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Comic-Besprechung - Die Katze des Rabbiners - Gratis-Comic-Tag 2012
Geschichten:Die Katze des Rabbiners
Autor und Zeichnungen: Joann Sfar
Story:
Die Katze, eigentlich ein Kater, lebt irgendwo im Orient bei einem Rabbiner und dessen hübscher Tochter. Als sie eines Tages den nervigen Papagei verspeist, kann die Katze auf einmal sprechen. Da sie damit aber auch lügen kann und das durchaus tut, verbietet der Rabbiner ihr den Umgang mit seiner Tochter. Das wiederum passt der Katze gar nicht, denn sie liebt das Mädchen sehr. Also erklärt sie sich bereit, ein guter Jude zu werden. Dazu gehört auch die Bar-Mizwa, die Feier der religiösen Mündigkeit. Aber lassen die Regeln und Sitten das überhaupt zu?
Meinung:
"Die Katze des Rabbiners" ist ein ungewöhnlicher Comic. Der Zeichenstil wirkt auf den ersten Blick unbeholfen. Bei genauerem Hinsehen merkt man jedoch, dass der Zeichner diesen Stil bewusst gewählt hat und er gut zur Geschichte passt. Die besteht vor allem aus Reden, über weite Strecken sogar aus indirekter Rede: Die Katze des Rabbiners erzählt aus dem Off, was wer gesagt hat. "Richtige" Sprechblasen, wie man sie eigentlich mit Comics verbindet, sind selten.
Inhaltlich geht es um eine Diskussion zwischen der Katze, dem Rabbiner und dem Rabbiner des Rabbiners, also seinem alten Lehrmeister. Hat die Katze einen Anspruch darauf, ihre Bar-Mizwa zu feiern? Dabei erweist sich der Vierbeiner den beiden menschlichen Gelehrten als durchaus ebenbürtig. Besonders beim Rabbiner des Rabbiners hat man den Eindruck, dass er im Wesentlichen das wiedergibt, was er einmal selbst gelernt hat. Sobald die Katze jedoch beginnt, diese Lehrsätze zu hinterfragen, gerät er ins Schwimmen.
Das Thema des Comics ist also Religion. Dabei richtet sich die Kritik von Joann Sfar nicht gegen eine bestimmte Religion oder gegen Religiösität an sich, wohl aber gegen gedankenloses Nachplappern vermeintlicher Weisheiten. Denn nicht nur die schiere Existenz der sprechenden Katze bringt das gewohnte Gedankengebäude ins Wanken, der Kater hinterfragt regelrecht genüsslich die Argumente des Rabbiners und des Rabbiners des Rabbiners. Wenn Gott den Menschen nach seinem Bild geschaffen hat, könnte man dann bitte ein Bild von Gott sehen? Auf die Antwort, Gott sei das Wort, schlussfolgert der Vierbeiner, wenn der Mensch Gottes Ebenbild sei, weil er sprechen könne, dann sei eine sprechende Katze dem Menschen gleich, inklusive des Anrechts auf eine Bar-Mizwa. In dieser Form erstreckt sich die Diskussion über fast das gesamte Gratis-Heft.
Auffällig ist, dass die Tochter des Rabbiners, Zlabya, als einzige einen eigenen Namen erhält. Alle anderen bleiben durchweg "Die Katze des Rabbiners", "der Rabbiner" und "der Rabbiner des Rabbiners". Der Nachname des Rabbiners wird zwar in der kurzen Vorstellung zu Beginn genannt, aber nie im eigentlichen Comic. Der zukünftige Schwiegersohn taucht gleich gar nicht auf; um ihn zu treffen, muss man die Serie über dieses Gratis-Heft hinaus lesen. Die Figuren treten also weniger als Individuen auf, sondern eher als Stellvertreter für ihre jeweiligen Ansichten. Was bei manch anderem Comic ein klarer Minuspunkt wäre, gehört hier zum Konzept und ist stimmig.
"Die Katze des Rabbiners" ist ein Comic, der dem Leser nicht entgegenspringt. Wenn man ihn zum ersten Mal liest, kann es durchaus passieren, dass man enttäuscht ist: Davon sind so viele Leute so angetan? Joa, ganz nett, aber nicht viel mehr. Aber sobald man sich etwas damit beschäftigt, etwa um eine Rezension zu schreiben, bemerkt man, wie viel in dieser vermeintlich simplen Geschichte steckt. Wie viel Weisheit, wie viel Humor, wie viel Hintergrund. Ein gewisser Hintergrund an klassischer Bildung beim Leser ist ebenfalls hilfreich. Wer bei Begriffen wie These, Antithese, Synthese nur Bahnstation versteht, dürfte einiges verpassen. Alle anderen können sich auf einen anregenden und witzigen Comic freuen.
Fazit:
Was auf den ersten Blick nach nichts Besonderem aussehen mag, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als anregende und witzige Geschichte über Religion und das Hinterfragen dessen, was als ewige Wahrheit gelehrt wird. Ein ungewöhnlicher Comic, der seine Qualitäten zunächst etwas versteckt, dann aber um so mehr zu bieten hat.

Die Katze des Rabbiners - Gratis-Comic-Tag 2012
Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck
Verlag:
Avant Verlag
Preis:
€ 0,00
32 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

- Eine anregende und witzige Geschichte über Religion und das, was als ewige Wahrheiten gelehrt wird


Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
![]() (2 Stimmen) | ||
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Rezension vom: | 12.05.2012 | ||||||
Kategorie: | Gratis Comic Tag 2012 | ||||||
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