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Wenn man in Frankreich nur Spanisch versteht...
Es gab einen guten Grund, warum wir bisher keine Berichte aus Frankreich online gestellt haben. Und der ist: Keiner aus unserem Messeteam spricht auch nur ein halbwegs akzeptables Französisch. Ich selbst durfte einst wegen dieser Sprache eine Ehrenrunde drehen. Henning glänzt eher mit Latein und Matthias Hofmann ist auch nicht der Sicherste, wie ich in Murten sehen konnte, wie er zwar alles verstand, als er Derib interviewte, aber eher auf die Übersetzung der Dolmetscherin angewiesen war, wenn es darum ging die Fragen zu stellen.

Was bewegte uns also anstatt zum dritten Mal zur Buch in Basel ein paar Kilometer weiter nach Illzach zu fahren? Eigentlich recht einfach: Das Elsaß ist immer noch Deutsch geprägt und Viele sprechen dort auch Deutsch. Wir hofften also schlicht und ergreifend uns durchboxen zu können.

Illzach ist von Waldshut-Tiengen gerade einmal etwas mehr als eine Stunde entfernt. Obwohl ich sicher in der Zwischenzeit ein Europäer geworden bin (mit einer Italienerin verheiratet, sehr oft in der Schweiz und in Italien unterwegs) ist es doch noch immer ein etwas eigenartiges Gefühl nach Frankreich zu fahren. Man befindet sich eben doch im Ausland, in einem Land mit einer anderen Sprache, sicher auch mit anderen Sitten und wie schnell geht es da, dass man sich in ein Fettnäpfchen setzt. Das passiert ja durchaus schon in der Schweiz.

Wir fuhren wie nach Murten frei Schnauze los. Wo die Bédéciné genau stattfand, wußten wir nicht genau und wir verließen uns darauf, dass diese Messe schon irgendwo ausgeschildert sein würde. Und tatsächlich fanden wir nur wenige Kilometer nach der Autobahnausfahrt ein erstes Schild, das uns den richtigen Weg wies. Das war deutlich einfacher, als noch in Murten. Der Parkplatz beim Festival war voll, sehr voll, aber ein Plätzchen findet man ja immer und da bekannt ist, dass Franzosen durchaus ... kreativ Auto fahren machte es sicher nichts aus sich eben nicht direkt auf einen Parktplatz zu stellen, sondern auf einen freien Platz daneben. Aber zur Sicherheit zückten wir dann doch noch das Presseschild. Man weiß ja nie. Allerdings hatte es uns ein Stuttgarter vorgemacht und bestätigt, dass er es auch schon so am Vortag und das ohne Strafe gemacht hatte. Über eine Fußgängerbrücke ging es vom Parkplatz aus direkt ins Festival.

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Und dann verstanden wir erst einmal Spanisch in Frankreich. Oder verstand eher die Kasse am Eingang Spanisch bei unserem Französisch? Doch dann wurde doch klar, dass wir von der Presse waren und rein wollten. Aber es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man sich nicht gleich verständlich machen kann.

Links vom Eingang ging es dann auch gleich ins Getümmel. Eine ganze Halle war nur und ausschließlich den Zeichnern vorbehalten. Eine so gewaltige Ansammlung an Zeichnern hatte ich wirklich noch nie gesehen. Sicher ist der Signierbereich auf der Frankfurter Buchmesse immer wieder beeindruckend, aber er ist – man vergebe mir – ein Fliegenschiss gegen diese Halle. Zwei Rondells aus Tischen waren erhöht aufgebaut worden, dazu weitere Tische an der Seite. Um die Tische herum ewig lange Schlangen, insgesamt ein gewaltiges Getümmel. Von außen hatte das Festival klein gewirkt, aber schon hier zeigte sich, wie groß das Ganze wirklich war.

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Nach einigen Fotos schauten wir uns auch gleich die Manara-Ausstellung an, die im selben Saal untergebracht war. Der Gang war eine Oase der Ruhe und nur wenige Besucher gingen hier hindurch. Matthias Hofmann war unterdessen im eigenen Auto angereist und hatte versucht mich zu erreichen. Als ich ihn zurückrief und wir uns dann auch fanden, war auf einmal Henning verschwunden. Ihn dann wieder zu finden, war gar nicht so einfach in diesem Getümmel.

Für deutsche Augen nicht gerade gewöhnlich war sicher auch die Tatsache, dass es auf dem Gelände gleich an mehreren Ständen etwas zu Essen gab und sogar ein kleines Restaurant existierte. Die Preise waren erstaunlich human, insbesondere, wenn man die schweizer Verhältnisse von der Buch Basel gewohnt war. Ganz in der Nähe des Restaurants war ein großer Druckstock aufgestellt. An diesem erklärte ein Mann, wie er Kunstdrucke herstellte. Und hier zeigte sich noch einmal, dass es wirklich ein Problem darstellte, wenn man kaum ein Wort verstand. Eigentlich schade, denn nach der Reaktion der Zuschauer zu urteilen war das Erzählte sehr interessant.

Wir wollten uns jetzt die Ausstellungen anschauen und waren ganz schön baff aufgrund der Ausmaße der Ausstellungen. Ein ganzes Gebäude war dafür reserviert worden. Und das war reichlich verwinkelt, so dass man sich durchaus ein wenig verlaufen konnte. Wir versuchten uns alle Exponate anzuschauen, was sich insgesamt nicht als einfach erwies. Die Räume waren zum Teil sehr klein, die Anzahl der Ausstellungen groß und es waren auch nicht gerade wenige Besucher da, so dass man zum Teil nicht einmal überall hinein passte. Beeindruckend war das Ganze allemal, insbesondere wenn man weiß, wieviel Zeit und Geld es kostet eine kleine Ausstellung zusammen zu stellen, geschweige denn eine so große Ausstellung. Immerhin konnten wir im geschriebenen Wort einige der Dialoge verstehen.

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Was aber diese Ausstellung von ähnlichen Veranstaltungen in Deutschland unterschied, waren die „Walking Acts“. Ein Clown machte die Ausstellungen unsicher und begleitete den Dreh durch Henning, indem er sich mit einer Modellkamera neben ihn stellte und sich auch im Schwenk nicht einfangen ließ.

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Außerdem gab es eine Kappelle, die einen Roboter begleitete, der sich, augenscheinlich durch die Töne der Kapelle angeregt, von selbst bewegte. Und einen Mann, der auf einem Stein saß. Hier wurde also ein Spektakel geboten. Übrigens auch für die Kleinen, denn es gab einen Saal nur mit Kinderbüchern bestückt, sowie zahlreiche Maltische, an denen sich die Kinder tummeln konnten. Das Ganze machte mehr den Eindruck eines Familienfestes, als einer Comicveranstaltung. Es ist sicher diese Selbstverständlichkeit, an der es noch in Deutschland mangelt. In Deutschland sieht man nur wenige gutgekleidete Eltern, die ihre Kinder zur Comicmesse mitnehmen. Da sind es doch in der Vielzahl die weniger gut gekleideten „Nerds“, die das Gesamtbild beherrschen. Insgesamt eine interessante Beobachtung.

Auch die Ausmaße der Comicbörse mit den Händlern machten noch einmal klar, dass Deutschland eben doch kein wirkliches Comicland ist. Das nimmt sich doch bei uns meistens etwas kleiner aus. Zwei große Zelte waren dafür auf der grünen Wiese aufgebaut worden. Und mit großen Zelten meine ich Partyzelte. Für uns gab es da nur einen großen Nachteil: Alles Angebotene war natürlich in Französisch gehalten. So konnten wir uns nichts mitnehmen. Wobei das durchaus von Vorteil sein könnte.

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Doch was heißt hier nichts mitnehmen. Henning hatte dann doch noch etwas erspäht und hätte er nicht so schnell zugegriffen, hätte unser Sohn mal wieder etwas Größeres bekommen. Denn er kaufte sich für gerade einmal 10 € einen ca. 50 Zentimeter großen Plüsch-Obelix. Da bliebt dann für meinen Sohn gerade noch ein kleiner Plastik-Asterix über. Matthias ging auch nicht komplett leer aus. Ein Buddy Longway 20 (erscheint im Juni 2010 bei Finix) musste mit gehen. Nun ja, er hat ja auch durchaus seine Berechtigung. Matthias muss für die deutsche Ausgabe auch noch ein Interview von Derib übersetzen: Recherchematerial also. Aber ein Poster, das ihn gereizt hatte, wurde ihm dann vor der Nase weg geschnappt. Vielleicht ein Wink des Schicksals?

Eine interessante Sache hatten wir dann aber auch noch an dem Stand mit dem Obelix gesehen und zwar Mini-Comicfiguren. Die nennen sich „fire“ und finden sich in ... Kuchen. Man stelle sich das vor: Die Franzosen kaufen zum Dreikönigstag Kuchen, die sich „galette“ nennen, in denen diese kleinen Figuren verstecken. Und zwar jeweils eine kleine Figur. Wer die Figur beim  Essen findet, der hat ein Jahr Glück garantiert. Die Kuchen sind nicht wirklich teuer, die Figuren, wenn man ein komplettes Set haben will, hingegen schon. Und da gibt es wirklich alle möglichen Figuren. Seien es Superhelden von Marvel oder DC, Asterix-Figuren oder titeuf. Nichts ist unmöglich und was vor allem erstaunt: Dass diese Figuren derart fein gearbeitet sind, dass man auch noch die kleinsten Details erkennen kann. Wobei in der jüngeren Vergangenheit der Produktionsaufwand augenscheinlich deutlich angestiegen ist.

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Wir besuchten abschließend noch einmal die Zeichnerhalle. Dort hatte in der Zwischenzeit ein Geiger Platz genommen und berieselte die Wartenden, wie auch die Künstler mit Musik. Das wäre doch mal eine nette Idee für Erlangen. Was insgesamt erstaunte war, dass die Stars der Veranstaltung wie Achdé, Manara oder Walthéry nicht zu sehen waren. Alleine der immerhin 87-jährige Albert Weinberg (Dan Cooper) war auch wirklich vor Ort. Die anderen Stars hatten schon vorher Nummern ausgeben lassen und unter deren Namensschild hing dann auch der Hinweis, dass die bereits vergeben worden waren. Das wiederum machte keinen guten Eindruck. Wie gut, dass es ansonsten genügend andere Auswahl gab, um an eine Signierung oder eine Zeichnung zu kommen. Etwas fiel aber auch noch auf: Es gab keine Verlagsstände.

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Die Bédéciné war ein interessantes Erlebnis. Aufgrund der räumlichen Nähe ist dieses Festival sicher auch einmal für Deutsche einen Besuch wert, zumal man so schnell nicht an so viele französische Künstler rankommen wird. Wir fuhren mit einem großen Sack voller interessanter Eindrücke zurück.


Special vom: 22.11.2009
Autor dieses Specials: Bernd Glasstetter
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Fremde Sprachen, Clowns und Obelix zum Knuddeln
Der Filmbericht
Der Filmbericht in der YouTube-Version
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