Es gibt sie noch, die Comics nur für eine männliche
Leserschaft. „Der Stab des Putarch“, der mittlerweile zwanzigste Band aus der
Serie „Blake und Mortimer“, ist einer davon. Und seien wir mal ehrlich, das
Ganze ist flaches, ultrabiederes Zeug, geschrieben für Jungs, deren
Identifikationsfiguren makellose britische Gentlemen sind, die glattrasiert und
mit glanzpolierten Schuhen durch den Matsch stolzieren und in ihrem ganzen
Leben nicht anderes kennen gelernt haben als den Dienst ihrer Majestät und das
Innere eines Kampfflugzeugs. Die einzigen Frauen, die in diesem sterilen
Männeruniversum auftauchen, sind entweder Damen des Hauses, die mit Dauerwelle
und geröteten Wangen beim Dinner den smarten blonden Helden nach dem Leben auf
einem Flugzeugträger fragen, oder es sind junge Damen, die sich auf der Straße
nach dem smarten blonden Helden umdrehen, einfach weil er wie ein smarter
blonder Held aussieht. Für so einen würden alle jungen Damen offenbar liebend
gerne die Kartoffeln schälen. Schade nur, dass der Held überhaupt nicht das
Bedürfnis nach Privatleben hat. Er heißt übrigens Blake und rettet gleich zu
Beginn den Westminster-Palast in London vor einem deutschen Kamikaze-Angriff –
natürlich, wie nicht anders zu erwarten, durch ein heldenhaftes Flugmanöver,
das er selbst trotz Bruchlandung lässig und immer noch saubergescheitelt
überlebt. „Blake ist wirklich unser bester Pilot“, sagt einer der Beobachtenden
zwischendurch. Natürlich ist er das. Er ist immer der beste. Und nebenbei ist
er auch noch scharfsinniger Militaria-Experte, Meisterdetektiv und
Vorzeigegeneral (insofern er immer den Richtigen Gehorsam leistet). So viel
Perfektion muss für jeden Leser, der von den Figuren eines Comics ein Mindestmaß an Lebensnähe erwartet, unerträglich sein. Sie ist aber,
unter uns gesagt, nicht nur unerträglich; sie ist auch sterbenslangweilig.
Die Story des Bandes, der man die Hand des konstruierenden
Baumeisters zu jeder Zeit anmerkt, bewegt sich im Umkreis des üblichen
Intrigen- und Spionagegeschichten, von denen man das Gefühl hat, sie schon
unzählige Male gehört zu haben. Da gibt es kernige Typen und miese Verräter, da gibt es überraschende Wendungen (die
freilich keine sind, wenn man eins und eins einigermaßen zusammenzählen kann),
Verhöre und wortreiche Enthüllungen, und es gibt auch die herkömmliche Dynamik
aus List und Gegenlist. Natürlich steht bei alledem letzten Endes das Schicksal
der gesamten Welt auf dem Spiel (wir befinden uns nicht umsonst im Jahr 1944).
Der Band dient denn auch bezeichnenderweise als Vorspiel zum ersten Band der
Serie, der auf Deutsch unter dem Titel „Der Kampf um die Welt“ erschienen ist. Blake
und Mortimer arbeiten hier also erstmals gemeinsam an einem Fall. Diese
serieninterne Neuigkeit mag dem Band einen gewissen Reiz geben, rettet ihn
letztlich aber auch nicht vor der Mottenkiste. Vollends die Auflösung der
Spionagestory am Schluss, wo sämtliche Plausibilitäten flöten gehen, zieht das
Ganze tief hinab in den Schlund der Trivialästhetik (wo es wegen des ultrakonventionellen, an Hal Foster geschulten Beschreibungsstils schon vorher irgendwie festhing). Daran können auch die
sorgfältigen Zeichnungen eines so geschätzten und etablierten Künstlers wie André
Juillard nichts ändern: Hier sind sie ohne symbolische Tiefe, ohne Charakter,
ohne eigene Sprache, wirken wie routinemäßig abgearbeitet. Die flache, reizlose
Retro-Kolorierung von Madeleine Demille verstärkt diesen Eindruck noch.
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