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Comic-Besprechung - Ein philosophisch pornografischer Sommer

Geschichten:
Ein philosophisch pornografischer Sommer
Autor & Zeichner: Jimmy Beaulieu

Story:
Eine Hand voll Mittdreißiger genießt das Leben und die Liebe... Filmemacher Louis will aussteigen, ihn zieht es weg von allen, weshalb er sich ein verlassenes Hotel an Kanadas einsamer Nordküste kauft. In Begleitung seiner Freundin Corrine und einem befreundeten Pärchen erkundet Louis über den Sommer den neuen Besitz. Die lauen Sommertage vergehen beim philosophischen Sinnieren und mit freizügigen Spielereien wie im Flug. Dann gibt es da Schriftsteller Martin, der in Annie verliebt ist, die hat aber nur Augen für die hübsche Bäckerin, ganz zum Leid von Simone, der Martin ständig in den Ohren liegt. Der philosophisch pornografische Sommer bringt geheime Sehnsüchte an den Tag, schürt Leidenschaften und Begehrlichkeiten. Das Figurenkarussell beginnt sich zu drehen...

Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Autor und Zeichner Jimmy Beaulieu stellt seinem Leser in "Ein philosophisch pornografischer Sommer" eine ganze Reihe interessanter Figuren vor, die - allesamt von einem modernen, ungezwungenen und freizügigen Gesellschaftsbild geprägt - untereinander in verschiedensten Wechselbeziehungen stehen. Was sich hier vielleicht dröge anhören mag, entpuppt sich schon nach wenigen Seiten als spritzig freche, freizügige Bestandsaufnahme einer modernen Gesellschaft und ihrer Individuen. Beaulieu legt seine Figuren vielschichtig an, vermeidet stereotypische Darstellungen, kümmert sich um Profil und Konturen. Louis, Corrine, Martin oder Annie - alle haben Ecken und Kanten, wirken eigenständig, manchmal sogar bodenständig und erwachsen, dann wieder naiv und wankelmütig. Der Klappentext beschreibt das Werk als "Sittengemälde einer gut gelaunten, jungen frank-kanadischen Gesellschaft, die leichtfüssig durchs Leben geht". Ohne dies vor Ort überprüft zu haben lässt sich zumindest bestätigen, dass es zwischen den Figuren ordentlich funkt.

Um es gleich vorweg zu sagen: Die im Titel propagierte Pornographie findet nur am Rande statt, die Geschichte dreht sich um weitaus mehr als nur wer wann mit wem ins Bett hüpft. Dennoch wird viel gesexelt, geflirtet und geliebt. Doch handelt es sich hier niemals um das große Drama unerfüllter Liebe oder anderweitiger schwerer Gefühlsorgien. Bei Beaulieu bestimmen Lockerheit und Freiraum das Geschehen. Das Potpourri der Irrungen und Wirrungen zwischen Männlein, Weiblein und diversen Geschlechter-Konstellationen wirkt nie oberflächlich, bewahrt sich jedoch immer einen belebenden Schwung, der den Leser erfasst und bis zur letzten Seite nicht mehr los lässt. Und das, obwohl eigentlich gar nicht viel passiert. Ein Grüppchen trifft sich im besagten Hotel und lebt den Sommer über vor sich hin, andere Figuren verbringen ebenso Zeit miteinander. Es wird gesprochen, diskutiert, nachgedacht und fabuliert. Die ansprechenden Charaktere sind jederzeit narrativer Dreh und Angelpunkt, weniger eine klassisch erzählte Geschichte. Dennoch pendelt die lebhafte Riege Mittdreißiger zwischen Sex, Liebe, Affären, Beziehungen, Träumen und Lebenseinstellungen, die nicht nur sie selbst interessant werden lassen, sondern auch der Gesichte Leben einhaucht. Das sind Themen des Lebens und damit eine verbindende Brücke zum Leser. Corrine als heimliche Hauptfigur, ist mit ihren Affären, losen Beziehungen und Liebeleien der Spiegel dieser vom Autor so leger dargestellten jungen Gesellschaft.

Das 284 Seiten-Werk spricht nicht nur inhaltlich an, auch formal macht es viel her. Mit den Maßen 20,6 x 14,6 x 2,8 cm recht kompakt geraten, liegt der raue Pappeinband (mit Klapplaschen, die als Lesezeichen verwendet werden können) gut in der Hand, im Inneren überzeugen stabile Papierseiten. Ähnlich früherer Titel des Münchener Verlagshauses, wird auch hier qualitativ viel geboten. Beaulieus vielfältige Zeichnungen sind verspielt, knuffig, stellenweise übertrieben poppig, hin und wieder freizügig und machmal etwas überdreht. Stets unterstützen sie Stimmung und den momentanen Erzählstrang. Das die Figuren stellenweise schwer von einander zu unterscheiden sind, ist nahezu einziger Störfaktor. Im Großen und Ganzen wirkt das Buch wunderbar abgestimmt. Autor Beaulieu (Jahrgang 74, in Quebec geboren, lebt seit 1988 in Montreal) betont stets das sein Werk fiktional sei, bestreitet aber autobiografische Elemente keinesfalls. So ist es kein Zufall, dass Corrine und Co. durch die genannten Städte flanieren, die ihm bestens bekannt sein dürften. Unverkennbar ist zudem seine Vorliebe für Erotik und thematisch verwandte Elemente. Diese funktionieren recht gut als Vermittlungsinstrument, zeigt sich doch meist daran am besten, wie die Figuren zueinander stehen, was passiert und kommen soll.

Fazit:
"Ein philosophisch pornografischer Sommer" wirkt locker, leicht und spricht durch seine interessanten Charaktere an. Entgegen dem Titel handelt es sich hier keinesfalls um schlüpfrige Fantasien in Comicform, sondern um ein Figuren-Karussell, das auf spezielle Art und Weise miteinander in Beziehung steht. Es wird viel geredet, nachgedacht und philosophiert, freilich auch gesexelt. Alles in allem vermittelt Jimmy Beaulieu ein ansprechendes Hin und Her seiner Charaktere, mit denen der Leser schnell warm wird. Das bei schreiber&leser erschienene Werk gefällt zudem formal und überzeugt auch qualitativ.

Ein philosophisch pornografischer Sommer - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Ein philosophisch pornografischer Sommer

Autor der Besprechung:
Marcus Offermanns

Verlag:
Schreiber und Leser

Preis:
€ 22,80

ISBN 10:
3941239856

ISBN 13:
978-3941239852

284 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Ansprechende Charaktere, lockere Stimmung
  • Schwungvoll erzählt
  • Verspielt und gefühlvoll gezeichnet
  • Verarbeitung
Negativ aufgefallen
  • Figuren teilweise schlecht erkennbar
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
Bewertung
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Rezension vom: 04.07.2012
Kategorie: One Shots
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