

Lorenzo Pastrovicchio: Was Disney anbelangt, kümmere ich mich „nur“ um die Bleistiftzeichnungen und das Inking. Die Farbe wird von Fotolito Mailand hinzugefügt. Bei meinen eigenen Sachen kümmere ich mich offensichtlich um alles.

Splashcomics: Hast Du jemals andere Zeichner von Walt Disney getroffen? Und wenn ja, welche?

Lorenzo Pastrovicchio: Wir haben eine sehr schöne Umgebung, wir kennen uns fast alle, die Liste wäre dementsprechend zu lang... Aber jedes Mal, wenn man sich trifft, ist es ein schönes Fest!

Splashcomics: Auch Dein Bruder Alessandro Pastrovicchio ist Zeichner und auch er zeichnet für Walt Disney. Was habt Ihr schon zusammen gemacht? Und verwechselt man Euch auch ab und zu?

Lorenzo Pastrovicchio: Wir haben sowohl bei PK, Topolino als auch Mickey X gearbeitet. Für eine gewisse Zeit hat man uns verwechselt, aber inzwischen haben wir zwei Stile, die sich gut voneinander unterscheiden.

Splashcomics: Wer war zuerst bei Walt Disney? Du oder Dein Bruder?

Lorenzo Pastrovicchio: Ich bin zum ersten Mal 1992 bei Disney gewesen, als ich bei Carpi zur Schule gegangen bin. Aus dem Kurs wurde 1993 die Disney-Akademie. Mein Bruder hat 1998 bei mir als Inker angefangen (wenn ich mich recht entsinne) bei PK „Beato Angelico“. Dann hat er 2000 selber angefangen zu zeichnen und hat von da an nicht mehr an meinen Seiten gearbeitet.

Splashcomics: 2005 hast Du am Guiness-Rekord auf der Messe in Lucca teilgenommen. Drei Autoren und rund 25 Zeichner haben 240 Panels mit einer Gesamtlänge von 242,45 Metern gezeichnet. Erzähl uns doch etwas davon.

Lorenzo Pastrovicchio: Um die Wahrheit zu sagen, bin ich sehr spät kontaktiert worden (ich glaube, um Cavazzano auf der Reise Gesellschaft zu leisten ;-) – weißt Du, wir wohnen recht nahe beieinander). Eine schöne Erfahrung... ein Moment, an dem man sich mit Kollegen und Freunden trifft. Es war sehr schön in diesem Format zu zeichnen, ich kann mich noch gut dran an die Zeiten erinnern, als ich als Junge Graffiti an Wände gesprüht habe. Es war aber auch sehr ermüdend. Ich musste acht Panels zeichnen, während Cavazzano nur vier hatte. Und ich wollte unbedingt mit ihm im Auto zurückfahren und musste daher in einer unglaublich schnellen Zeit fertig werden! Wir haben um neun Uhr morgens angefangen und hatten bis 18:30 Uhr Zeit. Giorgio war natürlich schon vor um 12:00 Uhr fertig und von da an sprang er von einem zum Anderen und half einigen jungen Zeichnern, die in Panik verfallen waren. Ich konnte mit einer ziemlichen Anstrengung um 15:30 Uhr fertig werden!!! Und war damit unter den Ersten – vom MEISTER mal abgesehen.

Splashcomics: Wenn Du zurückgehen könntest, gibt es da etwas, was Du ändern würdest?

Lorenzo Pastrovicchio: Nun ja, vielleicht früher mit Comics anzufangen. Als ich mit dem Gymnasium fertig war, habe ich drei Jahre verloren, als ich versuchte an der Universität meinen Weg zu finden. Das geschah ein wenig, um meine Eltern glücklich zu machen und auch ein wenig, weil ich effektiv nicht wusste, wie ich in diese Welt rein kommen konnte. Aber vielleicht hat mir damals nur der Mut dazu gefehlt es durchzuziehen. Also dieses „Loch“ von drei Jahren Länge, stört mich.


Special vom: 09.07.2006
Autor dieses Specials: Bernd Glasstetter
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Massimo Fecchi
Globulo Rosso von Massimo Fecchi
Interview mit Massimo Fecchi
Intervista a Massimo Fecchi
Giorgio Cavazzano
Interview mit Giorgio Cavazzano
Lorenzo Pastrovicchio
Interview mit Lorenzo Pastrovicchio auf der CA 99
Intervista a Lorenzo Pastrovicchio
Interview mit Marco Rota
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