Eine französische Comic-Serie von Jean Claude Mezieres und Pierre Christin
Die
Abenteuer der beiden „Agenten in Raum und Zeit“ gehören längst zu den
Klassikern der Science Fiction. Auch aus der Vielzahl der bis heute in
Frankreich erscheinenden Comics ragt Valerian und Veronique mit
Leichtigkeit hervor, denn es gibt keine thematisch und im Stil
vergleichbare Serie, die "Valerian und Veronique" (im Original:
"Valerian (et Laureline)") das Wasser reichen könnte und so viel
Eindruck auf Fans und andere Kunstschaffende hinterlassen hat.
Luc
Besson, der Produzent und Regisseur von „Valerian“ leugnet nicht, dass
die Comics ihn geprägt und auch „Das 5. Element“ beeinflusst haben
dürfte, und zwar nicht nur was die optische Seite seines ersten
Erfolgsfilms angeht.
Bereits 1967 begannen Jean Claude Mezieres
und Pierre Christin die Abenteuer der "Raum-Zeit-Agenten" in kurzen
Abenteuern zu schildern, die erst einmal in einem Magazin erschienen und
später zusammengefasst wurden.
Die Serie selbst erschien seit
1968 in französischen Magazinen, später auch in Alben. Aber erst 1978
wurde er hier in Deutschland durch den CARLSEN Verlag einem größeren
Publikum vorgestellt, der die Serie inzwischen komplett herausgegeben
hat. Vor dieser Zeit kamen nur einige der Kurzcomics und das erste
Album in dem legendären Comic-Magazin ZACK des Koralle-Verlags heraus,
wobei sie allerdings leicht verändert wurden, damit sie kindgerechter
wirkten.
Den Kult-Status gewann die Serie zumindest europaweit
schon mit den ersten Alben und wurde von der Leserschaft, wie von der
Kritik - auch in Deutschland - einstimmig positiv aufgenommen. Selbst
aus den Büchereien hierzulande – die Comics gerade in den 1970er Jahren
noch ziemlich skeptisch gegenüberstanden - waren die die ersten Alben
dann doch nicht mehr wegzudenken.
Jean Claude Mezieres
(*1938), der Zeichner der Serie, debütierte bereits 1966 im
traditionsreichen französischen Comicmagazin PILOTE, nachdem er einige
Jahre zuvor als Berufskünstler und Cowboy mehr schlecht als recht in den
Staaten gelebt hatte. Doch der große Durchbruch als Zeichner gelang ihm
erst, als er sich mit seinem Jugendfreund dem fast gleichaltrigen
Nachbarsjungen Pierre Christin zusammentat und „Valerian et Laureline“
entwickelte.
Texter Pierre Christin (* 1938) ist eigentlich ein
Hochschullehrer, der zwischenzeitlich auch an der Salt Lake University
unterrichtet hat. Durch diesen kleinen Abstecher ist er auch mit der
amerikanischen Mentalität vertraut, die in seinen Comics später eine
Rolle spielen sollte, da er immer wieder bestimmte Klischees und
Verhaltensmuster aufgriff und satirisch auf die Schippe nahm. Er hat
seine Lehrtätigkeit dann zugunsten des Textens aufgegeben und schrieb
nebenbei vor allem Erzählungen mit zeitkritischem Hintergrund, etwas was
auch in den phantastischen Geschichten um "Valerian" dann und wann
zutage tritt.
Die Geschichten um Valerian und Veronique
Anmerkung:
Wie auch bei einem anderen frankobelgischen Klassiker, nämlich
„Asterix“, sind die Alben um Valerian und Veronique in Deutschland nicht
in derselben Reihenfolge erschienen wie im Original. Wer die
zeichnerische und inhaltliche Entwicklung der Serie verfolgen möchte,
sollte sie am besten in der hier aufgeführten Reihenfolge lesen:
Schlechte Träume im SB "Schlechte Träume" Gastmahl mit Tücken u.a. Kurzgeschichten im Band "Jenseits von Raum und Zeit" (1967-70) Die Stadt der tosenden Wasser V&V 1 (1970) Im Reich der 1000 Planeten V&V 2 (1971) Das Land ohne Sterne V&V 3 (1972) Willkommen auf Alflolol V&V 4 (1973) Die Vögel des Tyrannen V&V 5 (1975) Botschafter der Schatten V&V 6 (1975) Trügerische Welten V&V 9 (1978) Das Monster in der Metro V&V 7 (1980) Endstation Brooklyn V&V 8 (1981) Die Insel der Kinder V&V 10 (1982) Die Geister von Inverloch V&V 11 (1984) Die Blitze von Hypsis V&V 12 (1986) Die große Grenze V&V 13 (1989) Lebende Waffen V&V 14 (1992) Die Kreise der Macht V&V 15 (1995) Im Bann von Ultralum V&V 16 (1997) Die Sternenwaise V&V 17 (1998) In Unsicheren Zeiten V&V 18 (2001) Am Rande des Großen Nichts V&V 19 (2004) Das Gesetz der Steine V&V 20 (2007) Der Zeitöffner V&V 21 (2010)
Mittlerweile
liegen diese 21 Bände auch in einer auf sieben Bände aufgeteilten
Gesamtausgabe bei Carlsen und in chronologisch korrekter Reihenfolge
vor. Als Nachzügler erschien noch
Souvenirs der Zukunft V&V 22 (2013)
mit neun Kurzgeschichten, die einige Abenteuer noch einmal aus einer ganz anderen Sicht beleuchten.
Dann
kam auch noch1994 "Die Bewohner des Himmels - Der Kosmos von Valerian
und Veronique“ heraus, eine Enzyklopädie der Wesen und Planeten.
Seit
2016 überlassen die beiden Mezieres und Christin auch anderen
Künstlerin ihren Kosmos, um sich dort mit eigenen Geschichten
auszutoben. „Die Rüstung des Jakolass“ von Manu Larcenet erschien 2016,
bei uns in Deutschland ein paar Monate später.
* * *
In
seinem ersten Abenteuer "Schlechte Träume" jagt Valerian im Auftrage des
Raum-Zeit-Service dem machtgierigen Kombul nach, der die
hochtechnisierte Erdenstadt Galaxity durch Traummanipulationen in Angst
und Schrecken versetzte. Seine Operationsbasis hat der finstere
Wissenschaftler jedoch in einer anderen Zeit. Valerian reist vom 28.
in das 10 Jahrhundert, um Kombul zu stellen und dem Gesetz zu
überantworten. Doch auch mit der Hilfe des Mädchens Veronique gelingt es
ihm zunächst nicht, Kombuls habhaft zu werden, denn dieser kann mittels
einer Zauberformel die Wirklichkeit verändern und entzieht sich mittels
einer eigenen Zeitmaschine durch Flucht.
Veronique, das Mädchen
aus dem Mittelalter, hat jedoch erfahren, was Valerian eigentlich ist
und woher er kommt. Sie begleitet ihn in die Zukunft, wo sie Kombul
mittels eines hinterhältigen Tricks doch noch erwischen. Ihre schnelle
Auffassungsgabe verhilft Veronique dazu, als Partnerin Valerians in den
"Raum-Zeit-Service" aufgenommen zu werden. Zusammen mit ihm erlebt sie
mehrere kleinere Abenteuer - mit einem lebenden Asteroiden oder
Eingeborenen, die Technik als Spielerei sehen, weil ihre "Magie"
wirkungsvoller ist.
Dann kann Kombul erneut entkommen und flieht
in das Jahr 1986. Die Erde ist in dieser Zeit durch eine atomare
Katastrophe am Nordpol zu großen Teilen verwüstet und unter Wasser
gesetzt worden. Chaos, Anarchie und das Recht des Stärkeren bestimmen
das Leben der Menschen. Kombul will sich, mittels seines überlegenen
Wissens zum Herrscher dieser Welt aufschwingen und verhindern, dass aus
diesen Trümmern die Zivilisation von Galaxity erwächst. Valerian und
Veronique verhindern dies gemeinsam mit inzwischen im überfluteten New
York gefundenen Freunden.
Ihr nächster Auftrag führt die beiden
weit hinaus ins All. "Das Reich der 1000 Planeten" wird von den
maskierten Kundigen regiert, die jeden Widerstand im Keim ersticken
wollen, der ihnen bedrohlich werden könnte. Zusammen mit der
Kaufmannsgilde treiben die Raum-Zeit-Agenten diese in die Enge und
Valerian findet heraus, wer sie in Wirklichkeit sind – Überlebende einer
Katastrophe, die sich seit Jahrhunderten mittels eines schwer
herzustellenden Trankes am Leben erhalten. Allerdings sind ihre Körper
durch radioaktive Strahlen zerstört - sie sind nur noch armselige
Schatten ihrer selbst. Die Kundigen wählen nach ihrer Entdeckung den
Freitod, weil sie nicht zusammen mit der Kaufmannsgilde regieren wollen.
Ein
unwichtig erscheinender Routineflug zu vier neu besiedelten Planeten
wird zu einem gefährlichen Abenteuer, als die Astronomen entdecken, dass
ein riesiger Himmelskörper auf das Sonnensystem zurast und alles
zerstören wird, wenn man ihn nicht aufhält. Valerian und Veronique
finden heraus, dass in dem Planetoiden eine Hohlwelt mit sprühendem
Leben existiert. "Das Land ohne Sterne" beherbergt drei Völker: die
nomadisierenden Lemm , die explosive Kristalle sammeln und verkaufen,
die Malkaner, bei denen die Frauen regieren und die Männer Sklaven sind,
sowie die Valsenarer, bei denen es genau umgekehrt ist. Diese beiden
Völker führen einen erbitterten Kampf gegeneinander, bis Valerian und
Veronique den beiden Herrschern klarmachen, dass ihre Welt in Gefahr
ist, und sie einander helfen müssen, um die Katastrophe zu verhindern...
Alflolol
ist ein an Bodenschätzen reicher, aber unbewohnter Planet. Die
Erdenbewohner haben ihn in Besitz genommen und beuten ihn nun mit Hilfe
ihrer Technik aus. Als die einstigen Bewohner nach einem kleinen Ausflug
von vier Jahrtausenden zurückkehren, erleben sie kein freundliches
"Willkommen auf Alflolol". Sie werden in Reservate in den übelsten
Regionen gesperrt und sollen arbeiten - aber sie, die die Natur und ein
einfaches Leben mehr schätzen, wählen schließlich die Fortsetzung ihrer
Reise.
"Die Vögel des Tyrannen" sind die Wächter einer
Sklavengesellschaft, deren Sinn einzig und allein darin besteht, den
ominösen Tyrannen zu ernähren. Aber Valerian und Veronique lassen sich
das nicht gefallen und vertreiben das parasitäre Wesen. Sie ahnen nicht,
dass sie ihn mit sich nehmen, denn - "es gibt überall Wesen, die sich
Autorität aus Furcht bedingungslos unterwerfen …"
Central City
ist eine riesige Stadt im All, ein Treffpunkt unzähliger Rassen, die
hier friedlich und sich tolerierend nebeneinander leben und Wissen wie
Kultus austauschen. Auch die Erde ist hier vertreten, doch ihre
Vertreter wollen einmal mehr die Macht. Die "Botschafter der Schatten"
machen den irdischen Diplomaten jedoch bald klar, dass die Menschen
durch ihre Agressivität und Gier nicht in die Stadt passen - und andere
Rassen verlangen den Abzug der Erde und Landeverbot für deren Schiffe
für mehr als 100 Jahre.
In "Trügerische Welten" haben Valerian,
Veronique und die Historikerin Jadna den Auftrag, herauszufinden, wer
der Unbekannte ist, der vergangene Epochen der Erde in Illusionen
wiedererstehen lässt. Die drei finden ein Wesen von einem Planeten ohne
jegliche Geschichte, das von der Erde fasziniert ist. Wie ein Künstler
erschafft es überall Welten, vermischt sie aber auch mit den
Vorstellungen neuzeitlicher Filmregisseure. Jadna, die davon fasziniert
ist, bleibt schließlich bei diesem Wesen.
Ihr nächster Auftrag
führt die Raum-Zeit-Agenten tatsächlich in die Vergangenheit - vor allem
Valerian, der im Frankreich der frühen Achtziger rätselhafte
Erscheinungen aufklären soll, während Veronique das All durchstreift.
Zwei Außerirdische manipulieren reiche Geschäftsleute und nutzen heilige
Artefakte eines anderen Volkes, um sie durch Erscheinungen von
Sinnbildern der vier Elemente von ihrer Macht zu überzeugen. Und so
führt Valerians Suche vom "Monster in der Metro" zur "Endstation
Brooklyn".
Der Planet Simlan braucht dringend Nachwuchs, doch nur
die Göttin auf der "Insel der Kinder" kann eine neue Generation
hervorbringen. Da alle Männer des Volkes inzwischen zu alt sind, haben
sie vier Helden anderer Planeten gebeten, ihnen zu helfen. In einem
Wettstreit treten ein rauer Krieger, ein asketischer Einsiedler und
Vegetarier, ein Arbeiter und Valerian gegeneinander an. Sie müssen sich
der Göttin gegenüber beweisen, um Väter unzähliger Kinder zu werden.
Mit
"Die Geister von Inverloch" und die "Blitze von Hypsis schließt sich
der Kreis, der mit der "Stadt der tosenden Wasser" begann. Valerian und
Veronique verlassen das aus der Realität entschwindende Galaxity, um
herauszufinden, was im Jahre 1986 vor sich geht - was die Katastrophe
auslöste, und warum sie nun nicht einzutreten scheint. Sie treffen
auf ein kurioses Triumvirat - Vater, Sohn und Heiliger Geist - das sich
von der Erde gestört fühlt und den Untergang auslöste. Diesmal
überlassen sie jedoch den beiden die Entscheidung, ob sie die Erde oder
Galaxity retten wollen. Veronique wählt die Erde - und die
Raum-Zeit-Agenten sind wie es scheint die einzigen, die aus der Realität
Galaxitys weiterexistieren.
Doch in "Die Große Grenze" taucht
ein anderer Agent auf, der die Auflösung rückgängig machen will, weil er
mit den neuen Gegebenheiten nicht fertig wird …
Nach all diesen
weltbewegenden Aufregungen beschließen Valerian und Veronique durch das
All zu streifen und harmlosere Abenteuer zu erleben. Weil sie Geld
brauchen, nehmen sie den Auftrag an, etwas ganz bestimmtes auf einen von
Krieg geschüttelten Planeten zu bringen. Schließlich haben die
gegnerischen Parteien noch nicht "Lebende Waffen" gegeneinander
eingesetzt - den Schnarf.
Jedes Raumschiff ist einmal abgewrackt
und die Reparaturen kosten Unsummen, das müssen die beiden Agenten
feststellen, als sie auf Rubanis landen und die Kosten für eine
Überholung aushandeln. So nehmen sie den Auftrag des Polizeioffiziers
Tloc an, herauszufinden, wer Rubanis eigentlich regiert. Die
kontinentale Stadt besteht aus Ringen: dem Gürtel der Schwerindustrie
und Raumhäfen, dem der Geschäftswelt, dem Kreis des Handels, Kunst und
Vergnügungen, dem der Priesterschaft und hohen Verwaltung. Die wahre
Macht aber liegt im innersten Kreis, dem Kreis der Macht. Wie üblich
sind sie nicht die einzigen, die das herausfinden wollen, und bald
stehen Valerian und Veronique zwischen den rivalisierenden Gruppen …
Die
letzten Abenteuer beschäftigen sich eher damit, wie die beiden
Gestrandeten versuchen, genug Geld zu verdienen, um ihr Raumschiff
weiter finanzieren zu können. Auch wenn das nicht so einfach ist, wie es
anfangs immer scheint, schlagen sie sich weiterhin durch und finden
schließlich Hinweise, dass ihre heimatliche Erde, auch wenn sich die
Zukunft verändert hat, irgendwo immer noch existiert. Erste konkrete
Hinweise entdecken sie in "Am Rande des Großen Nichts".
Das Faszinierende an der Reihe
Jean-Claude
Mezieres besitzt einen recht markanten Zeichenstil, der weder allzu
funnyhaft, noch allzu realistisch sein will. Detailverliebt schafft er
eine eigene Realität mit seinem Stift und ist ein wahrer Meister im
Erschaffen von skurrilen und abgedrehten Aliens, die trotz ihres
bizarren Aussehens nicht lächerlich oder grässlich wirken.
Allein
in Gestik und Mimik zeigen sie schon einen recht eigenwilligen und -
ständigen Charakter. Auch die Menschen entsprechen selten den üblichen
Schönheitsidealen, obgleich sie nicht hässlich sind. Seit den 60ger
Jahren hat er sich sehr weiterentwickelt, seine Bilder sind verspielter,
aber dennoch nicht überladen geworden.
Inhaltlich macht die
Serie sicherlich genügend Anleihen an andere Science-Fiction-Romane oder
Themen. So ähnelt die Zeitmaschine des Kombul ein wenig der aus H. G.
Wells Romanen, und die Befreiung der Welten von Tyrannen ist auch kein
neues Thema.
Aber es ist spannend und witzig, mitanzusehen, wie
sich Valerian und Veronique jedes Mal der Situation anpassen und neue
Tricks ersinnen, um ihr Ziel zu erreichen. Und nicht immer gelingt es so
ideal, wie sie sich erhoffen.
So sind die "Kundigen" in "Die
Welt der 1000 Planeten" eher bedauernswerte Wesen, deren Tod eigentlich
sinnlos ist, während der Tyrann mit seinen Vögel weiter sein Unwesen
treiben darf. Leider erfahren wir nichts mehr über seinen weiteren
Werdegang.
Überhaupt stehen bei den Schöpfern der Serie den
Menschen nicht gerade im Mittelpunkt. Sie sind auf keinen Fall die Krone
der Schöpfung und die Herren des Alls, sondern aggressive,
rücksichtslose Eindringlinge, die nur selten bei anderen Völkern Achtung
finden. Zeitkritisches fließt ein, wenn die Umweltzerstörung und die
zwangsweise Zivilisierung der Eingeborenen auf Alflolol geschildert
wird, oder der aggressive Militarismus, der zur Verbannung von Central
City führt.
Der Leser steht meistens sofort auf der Seite von
Veronique, die um einiges freiheitsliebender und eigenwilliger als
Valerian ist, und der Eingeborenen, die nichts von der achtlosen
Behandlung einer Welt und den Segnungen der Zivilisation halten.
Das
Leben als Spiel und harmonisches Leben mit der Umwelt zu sehen, ist die
Botschaft vieler Geschichten. "Botschafter der Schatten" stellt klar,
wie unbedeutend die Menschen doch unter der Vielzahl der Rassen sind,
und wie engstirnig und unterentwickelt mache von ihnen sind. Es werden
aber auch Fremdrassen vorgestellt, die in ihrem Verhalten den Menschen
ähneln, oder schon über sie erhaben sind - und genauso arrogant wirken.
Die
Shinguz sind die eindeutigen Lieblinge der Serie - kleine, listige und
habgierige, aber liebenswerte Alleshändler - großäugige Rüsseltiere mit
Flügeln, die alles an jeden verkaufen (auch wenn es ihnen nicht gehört)
und die Prinzipien der Marktwirtschaft besser als jeder andere in diesem
Universum kennen und beherrschen.
Die Gegenspieler der
Raum-Zeit-Agenten sind differenzierte Charaktere mit oft sehr
verständlichen Motiven, die selten mit Gewalt ausgeschaltet werden
können, sondern denen man eher mit Köpfchen oder mit Herz entgegen
treten muss, um sie zu besiegen, auch wenn das manchmal hoffnungslos
erscheint (und auch ist).
Die irdischen Gegenwartsabenteuer
zeigen eine gewisse Beschaulichkeit, was aber schon an den Nebenpersonen
liegt: Albert, einem älteren Franzosen und dem adligen Ehepaar aus dem
schottischen Hochland.
Alles in allem kritisieren Christin und
Mezieris zwar immer wieder gerne Monopole, Obrigkeitshörigkeit,
Intoleranz und Manipulation der Massen, sie führen durchweg ironische
Seitenhiebe gegen heutige Auswüchse der Gesellschaft, aber das steht
alles gegenüber dem Lesespaß, einer spannenden und geschickt ineinander
verwobenen Handlung in bewegenden Bildern zurück. Mit dem erhobenen
Zeigefinger wird hier bestimmt nicht gewunken.
Als das
Künstlergespann einmal den Dreh heraus hatte, sich von den klassischen,
wenn auch unterhaltsam und eigenwillig präsentierten Inhalten zu lösen,
entwickelte sich die Serie so eben auch zu einem lebendigen Universum
mit vielen Facetten.
Selbsr die Charaktere haben sich im Verlauf
der Jahre weiterentwickelt. Veronique, oder Laureline, ist von der
typischen Nebenheldin, die gerettet werden muss, schnell zu der
gleichberechtigten, ja sogar manchmal dominierenden Hauptperson
geworden, die auch schon einmal Valerian aus einer kniffligen Lage
rettet. Sie ist niemals wirklich naiv gewesen und nicht nur gefühlvoll,
sondern zeigt beizeiten auch eine knallharte Entschlossenheit und kaum
Skrupel.
Valerian ist beileibe nicht perfekt und schon gar kein
makelloser und über alle Zweifel erhabener Held, denn er besitzt vor
allem die Schwäche der Selbstüberschätzung und fällt dementsprechend oft
auf die Nase, wirkt wie ein Trottel. Seine Technik- und
Obrigkeitshörigkeit hat auch schon einige schwere Macken abbekommen und
wird von Veronique immer wieder in Frage gestellt.
Tatsache ist jedenfalls - die beiden ergänzen sich wunderbar.
Problematisch
an diesem Universum ist eigentlich nur die Missachtung gewisser
Zeitreisegesetze - aber als Leser sollte man getrost ein Auge zukneifen,
denn müssen diese Regeln auch für das Universum zutreffen, in dem die
beiden leben?
Die Leichtigkeit, mit der sich die beiden Schöpfer
der Serie zwischen augenzwinkerndem Humor und Klamauk, Sozialkritik und
purem Abenteuer bewegen, ist einfach nur faszinierend, das Universum ein
bunter Flickenteppich in dem es eine - noch immer nicht ausgeschöpfte
Vielfalt gibt. Die Geschichten sind wesentlich ideen- und
abwechslungsreicher als die düsteren Endzeit-Comics, die Sex und Gewalt
betonen oder die auf actionreiche Szenen aufbauenden Space Operas.
Für
Rollenspieler ist vor allem der Sachband "Die Bewohner des Himmels"
interessant, in dem die wichtigsten Fremdrassen kurz vorgestellt werden,
aber auch so ist dieses Buch ein Lesevergnügen. Das gilt eigentlich
für alle Bände. Die Abenteuer von „Valerian und Veronique“ sind
jedenfalls nach wie vor im Handel zu finden und auf jeden Fall
mindestens einen Blick wert, vor allem, wenn man durch den Film einen
ersten Vorgeschmack bekommen hat.
Valerian Filmausgabe bei Carlsen, mit Leseprobe |