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Von einem Kuhkaff zum Anderen
Es ist eine Frage, die ich oft gestellt bekomme: Wo zum Teufel liegt eigentlich Waldshut-Tiengen? Die Antwort ist relativ einfach und durchaus bildlich: In der Mitte zwischen Basel und dem Bodensee an der Schweizer Grenze. Aber als ich zur Ausstellung von David Boller fahren wollte, kam bei mir auch die Frage auf: Wo zum Teufel liegt Mogelsberg? Die Antwort fiel nicht so einfach aus und wurde letztendlich von der Navigation beantwortet. Zwischen Winterthur und St. Gallen liegt dieses Dorf. Und wenn ich Dorf sage, meine ich auch Dorf. Kurz vor der Ankunft konnte ich es auf einem Hügel sehen und hielt an, um die Ansicht zu filmen. Vor mir Kühe auf einer Weide, hinter mir ein Hund, der mich ausbellte. Das hatte schon sehr viel von Landleben, Bauern und Landwirtschaft. Wo war ich da nach einer durchaus langen Fahrt über kurvenreiche Landstraßen gelandet? Das sah so gar nicht nach dem Kosmopolit David Boller aus, schon gar nicht nach einer Comic-Ausstellung.

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Man sollte doch meinen, dass ganz allgemein Ausstellungen an Orten stattfinden, an denen auch „Laufkundschaft“ auftauchen kann, also Leute, die nicht bewusst zu der Ausstellung hin gehen. Das dürfte hier wohl doch eher seltener der Fall sein. Und doch macht es letztendlich Sinn, denn das war dann im Interview zu erfahren: David und Mary leben einfach hier in diesem Ort. Und in der eigenen Heimat die erste Ausstellung der eigenen Arbeiten zu gestalten ist deutlich einfacher, als es an einem völlig fremden Ort zu tun. Zumal dann auch noch der Kurator ein alter Freund der Familie ist.

Witzig ist es freilich, wenn man sich auf die Navigation im Auto verlässt und dennoch am Ausstellungsort vorbei fährt. Nun ist die Galerie nicht gerade groß und von außen durchaus auch nicht gleich als Galerie zu erkennen, denn es handelt sich letztendlich um ein altes Wohnhaus. Doch das hatte dann auch seinen ganz eigenen Charme. Kein Wunder also, dass ich ganz froh war, dass David vor der Galerie stand und mir zuwinkte. So konnte ich dann zumindest nicht dran vorbei laufen, nachdem ich das Auto geparkt hatte. Mit Sack und Pack, das heißt mit Kamera, Fotoapparat und Stativ machte ich mich auf den kurzen Fußweg. Verlaufen konnte man sich jedenfalls nicht so einfach.

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Es gibt etwas bei Amerikanern, das mich manchmal verwirrt und das ist die Herzlichkeit, die Vielen einem entgegen bringen. Ich frage mich dann durchaus schon einmal, ob die nicht einfach nur gespielt ist, ob man da nicht in kürzester Zeit auch Ablehnung erwarten kann, insbesondere, wenn es einen Anlass gibt die Herzlichkeit zurück zu nehmen. In den meisten Fällen gelingt es mir einfach nicht zu entscheiden, ob ich Amerikanern über den Weg trauen kann, oder nicht. In den meisten Fällen. Mit Davids Frau Mary Hildebrandt ist das anders.

Vor inzwischen etlichen Jahren hatten wir drei uns via Skype kennen gelernt. Die Beiden lebten damals in New York und hatten gerade einen Manga für Tokyopop fertig gestellt. Von der Pressearbeit wenig überzeugt hatten sie sich selbst umgesehen, bei wem sie denn Promotion machen konnten und waren dabei auch auf die Splashpages gestoßen. Wir führten ein Interview in zwei Teilen und zwar in zwei Sprachen. Einmal in Deutsch und einmal in Englisch. Eine interessante Erfahrung und wir hatten viel Spaß dabei. Als letztes Jahr David in Erlangen auf einmal vor mir stand, war ich überrascht und freute mich natürlich. Es hatte ihn wieder in die Schweiz verschlagen, auch wenn der Tod seines Vaters nicht erfreulich gewesen ist. Aber David und Mary hatten die Gelegenheit genutzt einen lang gehegten Plan in die Tat umzusetzen und das hektische New York hinter sich gelassen. Wir hatten und zwischenzeitlich noch zwei Mal bei der Züricher Comicbörse gesehen. Das letzte Mal war dann auch Mary mit dabei gewesen und ich konnte sie auch einmal wahren Leben, nicht nur online, kennen lernen.

So trafen wir uns also im Prinzip als „alte Bekannte“ in Mogelsberg wieder. Ich bin ganz ehrlich: Ich hatte zwar die Videokamera mit genommen, aber ich hatte noch keine Idee, wie ich sie außerhalb des Interviews einsetzen wollte. Dass sich dann recht schnell eine Art Drehbuch in meinem Kopf bildete, war sicher David zu verdanken. Neben einem kreativen Menschen, der einem sympathisch ist, kommen einem nun einmal gute Gedanken. Und so kam die Idee auf auf die Suche nach ihm zu gehen, ihn spiegelnd in seinem autobiografischen Bild zu filmen. Was dabei heraus gekommen ist, kann man in dem Film sehen, den wir hier Euch in diesem Special präsentieren. In einer solchen entspannten Situation ergaben sich auch ein paar lustige Szenen, die wir hier nicht zeigen. Aber wer weiß, vielleicht werden ja irgendwann Outtakes aus verschiedenen Filmen zusammen geschnitten. ;-)

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Nachdem wir die Szenen im Kasten hatten, führten wir noch ein Gespräch vor der Kamera. Auch das könnt Ihr im Film ansehen. Oder als Podcast in einem getrennten Artikel anhören... Dass die Beiden ein kleines wenig crazy sind, sieht man besonders schön zum Schluß, als Mary ihren Mann als lebende Puppe benutzt. Dieser kleine Schuß Crazyness ist für mich aber auch teilweise der Anlaß für die große Sympathie, die ich David und Mary entgegenbringe.

Wir ließen den Abend bei einem gemeinsamen Abendessen ausklingen. Und uns gingen nicht die Themen, sondern eher die Zeit aus, denn ich musste ja auch noch eineinhalb Stunden zurückfahren in mein Kuhkaff und der Tag hatte für mich um 6:40 Uhr angefangen. Um 22:00 Uhr war ich wieder zu Hause und schnitt noch „rasch“ den Film, um ihn zu exportieren und über Nacht hochzuladen. Es wurde dann 2:30 Uhr nachts, bis ich ins Bett kam. Erschöpft, aber glücklich wieder einmal mit wahnsinnig netten Leuten zusammen gewesen zu sein, fiel ich ins Bett.

Interessant aus meiner Sicht waren übrigens Davids Bemerkungen zu eComics. Er war ursprünglich mit ein Kandidat für unser erstes Comicfrühstück auf der Frankfurter Buchmesse gewesen. In der Schweiz ist er mit der Art und Weise, wie er im Netz Comics veröffentlicht, ein Vorreiter und so hätte sich eine interessante Diskussion auf der Bühne ergeben können. Schauen wir einfach einmal, ob wir dieses Thema im kommenden Jahr noch einmal bei der Buchmesse anschneiden können.

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In Kürze startet David übrigens mit seiner neuen Serie „Tell“ und das auch in Deutschland und zwar auf Splashcomics.de. Darauf freue ich mich schon ganz besonders. Das nächste Treffen ist bereits ausgemacht. Wir werden uns wieder in Zürich bei der Comicbörse sehen.


Special vom: 01.11.2009
Autor dieses Specials: Bernd Glasstetter
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Der große Film
Der kleine Film
Bilder von der Ausstellung
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