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Interview mit Andreas Mergenthaler
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Wie kam es zur Gründung des Cross-Cult Verlags?

Wir hatten einen Teil des Comicverlags-Know-Hows quasi schon während der Grafik-, Coloring- und Lettering-Arbeit an den Titeln des Dino-Verlags (DC-Superhelden, Star Wars, Simpsons & Co.) und an der Arbeit für Ehapa und Carlsen gelernt. Zudem hatte ich schon als Fanzine-Verleger in Zusammenarbeit mit Holger Bommer, der jetzt unter dem Label Gringo Comics veröffentlicht, erste Erfahrungen gesammelt. Beides zusammen war dann ausreichend für die ersten Schritte als „richtiger“ Verlag. Zufälligerweise war damals auch gerade die Lizenz einer meiner Lieblingsserien frei: Hellboy. Die Serie war bei Carlsen und EEE mehr schlecht als recht gelaufen und deshalb waren die Verantwortlichen bei Dark Horse froh, dass sich überhaupt wieder jemand dieser Serie angenommen hat. Auch wenn wir definitiv noch „Rookies“ waren. Glücklicherweise war mein Amigo Grafik Kompagnon, Hardy Hellstern, der Idee nicht abgeneigt, es mal mit eigenen Publikationen zu versuchen.

Welche Ereignisse haben die Verlagsgeschichte geprägt?

Unsere Ausgabe von Hellboy kam bei Dark Horse so gut an, dass sie eigene Reihen in eben diesem kleinen Format aufgelegt haben.sincity1 Als Dank für die gute Arbeit, für die „Wiederbelebung“ von Hellboy auf dem deutschen Markt, haben sie uns dann unsere wohl wichtigste Lizenz gegeben: Sin City. Als der Film regelrecht eingeschlagen ist, war das natürlich ein Segen für uns. Ebenso wie kurze Zeit später die Verfilmung von 300. Das sind immer noch unsere Top-Hits und dementsprechend waren sie sehr prägend für die Verlagsgeschichte. Danach haben wir unser Verlagsprogramm vielleicht etwas zu forsch ausgebaut. Aber bei den neuen Serien waren zum Glück auch wieder einige beliebte Titel dabei: u.a. Lost Girls und The Walking Dead.
Der nächste große Einschnitt war dann der Start der Star-Trek-Romanserien. Das war ein Wagnis, aber es scheint zu funktionieren. Noch tun wir uns aber schwer, was die Präsenz unserer Titel im Buchhandel angeht. In Comic-Kreisen kennt man uns mittlerweile, im „normalen“ Buchhandel sind wir aber noch immer nahezu unbekannt. Dennoch besteht unser aktuelles Programm mittlerweile je zur Hälfte aus Comics und Romanen.



Auf welche Publikationen blickt ihr besonders gern zurück?

Was mich persönlich angeht: Meine Lieblingscomics sind noch immer die beiden tollen Gregory-Bände von Marc Hempel. Anscheinend ist aber ein so schräger Humor nicht Jedermanns Sache, denn die beiden Bände sind unsere wohl größten Flops. Ansonsten: Die Arbeit an Hellboy ist natürlich immer ein Genuß, Rocketeer, Arzach, Auf der Suche nach Peter Pan, Roland Ritter Ungestüm, Thomas der Trommler, Warlord, University Freaks, Fahrfd und der Graue Mausling ... offen gesagt sind das alles Lieblingstitel aus meiner Jugend. Von den neueren Titeln mag ich B.U.A.P., Mouse Guard, Sleeper und Baltimore besonders gern.



Habt ihr für das Jubiläumsjahr besondere Aktionen oder Veröffentlichungen geplant?
HellboyUniversum

Ja, und alle haben Bezug zu unserer Verlagsgeschichte: Die University-Freaks-Gesamtausgabe sammelt drei Hefte aus der Zeit kurz vor der Verlagsgründung in einem farbigen Hardcoverband, die damals noch unter dem Gringo Comics Label erschienen sind. Dann gibt es noch eine Sin-City-Neuausgabe mit neuen, sehr stylischen Covermotiven von Frank Miller. Diese Edition ist in den USA eigentlich zum 20jährigen Sin-City-Jubiläum erschienen – wir münzen das aber um und bringen sie eben zu unserem 10jährigen Jubiläum. Und dann gibt es noch einen extradicken Band mit Geschichten aus dem Hellboy-Universum. Dieser Band mit 608 Seiten Umfang ist auf 1.111 Exemplare limitiert und enthält vier komplette US-Sammelbände in deutscher Erstveröffentlichung. Unter anderem das Abenteuer mit einem der populärsten Mignola-Charaktere: Lobster Johnson und der Eiserne Prometheus.

Was sind die Perspektiven für den Verlag in der näheren Zukunft?

Derzeit liegt unser Schwerpunkt vor allem im ordentlichen fortführen der laufenden Comicserien, dazu hin- und wieder ein Einzelband wie diesen Sommer die Coming-Out-Saga STUCK RUBBER BABY, und nebenbei wollen wir ja auch noch unser Roman-Programm weiter ausbauen, das bislang aus STAR TREK, PRIMEVAL und TORCHWOOD besteht.

Es scheint als hättet ihr ein goldenes Händchen bei der Auswahl eurer Veröffentlichungen. Wie trefft ihr die Entscheidung und wie viel Material sichtet ihr, dass dann nicht veröffentlicht wird?

Die Titel sollten vor allem in unsere „Stammgenres“ passen, also Horror, Krimi/Thriller, Fantasy und Science-Fiction und/oder sie sollten Bezug zu einem Film oder einer TV-Serie haben (das erleichtert das Marketing). Aber wir machen natürlich auch Ausnahmen, wenn sich etwas anbietet, wie Ende letzten Jahres die Neuausgabe von THE ROCKETEER. Natürlich haben wir in der Redaktion Steckenpferde, die wir gerne herausbringen möchten, die aber entweder bereits von anderen deutschen Verlagen “belegt“ sind oder deren herausgabe einfach zu riskant ist. Auch wir sind da mit den Jahren etwas vorsichtiger geworden. Wenn eine Verfilmung floppt, wie die von THE SURROGATES, hilft auch der beste Comic nichts bzw. schadet es dem Comic sogar.
Wir sichten sehr viele Titel – manches wird uns angeboten, manches suchen wir uns selbst heraus. Gerne würden wir sehr viel mehr veröffentlichen, aber vieles ist einfach zu riskant, weil sich vermutlich nicht genug Käufer finden.

Wie hat sich die deutsche Comicszene in den letzten 10 Jahre verändert?

Als wir Cross Cult gegründet haben, gab es noch ein mehr deutsche Verlage, die US-Comics veröffentlicht haben (Dino, Speed Comics, EEE, Chaos, MG Publishing) – heute gibt es neben Panini, dem beinahe Monopolisten, und uns gerade mal noch zwei sehr kleine Verlage (Modern Tales und Nona Arte), die sich um diese Comiclizenzen kümmern. Abgesehen von amerikanischen Graphic Novels, die sporadisch bei anderen Verlagen erscheinen und dem Disney-Pool bei Ehapa. Dieser Teil der Szene hat sich also schon verändert – hin zum Einheitsverlag Panini.
Die anderen Sparten haben sich natürlich auch verändert – was uns aber nicht so stark betrifft: Vor 10 Jahren waren die Comics aus Fernost noch die Überflieger, heute stagnieren sie langsam aber sicher. Und einige neue Albenverlage, allen voran Splitter, haben die Lücke mehr als geschlossen, die die großen Verlage hinterlassen haben, als sie die frankobelgischen Comics aus kommerziellen Gründen Stück für Stück eingestellt hatten.
Als wir angefangen haben, gab es also noch mehr Potential, was freie US-Comic-Lizenzen angeht, weil einige Verlage kurz vorher die Segel gestrichen hatten. Und es gab auch ein sehr viel größeres Potential, was frankobelgische Stoffe angeht, weil sich Ehapa und Carlsen ganz auf Manga konzentriert hatten. Wir haben die Chancen genutzt, was US-Stoffe angeht, Splitter was frankobelgische Stoffe angeht.
Was in den letzten Jahren auch positiv zu beobachten ist: Mehr deutsche Comiczeichner arbeiten und veröffentlichen professionell. Das ist eine schöne Entwicklung

Mit Jakob habt ihr eure erste Eigenproduktion veröffentlicht. Was kann man in diesem Segment in Zukunft erwarten?jakob

Derzeit ist nicht geplant, diese Sparte bei uns weiter auszubauen. Andere Verlage haben ein größeres Faible für einheimische Künstler. Für uns ist es schlichtweg „einfacher“ fertige, gut produzierte Themen in den USA oder anderswo einzukaufen und noch ein bisschen aufzuwerten. Eigenproduktionen verschlingen schlichtweg zu viel Zeit und Nerven.
Eine Ausnahme gibt es aber schon, denn der Zeichner von Jakob, Felix Mertikat, hatte vor seinem Comic-Debut an einem eigenen Steampunk-Rollenspiel-Universum gearbeitet. Die Ideen von damals verschmilzt er nun mit seiner wieder neu entfachten Liebe für’s Comicmachen. Der Eerste Band der Serie Steam Noir ist gerade in Arbeit. Ein Vorabdruck wird in Martin Jurgeits COMIX veröffentlicht und das Album erscheint im Herbst bei Cross Cult. Wir sind zuversichtlich, dass Felix Mertikats Zeichentalent ihn auch bald jenseits unserer Grenzen bekannt machen wird. Wir geben dabei gerne Starthilfe.
Aktuelle Infos zur Serie gibt es übrigens auf http://www.facebook.com/Steamnoir


Special vom: 01.07.2011
Autor dieses Specials: Marcus Koppers
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Interview mit Filip Kolek
Rezension University Freaks
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