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Comic-Besprechung - Poison City - Komplettpack 1-2
Geschichten:Poison City - Komplettpack 1-2
Band 1
1.) Ein unerwartetes Ereignis
2.) Die Hüter der Kultur
3.) Eingestampft
4.) Ein schädlicher Autor
5.) Der Inker
6.) Wiedererwachen
7.) Der Comics Code
0.) Fünf Jahre zuvor
Band 2
8.) Der Ausweg
9.) Brief aus der Vergangenheit
10.) Fahrenheit 451
11.) Brandopfer
12.) Die Gewalt des Rechts
13.) Wer etwas zu verkünden hat
14.) Wovor fürchten wir uns?
15.) Das Wunder in Klasse 5-3
ENDE) Brief an die Zukunft
Autor: Tetsuya Tsutsui
Zeichner: Tetsuya Tsutsui
Übersetzer: Jens Ossa, Ulli Pröfrock (Nachwort)
Story:
In dieser stark autobiografischen Kritik an Kultur und Gesellschaft in Japan erzählt Tsutsui von einem jungen Mangaka, der in die völlig willkürlichen Mühlen einer neu eingerichteten Zensur zur Bekämpfung von Jugendgefährdung durch „schädliche Autoren” gerät. In diesem Kampf David gegen Goliath wird dabei gezeigt, welche Auswirkungen eine Zensur auf alle Beteiligten hat, welche Macht der Staat damit hat, und es wird die Frage gestellt, ob man dies zulassen sollte.
Meinung:
Tetsuya Tsutsui erzählt hier eine Geschichte, die einen stark autobiografischen Charakter trägt, da ihm selbst in Japan etwas vergleichbares passiert ist. Dies wird in einem Anhang mittels eines Nachworts aus der französischen Ausgabe dargestellt, sodass die Geschichte im Nachgang sogar noch gruseliger wird, als wenn dies alles komplette Fiktion wäre. Es geht dabei darum, dass die Präfektur Nagasaki eine Kommission aus zur Hälfte staatlich angestellten Personen, und zur anderen Hälfte aus der Öffentlichkeit stammenden Mitgliedern aufgestellt hat, die Mangas zensieren soll. Der Hintergrund ist, dass sich Mangas im Laufe der Jahre von reinen Funny-Büchern hin zu ernsthafteren Themen gewandelt haben, was aber auch dazu führte, dass Themenbereiche wie Sexualität und Erotik, Gewalt und Horror Einzug in das Genre gefunden haben. Und hier verorten die, teils selbsternannten, Sittenwärter eine Gefährdung der Jugend, da sie eine sittliche Fehlentwicklung der jungen Leser unterstellen, oder gar aus begangenen Straftaten auf einen Zusammenhang mit der vorangegangenen Lektüre von Mangas schließen.
Die hier dargestellte Vorgehensweise der Regierung zu beurteilen ist sicher keine einfache Sache. Während einerseits auch die Volksmeinung die oben beschriebenen Zusammenhänge sieht, vor allem immer, wenn eine Gräueltat begangen wurde (und dies nicht nur in Japan, sondern auch in der westlichen Welt, Deutschland eingeschlossen), muss andererseits eindeutig gesagt werden, dass es hierzu bisher keine verlässlichen Studien gibt, die dies bestätigen würden. Bisher gründet diese Meinung also, wie auch im vorliegenden Band beschrieben, auf einem reinen Bauchgefühl der Sittenwächter. Und dies umso mehr, als die Kommission auch noch ein, objektiv gesehen, völlig unbrauchbares und willkürliches Verfahren verwendet: es werden Seiten mit „gefährlichem” Inhalt gezählt und mit der Gesamtzahl der Seiten ins Verhältnis gesetzt. Bei Überschreitung einer festgelegten Prozentzahl folgt automatisch die Zensur (die dann in der Regel zu einem Druckstopp führt, da die Verlage keine Bücher mit Altersbeschränkung ausliefern und die Händler solche nicht in der Auslage haben wollen). Eine Überprüfung, Wertung und Wichtung des tatsächlichen Inhalts, der Intention des Werkes oder seiner Absicht, findet dann ganz einfach aus Zeitmangel nicht statt - und das ist skandalös!
Und hier liegt das große Problem, das in diesem Buch sehr drastisch beschrieben wird: Bei Anwendung dieses restriktiven und rein willkürlichen Schemas zur Prüfung, das sich dazu noch jeder Kritik entzieht und Gegenargumente als staatszersetzend auffasst (was notgedrungen fast schon automatisch so sein wird, da die Kommission ja nicht wirklich aus Fachleuten besteht, man also gar nicht diskutieren kann, und es deshalb auch nicht tun wird), kann das Ergebnis im Einzelfall nur Unsinn sein. Aber ein Unsinn, der für den betroffenen Künstler tiefgreifende Folgen haben wird, denn als „Schädlicher Autor” gebrandmarkt wird er (oder sie) praktisch sogar einem Berufsverbot in die Augen blicken müssen.
Dies alles stellt Tsutsui in seiner Geschichte dar, wobei er die wahren Begebenheiten natürlich etwas weiter spinnt, der Staat greift hier zum Schluss sogar zur Folter und echten Berufsverboten - das ist ihm so nicht passiert. Aber der Plot entwickelt sich sehr zielstrebig und nachvollziehbar bis an sein Ende, wobei die Darstellung immer wieder zwischen der Hauptgeschichte und den Mangas wechselt, die der Held gerade (unter dem Eindruck der immer weiter gesteigerten Zensur) zeichnet. Dies ist grafisch Anfangs sehr deutlich unterscheidbar, doch zum Ende hin verschwimmen die unterschiedlichen Darstellungsformen, was einen sehr subtilen Effekt erzeugt. Und hier fällt auch sofort das einzige Manko dieser Veröffentlichung auf: das Format dieser beiden Taschenbücher ist viel zu klein, um den teils sehr fein detaillierten Zeichnungen gerecht zu werden.
Tsutsui hat bisher bei Carlsen bereits zwei weitere Serien veröffentlicht, Manhole und Prophecy, die jedoch beide bereits vergriffen sind. In Frankreich kann man bereits noch weitere seiner Werke lesen, es bleibt zu hoffen, das Carlsen hier noch nachlegt, und dass diese Sonderveröffentlichung der beiden Bände von Poison City nicht den Ausverkauf dieses gesellschaftskritischen Autors bedeuten soll. Poison City ist auf jeden fall sehr zu empfehlen.
Fazit:
Eine spannende, auf Tatsachen beruhende, aufrüttelnde Sozialkritik, die sich in den Konsequenzen für den Helden geradezu horrormäßig entwickelt. Sehr spannend und mitreißend, unbedingt zu empfehlen.
Poison City - Komplettpack 1-2
Autor der Besprechung:
Uwe Roth
Verlag:
Carlsen
Preis:
€ 10,00
ISBN 10:
3551021147
ISBN 13:
978-3551021144
460 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser
- Spannend und mitreißende Sozialkritik
- Sehr gut erzählt und gezeichnet
- Viel zu kleines Format
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
(1 Stimme) | ||
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Rezension vom: | 24.07.2022 | ||||||
Kategorie: | Mangas | ||||||
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