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Die Fliegerserie Tanguy und Laverdure
Bis 1966 gestaltet Uderzo insgesamt acht exzellent gezeichnete TANGUY-Alben. Doch er fühlt sich zunehmend ausgelaugt. Immerhin musste er jede Woche zwei Seiten TANGUY und eine Seite ASTERIX oder eine Seite TANGUY und zwei Seiten ASTERIX abliefern. Also entschließt er sich, nur noch an ASTERIX zu arbeiten. Als er Charlier darüber informiert, antwortet dieser erbost: „Du hast kein Recht dazu!“ Es entwickeln sich lange Diskussionen und Verhandlungen. Endlich glätten sich die Wogen und man einigt sich darauf, dass der Zeichner selbst einen Nachfolger sucht. Uderzo spricht Joseph Gillian alias Jijé bei einer Arbeitsbesprechung des PILOTE-Teams an: „Kennst du jemanden, der MICHEL TANGUY weiterführen könnte?“ „Ja, ich!“

Soviel zur Version von 1985. 2008, in der Autobiografie „Uderzo erzählt sein Leben“ (Ehapa, 2009), Seite 178 klingt das wesentlich milder: „Wir haben uns im Laufe unserer Zusammenarbeit immer sehr gut verstanden und uns verband eine echte Freundschaft. Darum begriff er meine Entscheidung und bat mich lediglich, jemanden zu suchen, der die Serie fortsetzen könne.“

Das sind jedoch noch längst nicht alle Varianten über den Wechsel. Laut einem Artikel von Andreas C. Knigge (COMIXENE 24, 1979, Seite 19) soll zuerst Jean Giraud als Nachfolger Uderzos im Gespräch gewesen sein. Dieser zeigte aber – nachdem er eine Probeseite angefertigt hatte – kein weiteres Interesse an der Serie. TANGUY ging somit an Jijé. Uderzo überließ ihm sein gesamtes Referenzmaterial, an das er ohne Schwierigkeiten herangekommen war. Knigge, der sich auf ein französisches Interview  bezieht, zitiert Uderzo in einer Charlier-kritischen Weise: „Er war sehr unpünktlich, diktierte mir die Szenarios oft durchs Telefon. Seine Komik ist zu statisch.“

tanguy

Die letzte Version des Zeichnerwechsels ist in COMIC FORUM 36 (1987) zu finden. Auf Seite 36 wird Jijé zitiert. Demnach hat nicht Uderzo, sondern Charlier bei ihm angeklopft: „Jean-Michel Charlier fragte mich, ob ich jemanden kenne, der die Serie übernehmen kann. Da habe ich ihm meine Hilfe angeboten. Am Anfang hatte ich ein paar Probleme, wollte den Strich von Uderzo übernehmen, aber das war sehr schwierig. Ich bin sehr schnell wieder zu meinem eigenen Stil zurückgekommen.“

Wie auch immer es vonstatten ging, Jijé übernimmt TANGUY mit Band 9. Er sollte sich als Glücksgriff für die Serie erweisen. Merkte man den letzten Uderzo-Abenteuern schon eine gewisse Müdigkeit an, so kam mit Jijé ein frischer Wind in die Reihe.

Wegen des großen Erfolges kommt TANGUY nicht nur als Hörspielreihe im Radio zu Ehren, sondern auch als Fernsehserie. Von 1967-1969 flimmert TANGUY unter dem Titel LES CHEVALIERS DU CIEL (Die Ritter des Himmels) in 39 Episoden zu je 26 Minuten über die französischen Bildschirme. In den Hauptrollen spielen Jacques Santi (Tanguy) und Christian Marin (Laverdure). Und wer schrieb die Drehbücher? Niemand anderer als Jean-Michel Charlier.

Wie bereits Uderzo ist auch Jijé mit Charliers Vorliebe für Slapstick-Szenen nicht ganz glücklich – doch Jijé, der selbst ein exzellenter Szenerist ist, kürzt einfach die entsprechenden Stellen oder schreibt sie sogar unter einem Vorwand um: „Ich habe darauf mit ihm telefoniert und gesagt, dass ich ein Blatt aus seinem Szenario übersehen hätte und deshalb einen Ersatz benötigte.“ (aus dem besagten Interview) Es dürfte also kein Zufall sein, dass die Jijé-Ausgaben z.T. einen etwas subtileren Humor aufweisen als die Vorhergegangenen.

Ein unvergesslicher Höhepunkt von Charlier und Jijé ist die Story um „Leutnant Doppelknall“ (ZACK-Version), den Emir eines Wüstenstaates, der zu Beginn bei Tanguys Geschwader, den „Störchen“ anheuert (Band 13-14). Nach einem köstlichen Beginn wird die Geschichte umso spannender, als sich die Lage zuspitzt und es zum „Aufstand in Sarrakat“ kommt.

Bei diesem Zweiteiler gelingt Jijé das Kunststück, die Gesichtszüge der Helden langsam denen der Schauspieler der TV-Serie anzupassen, ohne dass es dem Leser wirklich auffällt. Uderzo dazu: „Mich überraschte diese Änderung ein wenig. Schließlich war diese Fernsehserie nur ein kurzes Zwischenspiel. Zudem war ein Austausch der Schauspieler mittendrin nicht völlig ausgeschlossen. Das ist zwar nicht passiert, hätte aber die Änderung der Figuren im Comic nutzlos, wenn nicht gar existenzgefährdend für die Serie gemacht.“ Jijé war die Anlehnung an die TV-Reihe, laut dem erwähnten Beitrag in COMIC FORUM, jedoch sehr willkommen, diente sie ihm doch als Anlass, seinen eigenen Stil einzubringen. Nun war er nicht mehr daran gebunden, Uderzos Vorgaben sklavisch zu folgen. 

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Special vom: 13.09.2009
Autor dieses Specials: Stefan Meduna und Gerhard Förster
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Mecki: Von den Einseitern zum großen Abenteuer
Mit Schirm, Charme und Melone
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