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Comic-Besprechung - Before Watchmen: Comedian SC

Geschichten:
Before Watchmen: Comedian (Before Watchmen: Comedian 1 - 6)

Autor: Brian Azzarello
Zeichner: J. G. Jones
Colorist: Alex Sinclair, Tony Avina, Lee Loughridge


Story:
Trotz seiner stellenweise harten Vorgehensweise ist der Superheld Comedian auch bei den Reichen und Mächtigen beliebt. So ist er mit Präsident Kennedy und dessen Familie befreundet und scheut sich auch nicht davor, für sie die schmutzige Arbeit zu erledigen. Doch nach JFKs Ermordung wird der Comedian nach Vietnam geschickt. Ein Wendepunkt nicht nur für Amerika selber.

Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Der Comedian hatte in der ursprünglichen Graphic Novel Watchmen nur eine Nebenrolle, stand aber dennoch in deren Zentrum. Schließlich drehte sich vieles um ihn. Abgesehen davon, dass er die eigentliche Handlung durch seine Ermordung in das Rollen gebracht hatte. Nein, sein Charakter lag wie ein Schatten über der gesamten Story. Nicht nur versuchten seine ehemaligen Kameraden den Täter zu finden, sondern vor allem auch das Motiv. Somit war der Comedian der Stein, der alles ins Rollen brachte. Wie schon so oft. Denn der kontroverse Charakter war eher einem Schurken zugehörig und sorgte auch dafür, dass die einstige Superheldengruppe zerbrach. Wie auch die Minutemen, die schon von Darwyn Cooke geschildert wurden und in denen der Comedian eine zentrale Rolle gespielt hatte.

Obwohl er auch bei den Minutemen doch immer wieder auftrat und eher nebenbei sein Unwesen trieb, so  war es doch gerade diese Phantomeigenart, die ihn ganz zentral werden ließ. Zentral und deutlich, aber doch ungreifbar blieb auch sein Charakter. Sowohl in den Watchmen als auch in den Minutemen. So paradox das jetzt auch klingen mag. Aber gerade darin besteht sein Charakter. Wie sollte man ihn nun einordnen? Ist er gut? Oder böse?

Viel Spielraum also für ein Prequel und diesmal nimmt sich Brian Azzarello des Charakters an. Mit Rorschach hat Azzarello zwar erst kürzlich etwas enttäuscht, aber diesmal ist ein großer Wurf gelungen. Denn der Comedian ist in seiner charakterlichen Unfassbarkeit eine Personifizierung des zerrissenen Amerikas. Schon Alan Moore hatte ihn als eine Art Joker auf der Seite der Guten konzipiert und wollte ihn zunächst auch optisch dem Batman-Schurken angleichen. Gut, das er es nicht getan hat, denn so gewinnt der Held schon durch die Kleidung (Leder) die Ambivalenz eines Anti-Helden und  konnte ihn schon rein optisch zu beiden konträren Seiten zugehörig erscheinen lassen.

Es ist ein Glücksgriff, das Azzarello seine Story in den 1960ern spielen lässt, denn wohl kaum ein Jahrzehnt zeigte die gesellschaftlichen Lügen der amerikanischen Gesellschaft so deutlich auf. Da war durchaus noch die heile Welt nach dem Zweiten Weltkrieg und das Apfelkuchenamerika zu finden. Gut und böse war klar definiert und man fühlte sich auf der Höhe der Macht, nachdem knapp 20 Jahre zuvor der Zweite Weltkrieg gewonnen war. Aber es war auch das Zeitalter des beginnenden Vietnamkriegs und der Rassenunruhen. Ein Jahrzehnt bei dem alle unterschwelligen Spannungen hervorbrachen und Illusionen zerstört wurden. Mit JFK war ein Präsident an der Macht, der das Spiel mit dem öffentlichen Bild perfekt beherrschte und hinter dem doch vieles im Argen lag. So war JFK zeit seines Lebens schwer krank, nicht gerade entschlussfreudig und ein notorischer Schürzenjäger. Nach außen war JFK ein Heilsbringer und hinter den Kulissen ein extrem verstörter Charakter (der später noch durch Nixon übertroffen wurde). Insofern war er eine genaue Verkörperung der damaligen USA.

Der Comedian als eine Mischung aus dem Joker und dem Punisher ist damit eine menschliche Spiegelung der Ideale der damaligen Zeit und zeigt zum anderen die daraus resultierenden Verfehlungen wie Mord und Krieg auf. Alles im Namen der Demokratie, der Menschlichkeit und des amerikanischen Traums. Er weiß um diese Diskrepanz und zeigt seinen Zynismus offen und konfrontiert die Bürger damit. Besonders gelungen sind die Szenen während der Rassenunruhen, welche das perfekt einpassen. Er schürt den Konflikt und diskreditiert damit die ursprünglichen Intentionen, verachtet aber gleichzeitig den Rassismus und achtet die Ideologie der Schwarzen. Aber auch der Comedian ändert sich und geriert während des Vietnamkrieges komplett zum Monster. In dem Krieg hatten schließlich auch die USA endgültig ihre Unschuld verloren. Welche der Comedian nie besaß. Indem dieser Superheld nahtlos in das historische Geschehen eingeflochten wird, gelingt Azzarello auf einer anderen Ebene auch wieder das Kunststück aufzuzeigen, das die jeweiligen popkulturellen Artefakte nie von ihrer Entstehungszeit her zu trennen sind. Kurz: jedes Zeitalter bekommt den Helden das es verdient.

In diesem Band leben die 1960er wieder auf und Azzarello kann in jedem Kapitel ein Stück Zeitgeschichte einbauen und somit den Charakter eng mit der Zeit verweben. Da tritt JFK höchstpersönlich auf und auch Marilyn Monroe, da wird das Massaker von My Lai thematisiert, der Film Apokalypse Now zitiert (mit der Bootsfahrt in Vietnam), und, und, und.

Der Band ist einfach klasse und es werden ausdrucksstarke Bilder und Szenen gefunden, die einen nachhaltig beschäftigen. Unbedingt zugreifen.

Fazit:
Azzarello versteht es die Ambivalenz des Charakters von dem Comedian auf eine gesamtgesellschaftlich, historische Ebene zu hieven ohne damit die Unterhaltung und die Spannung zu vergessen. Wie es sich für ein gelungenes Prequel gehört, wird einer unfassbarsten Charaktere des Watchmen-Universums hier etwas griffiger. Zugreifen.

Before Watchmen: Comedian SC - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Before Watchmen: Comedian SC

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Paninicomics

Preis:
€ 16,99

ISBN 10:
3862014819

ISBN 13:
978-3862014811

148 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Held in Zeit- und Gesellschaftshistorie eingeflochten
  • Schockierend und intelligent
  • Charakter wird greifbarer als sonst
  • Spannung, Drama, Politik, Action
  • nachhaltig wirkende Szenen
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
3
(4 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 04.09.2013
Kategorie: Rezensionen
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