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Comic-Besprechung - Roland, Ritter Ungestüm 1
Geschichten:Originaltitel: „Chevalier Ardent, Intégrale 1”
Text: François Craenhals, Zeichnungen: François Craenhals
- Story: Der schwarze Prinz („Le Prince Noir“)
- Story: Die Wölfe von Rotteck („Les Loups de Rougecogne“)
- Story: Das Gesetz der Steppe („La Loi de la Steppe“)
Bonus-Material:
- Artikel: „Das Abenteuer beginnt. François Craenhals und seine Ritter Roland-Sage“ von Volker Hamann
Story:
Zum Start der Gesamtausgabe von Roland, Ritter Ungestüm werden die ersten drei albenlangen Abenteuer geboten.
In Der schwarze Prinz sind der Ritter Gaudin und sein Knappe Bradroc auf dem Weg, eine wichtige Botschaft an König Artus zu überbringen. Der böse schwarze Prinz will dies jedoch verhindern, denn die Botschaft würde seine Intrige vereiteln, mit der er seine Macht vergrößern will. Bradroc kann den Ritter gerade noch schwerverletzt zum Landsitz von Rolands Vater bringen. Roland von Wallburg ist in der ersten Geschichte eher noch ein Junge, der vor allem durch seine ehrgeizige und aufsässige Art glänzt. Schon in jungen Jahren lässt er sich von seinem Gemüt leiten, wenn er auf Ungerechtigkeit trifft.
Im zweiten Abenteuer Die Wölfe von Rotteck legt sich Roland immer wieder mit seinem Ausbilder, dem Fechtmeister Golo, an, der ihm Disziplin beim Schwertkampf beibringen will. Seine Dickköpfigkeit bringt ihm nicht nur Stubenarrest ein, sondern verschafft ihm schließlich einen Platz hinter Gitter im düsteren Kerker. Seine aufsässige Art wird sogar vom König bemerkt und so fällt dieser eine Entscheidung: Roland soll im Lehen Rotteck für Recht und Ordnung sorgen. Dort angekommen, muss er feststellen, dass sich die drei Brüder Odon, Abdon und Gordon, berühmt und berüchtigt unter dem Namen Die Wölfe von Rotteck, mittels einer perfiden Schreckensherrschaft eingenistet haben. Mit viel Mut und einiger List, versucht Roland der Regentschaft der Brüder ein Ende zu bereiten.
Das Gesetz der Steppe führt Roland auf seine erste größere Reise. Es geht nach Ungarn, ins Land der Tartaren. Dort gilt es die schöne Andrea Dosza zu befreien, die vom Tartarenhäuptling Niklos Kubacs entführt wurde. Das namensgebende Gesetz der Steppe ist eine boshafte Jagdpartie, bei der Roland das verfolgte Opfer ist. Er wird ohne Kleidung mit etwas Vorsprung losgeschickt, um die Gegend zu erkunden, Verstecke zu finden oder zu fliehen. Danach wird die wilde Hatz eröffnet und Roland rennt um sein Leben.
Meinung:
Das Erscheinen der Gesamtausgabe von Roland, Ritter Ungestüm aus dem Hause Cross Cult ist eines dieser Phänomene, wie man sie nur selten erlebt. Man kann es vergleichen mit Fotos und Erzählungen, die Freunde aus dem Urlaub mitbringen, und wenn man dann ein Jahr später selber an das beschriebene Ziel reist, dann ist es in echt noch viel schöner. Oder man sitzt am Strand in der Sonne und am Horizont taucht eine Frau im Bikini auf, und wenn sie ganz nah an einem vorbeiläuft, dann quellen einem die Augen über und man kann den Blick nicht losreißen.
So – oder so ähnlich – kann es passieren, wenn man den ersten Teil dieser auf sieben Bände angelegten Werkausgabe im Ladenregal erblickt oder aus der Versandtasche zieht. Dieser Hardcover ist zu schön, um wahr zu sein. Die Umschlaggestaltung ist ausgereift und wirkt wie Balsam auf die geschundenen Sehorgane. Der Buchrücken ist so konzipiert, dass alle Bücher nebeneinander gestellt, ein zusammenhängendes Motiv ergeben. Die Oberfläche des Buchdeckels ist griffig und wirkt so robust, dass sie auch Kaffeeflecken mühelos abhält. Einfach mit einem feuchten Lappen drüber wischen, und der Roland glänzt wie neu.
Schlägt man die Buchdeckel auf, geht es im gleichen Stil weiter: zeitlos perfekt gestaltete Innenumschläge, sauber editierte Seiten auf einem stumpfen, extra dicken Papier, welches, wie Herausgeber Andreas Mergenthaler meint, einen besonderen „Aquarell-Effekt“ bewirkt. Ein Ergebnis, das wirklich wie geschaffen ist, für die Zeichenkunst von François Craenhals. Hinzu kommt, dass man die Vorlagen teilweise ziemlich bearbeiten und restaurieren musste, weil sie aus einer Zeit sind, als die Originale nicht vom Zeichner fertig digitalisiert per e-mail abgeliefert wurden. Wer gut gemachte, bibliophil gestaltete Comics schätzt, der wird den Band nur schwerlich aus den Händen legen können. Diese fast sinnlich haptische Wahrnehmung, als wäre man blind und würde trotzdem durch Blättern und Fühlen die Zeichnungen sehen, lässt einen wohlig schauern. Volltreffer! Drei Böllerschüsse für die Leute, die sich das ausgedacht und auch noch aufwendig realisiert haben!
Die Comics selbst gehören in die Kategorie „Mauerblümchen“. Die Serie war immer irgendwie da und wuchs in einer Nische, aber die richtige Beachtung und Wertschätzung wurde ihr, zumindest in Deutschland, nie zuteil. Wenn es um Rittercomics ging, dann überstrahlte Prinz Eisenherz alles andere. In Deutschland haben Sigurd, Falk & Co. aus der schnellen Zeichenfeder von Hansrudi Wäscher lange den Ton angegeben. Ritter Roland war zwar da, sogar für eine kurze Zeit im ZACK-Magazin vertreten, aber der richtige Durchbruch bliebt ihm genauso verwehrt, wie dem Roten Ritter von Willy Vandersteen.
Das erste Abenteuer wurde 1966 in Tintin zum ersten Mal abgedruckt. Die Albenserie startete 1970. Diese Geschichten sind also mehr als 30 Jahre alt. Vieles aus dieser Zeit hält heutigen Maßstäben nicht mehr Stand. Es wirkt vielleicht nett, aber tendenziell antiquiert. Nicht so die Geschichten vom feurigen Ritter. Der Charakter ist immer noch frisch und, trotz seiner mittelalterlichen Ideale, in keinster Weise altbacken. Roland ist einfach extrem sympathisch, mit all seinen Ecken und Kanten. Insgesamt sind die Stories höchst unterhaltsam, denn sie bieten den perfekten Mix aus Abenteuer, Spannung, Überraschung und Liebe.
Die stärkste Geschichte im Debütband ist Die Wölfe von Rotteck. Sie ist erzähltechnisch klug aufgebaut. Sie bringt die Entwicklung des eher unbedarften, aber todesverachtenden Roland stark voran, denn er reift vom unfertigen Jüngling zum überzeugenden Mannsbild. Sie überrascht obendrein mit einem Schluss, den man nicht vorhergesehen hat.
Zeichnerisch liegt Roland, Ritter Ungestüm nicht mehr so ganz auf der klassischen klaren Linie, wie sie in den 50er und 60er Jahren in Tintin Ton angebend war. Sein Pinselstrich ist klar, aber etwas verspielter, als von den typischen Vertretern der Brüsseler Schule gewohnt. Die Landschaften und Kleidungen der Personen sind sehr detailliert und schön anzuschauen. Alleine das Durchblättern macht Spaß, und es gibt beim Lesen immer wieder etwas zu entdecken.
Abgerundet wird der erstklassische Gesamteindruck durch acht Seiten Sekundärmaterial über den Zeichner und die Entstehung der Serie. Der Artikel von Volker Hamann ist kompetent, gut zu lesen und passend illustriert. Erwähnenswert ist auch, dass die Bilder nicht zu klein präsentiert werden. So will man es haben – und nicht anders.
So mancher wird die Stirn gerunzelt haben, als es hieß, dass Cross Cult dem Ritter Roland mit einer Gesamtausgabe die längst überfällige Würdigung angedeihen lassen will. Bislang hatten sich die Ludwigsburger mit franco-belgischem Klassiker-Material keine besonderen Meriten verdient. Einen Andrax oder Hombre aus der Versenkung zu holen ist aufwendig (aber auch wiederum nicht, wenn man einen Wiechmann vor der Haustür sitzen hat). Aber eine Gesamtausgabe vom Chevalier Ardent vom Stapel zu treten, und dann alles bearbeiten, neu übersetzen, mit Bonusmaterial versehen und auch noch alle Kurzgeschichten ins Visier zu nehmen, dies ist eine verlegerische Mammutleistung, die Hochachtung verdient.
Fazit:
Das Fazit kann nur folgendermaßen ausfallen: Diese Roland, Ritter Ungestüm Gesamtausgabe gehört in jede halbwegs vernünftige Comicsammlung. Die Aufmachung ist meisterhaft. Die Comics sind für jung und alt, für Mittelalter-Fans und Freunde gutgemachter Geschichten. Wenn man dieses Jahr nur einen Band für rund 30 Euro kaufen kann, dann darf es nur dieser sein. Und wenn man so viel Geld nicht hat, dann steht das nächste Geburtstagsgeschenk bereits fest.
Ach ja, sollte man einen der Leute, die bei der Produktion dieses Bandes beteiligt waren (die Mergenthalers, Hellsterns, Koleks, Jandas, Wilksens, Pröfrocks und wie sie alle heißen) irgendwo treffen, dann schüttelt ihnen die Hand und klopft ihnen auf die Schulter. A job very well done!
Roland, Ritter Ungestüm 1
Autor der Besprechung:
Matthias Hofmann
Verlag:
Cross Cult
Preis:
€ 29.80
ISBN 13:
978-3-941248-71-7
180 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser
- exzellenter Gesamteindruck
- chronologische Veröffentlichung mit Extras
- sehr schöne Aufmachung
- absoluter Klassiker
- einer der Höhepunkte des Jahres 2010
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
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Rezension vom: | 27.05.2010 | ||||||
Kategorie: | Roland Ritter Ungestüm | ||||||
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