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Interview mit Erik Svane und Dan Greenberg

Als Asterix fast nach China gereist wäre …

skizze_coverWas wurde da gerätselt: Als Albert Uderzo erklärte, er würde die Comicabenteuer von Asterix abgeben, ging ein Raunen durch die Fangemeinde. Und als es hieß, er würde – anders als beispielsweise Hergé mit seinem Reporter Tim – die Geschichten der beliebten Gallier nicht für alle Zeiten einstellen, sondern die Kreation neuer Comics in die Hände von anderen geben, wurde es manchen nicht nur heiß, sondern gleichzeitig auch kalt. Wilde Träume einer rosigen Zukunft des frankobelgischen Funny-Klassikers wechselten sich mit Horrorszenarien ab.
Inzwischen steht fest: Mit Jean-Yves Ferri (Szenario) und Frédéric Mébarki (Zeichnungen) wurden fähige Leute engagiert, die zu Glanzleistungen fähig sein könnten. Während alle gespannt auf die neuen Abenteuer von Obelix & Co. warten, beleuchtet ZACK die Geschichte zweier Menschen, die auszogen, um sich als neues Asterix-Team zu bewerben.
Matthias Hofmann sprach mit Erik Svane und Dan Greenberg über einen Traum, der nicht Wirklichkeit wurde. Und das, obwohl ihre Version von Asterix von überzeugender Qualität ist.

Erik, Du bist Comicjournalist, richtig? Aber Du hast auch einige Comics geschrieben. Wann und wo wurdest Du geboren und was hast Du in der Schule so gemacht?
Erik Svane: Mein Vater kommt aus Dänemark und meine Mutter aus Amerika. Mein Vater war ein dänischer Diplomat, der in der Tschechoslowakei stationiert war, als ich das Licht der Welt erblickte. Ich bin in Prag geboren worden. Weil wir über die Jahre in vielen verschiedenen Ländern gelebt haben, lernte ich eine Menge verschiedener Sprachen. Das ist unter anderem einer der Gründe, warum ich Texte für Comicmagazine in vielen verschiedenen Ländern beigesteuert habe, von Strip! (Dänemark), Stripschrift (Niederlande) und BoDoï (Frankreich) über SWOF (Schweiz) und Comic Art (Italien) bis Hogan‘s Alley (USA), und natürlich auch ZACK.
In der Schule hing ich oft Tagträumen nach. Ich erinnere mich daran, dass ich des Öfteren „aufwachte“ und bemerkte, dass ich gerade  mitten in einem Diktat saß. Alle anderen hatten das aufgeschrieben, was ihnen der Lehrer ein paar Minuten zuvor gerade vorgelesen hatte, und ich hatte bereits ungefähr ein Drittel des Diktats verpasst. Manchmal war es sogar so, dass ich so gelangweilt war und überhaupt nicht zuhörte, welche Geschichte der Lehrer da vorlas, dass ich buchstäblich das Wort „K-o-m-m-a“ aufgeschrieben habe, statt nur ein Kommazeichen zu notieren. [Erik macht ein Kommazeichen mit einer Handbewegung].

Was hast Du bislang in Sachen Comics geschrieben? Ich meine zunächst einmal Sekundärbeiträge oder ähnliches.
ES: Als Geschichtsfan und Fan des Sezessionskriegs (Amerikanischer Bürgerkrieg oder "Civil War"), der gerade an einer Comicbiographie über Abraham Lincoln arbeitet, helfe ich Colin Wilson und Michel Blanc-Dumont mit ihren Jeunesse de Blueberry-Alben (dt. Die Jugend von Blueberry) seit fast 20 Jahren. Ich entdeckte außerdem die wahre Identität des Offiziers in dem "einzig bekannten Foto von Blueberry" in Ballade für einen Sarg (Bd. 15) und steuerte drei weitere Fotos dieses Offiziers für den Blueberry Sonderband bei, für den ich ebenfalls eine Einführung zum Thema Sezessionskrieg geschrieben habe.
Übrigens, ich habe seitdem viele weitere Fotos dieses Offiziers ausgegraben, eine zehn- bis zwölfseitige humorvolle Fotogalerie mit Daguerreotypen aus der Bürgerkriegsära und Gemälden von «Blueberry» und von anderen von Jean-Michel Charliers Charakteren, die in einer der letzten Ausgaben des französischen Magazins L‘Indispensable abgedruckt wurden. Davon abgesehen war es ein deutsches Buch, in dem die wahre Identität besagten Offiziers der Union zum ersten Mal gelüftet wurde.
Darüber hinaus habe ich eine große Anzahl von Comicschaffenden ausführlich interviewt, von Carl Barks bis Jodorowsky (ich hoffe, dass ZACK diese Interviews eines Tages abdrucken wird) und natürlich auch Jean Giraud (ZACK Nr. 53). Und ich denke, dass ich das meiste Interviewmaterial für das erste ZACK Dossier (Blueberry und der europäische Western-Comic) beigesteuert habe, in Form von Interviews; von Moebius über Colin Wilson bis Christian Rossi und Michel Rouge.

Erik_SvaneIch habe gehört, dass Du, zusammen mit dem Zeichner Dan Greenberg, Dich für den Job des neuen Asterix-Teams beworben hast. Wann hattet ihr die Idee, euch an dieser großen Aufgabe zu versuchen?
ES: Der wichtigste Faktor, der bewirkte, dass ich Dan Greenberg überhaupt getroffen habe, ist die Tatsache, dass ich eine süße Blondine auf der Straße vor meiner Wohnung stehen sah und all meinen Mut zusammennahm, um zu hier hinzulaufen und sie anzusprechen! Carole und ich sind zwar nie ein Paar geworden, aber es stellte sich heraus, dass sie eine Freundin von Uderzos Tochter ist, die von einem jungen Zeichner kontaktiert wurde, der zum einen ein großer Fan der Asterix-Alben ist und zum anderen als Comiczeichner arbeiten wollte. Carole brachte mich und Dan Greenberg zusammen und wir beschlossen, die Général Leonardo-Serie zusammen zu machen.
Als der erste Band bei Éditions Paquet erschien, widmeten wir ihn natürlich Carole. Das war das erste Mal, dass wir beide gemeinsam in persönlichen Kontakt mit dem Dorf der fröhlichen Gallier kamen.
Damals hörten wir, dass Uderzo sich zur Ruhe setzen und seine Serie einem neuen Team überlassen wolle, anders als Hergé es mit Tim und Struppi getan hatte. Als Dan das hörte, schlug er umgehend vor, dass wir uns bewerben.

Was war die größte Herausforderung? Sich eine gute Handlung für ein Asterix-Album auszudenken? Es bedeutet ja, dass man in die Fußstapfen eines der größten Szenaristen aller Zeiten tritt: René Goscinny.
ES: So darf man nicht denken, sonst hat man von vornherein verloren. Wir wollten uns beweisen. Die Alben, die mir am besten gefallen, sind die, in denen Asterix und Obelix in ein fremdes Land reisen. Also überlegte ich mir einen Ort, den sie noch nie besucht hatten. Und rechtschnell ließ ich Asterix, Obelix und Miraculix, zusammen mit Idefix, den Himalaya überqueren, um ein Problem zu lösen und dabei China, das Volk der Chinesen und deren Kultur zu entdecken. Ich hatte nur eine vage Idee, was das Problem sein könnte. Er war nur ein Fixpunkt, eine Art Platzhalter, den ich später ausarbeiten wollte, falls wir den Job bekommen hätten. Ich habe fünf oder sechs Seiten geschrieben. Davon illustrierte Dan drei oder vier. Junge, ich kann dir sagen, wir hatten jede Menge Spaß dabei.

Ich habe Deine Probeseiten gesehen, Dan, und für mich sehen sie wie überzeugend gezeichnete Asterix-Seiten aus. Du hast nicht nur den Zeichenstil sehr gut adaptiert, auch die allseits bekannten Figuren sehen sehr originalgetreu aus. Wie lange hat es gedauert, bis Du das richtige Gespür hattest, um diese weltbekannten Charaktere zeichnen zu können?
Dan Greenberg: Ich muss zugeben, dass es nicht lange gedauert hat, den Stil und das Aussehen der Charaktere einzufangen. Ich bin quasi mit Asterix-Alben aufgewachsen. Es begann, als ich vier oder fünf Jahre alt war. Dank meiner Eltern entdeckte ich Asterix und verbrachte meine ganze Zeit damit, die Comics zu lesen und dabei jedes Panel genau zu studieren, zu analysieren und sogar auswendig zu lernen. Ich war und bin immer noch ein großer Fan von Asterix und besonders von Albert Uderzo. Er war der erste Künstler, den ich bewusst entdeckte, und er bleibt man Favorit. Er ist der Zeichner, der mich am meisten beeinflusst hat.
Ich erinnere mich gut daran, dass mir meine Eltern regelmäßig Asterix-Alben kauften, als ich ein Kind war. Irgendwann hatte ich eine komplette Sammlung, aber ich war nicht damit zufrieden, sie nur zu lesen. Ich nahm Kugelschreiber und Papier und zeichnete Uderzos Bilder nach. Als ich zum Teenager herangewachsen war, hatte ich ganz natürlich einen Stil entwickelt, der dem von Uderzo sehr ähnelte. Das ging sogar soweit, dass ein Lehrer mir in der Schule den Spitznamen „Uderzo“ verpasste.
Das heißt, ich kenne die Charaktere und den Stil von Uderzo in- und auswendig. Als ich die Seiten für das Asterix in China-Projekt zeichnete, fiel es mir eher leicht. Aber natürlich hatte ich zur Sicherheit ein paar Asterix-Bände beim Zeichnen neben mir liegen, um auf der ganz sicheren Seite zu sein.
Ich habe die Bleistiftzeichnungen der Probeseiten mit einem Pinsel nachgezeichnet, genau wie Uderzo es gemacht hat, und habe auch akribisch genau das Lettering von Uderzo nachgeahmt, mit dem gleichen Schönschreibstift, den er benutzt. Im Gegensatz zu den Zeichnungen musste ich mein Lettering dauernd mit Uderzos Sprechblasen doppelchecken. All das zusammen ergab diese sehr originalgetreuen Zeichnungen.

Weiter geht es in ZACK # 158 ...

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Special vom: 23.07.2012
Autor dieses Specials: Matthias Hofmann
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F.W. Tempel
Der Meister der Groteske - Ein Nachruf auf Daniel Hulet
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