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Comic-Besprechung - Bianca
Geschichten:Bianca
Autor / Zeichner: Guido Crepax
Story:
Bianca ist eine junge Frau die in einer surrealen Welt gefangen zu sein scheint. Immer wieder läuft sie einigen Frauen über den Weg die Bianca fesseln und bestrafen. Auf der Flucht muss Bianca Wüsten durchqueren, Nazis bekämpfen, tödliche Wagenrennen bestehen, wilden Tieren entkommen und kafkaesken Gebäuden entfliehen.

Das voluminöse Hardcover beinhaltet alle drei Storys von Bianca und kann damit als Gesamtausgabe gelten. Die Geschichte von Guido Crepax lässt dabei allerdings eine redaktionelle Einordnung, wie man es mittlerweile von Gesamtausgaben gewohnt ist, leider vermissen. Es gibt ein sehr konfuses Vorwort was weniger auf die Entstehung, sondern eher auf die Wirkung abzielt und den Band in die pophistorische und comichistorische Zeit in Italien in den 1960ern einordnet. Es ist stark subjektiv geprägt von Pieke Biermann und wie die Rezension erfahren wurde, aber erhellendes zu Autor und Werk bekommt man leider nicht.
Wer die Geschichten, jedenfalls teilweise, noch von der ersten deutschen Veröffentlichung Bianca Torturata her kennt, darf sich hier auf einen sehr guten Druck freuen. Früher war der bei dem holzhaltigen Papier sehr matschig welches die feine Linienführung von Crepax zunichtemachte und viele Details wurden dort auch unauffällig bis zur Unsichtbarkeit. In drucktechnischer Hinsicht ist dieser Band wahrlich hervorragend ausgefallen und optisch eine reine Freude.
Eine Story darf man hier allerdings nicht erwarten. Storytelling im dramaturgischen Sinne war nicht immer Crepax Ding. Es gibt hier keine logischen Abläufe. Raum, Zeit und Linearität heben sich hier auf. Für manchen dürfte es also eine anstrengende Lektüre werden, da die Charaktere kein Profil besitzen, sogar keine Vergangenheit oder Motivation. Gerade die Heldin Bianca besitzt keinen Charakter, sondern ist ein reines Objekt. Das widerspricht den Lesegewohnheiten und nur in einigen wenigen Panels wird angedeutet das jegliches Geschehen ein Traum von Bianca sein könnte. Im Grunde wäre dann Bianca die sadomasochistische Version von Little Nemo und die Vorläuferin von Little Ego von Vittorio Giardino. Wenn hier alles ein Traum ist, ist aber auch geklärt warum Bianca keine Vergangenheit hat. Es spielt für den Traum keine Rolle und es herrscht hier keine Aufarbeitung, sondern eine reine Wunscherfüllung ganz im Freudschen Sinne, dass Träume die unterbewussten Wünsche widerspiegeln. Bianca hat auch keinen ausgeprägten Charakter, sondern sie träumt was sie sich wünscht und wenn es das Unterbewusste ist, so ist der Charakter das Ich, was ansonsten immer das Es hemmt und im See des Unterbewussten keine Rolle spielt. Das erklärt so manches und auch die ab und an einfließenden Zitate und Verweise die damals noch aktuell waren und hier eine Art Aufarbeitung erfahren.
Man muss also alle dramaturgischen Erwartungen über Bord werfen und sich darauf einlassen. Man muss sich in die Absurdität fallen lassen und kann so den Surrealismus genießen. Das lebt allein von den Zeichnungen und dort gibt es sehr beeindruckende Panels. Crepax liefert einen Vorläufer der BDSM Welle wobei Bianca ein reines Sexobjekt ist und nie die Initiative ergreift. Aber sie erlebt es deutlich lustvoll. Dabei wird es nie pornographisch. Es gibt viel nackte Haut und Erotik, es ist aber kein Porno und nicht explizit. In manchen Szenen werden Teile der Zeichnungen ausgespart, wobei dennoch deutlich wird, dass gerade Fellatio ausgeübt wird.
Anderes findet rein auf symbolischer Ebene ab. Die filmische Erzählweise mit Betonung von Details und schnellen Schnitten macht die Lektüre sehr flüssig, obwohl es dramaturgisch sperrig ist. Schade ist auch, dass die direkten Zitate aus Büchern nicht in das deutsche übersetzt wurden. Aber der Text ist hier zweitrangig und die faszinierenden Zeichnungen bei denen in jedem Panelet was entdeckt werden kann machen den Band zu einem wahren Klassiker.
Fazit:
Ein surrealistischer Klassiker. Dramaturgische Erwartungen müssen allerdings über Bord geworfen werden da es keine Charakterisierungen und Linearität gibt und im Grunde auch keine Story. Wer sich aber auf die hervorragenden Zeichnungen einlässt, kann sich in die Absurdität fallen lassen.

Bianca
Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann
Verlag:
Avant Verlag
Preis:
€ 39,00
ISBN 10:
396445091X
ISBN 13:
978-3964450913
224 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

- detailreiche Zeichnungen
- Surrealismus
- Zitate und Verweise
- Traumgleich

- keine Dramaturgie und deswegen etwas sperrig

Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
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Rezension vom: | 21.10.2023 | ||||||
Kategorie: | Alben | ||||||
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