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Ein Interview mit Holger Bommer von Gringo Comics zu "Kurzer Prozess"
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Ein Interview mit Holger Bommer von Gringo Comics

kurzerprozess2cover

Das vielversprechende Cover von Heft 2


Holger Bommer, Zeichner, Autor, Redakteur, Verleger - ein umtriebiger und vielseitiger Mensch in der Comicszene. Heute steht die Reihe "Kurzer Prozess" aus dem Verlag Gringo Comics bei den Streifzügen im Mittelpunkt, da wollen wir die Gelegenheit nutzen und ihm in seiner Rolle als Redakteur und als Verleger von Gringo Comics einige Fragen zu dieser Heftreihe zu stellen.

splashcomics: Holger, danke für die Bereitschaft, uns im Rahmen des Specials einige Fragen zu dieser bemerkenswerten Serie zu beantworten.

Der Name "Kurzer Prozess" ist als Titel für eine Heftreihe mit Kurzgeschichten eine gelungene und treffende ,fast geniale Wahl. Wie seid ihr 1998 auf diesen schönen Titel gekommen?

Holger: Ich wollte eine deutsche Mystery Serie machen . Der Titel sollte gut klingen, den Inhalt irgendwie beschreiben und auch als Schriftzug wirken.

splashcomics: Eine gute Idee ist es auch, dass jeweils ein Autor ein gesamtes Heft füllen durfte. Dadurch wird einiges an Zeichenstilen und Erzählformen abgedeckt. Martin Frei mit drei Heften, Isabel Kreitz, Timo Würz, Rudolph Perez, dazu noch Frank Schmolke, Carsten Dörr und Andreas Schultze, die die Texte von Bernd Frenz grafisch umgesetzt haben – da sind schon einige bekannten Namen aus dem deutschen Comicbereich dabei. Wie bist du an diese Künstler herangekommen?

Holger: Das war eigentlich die leichteste Übung. Ich bin ja im Comicbereich als alles mögliche (Kolorist fehlt oben noch, da habe ich so viel für den deutschen Markt koloriert, dass mich wohl nie ein deutscher Kolorist einholen wird...so 2-2500 veröffentlichte Seiten...) tätig, und dadurch kannte ich alle Zeichner und Autoren schon bereits vorher persönlich, teilweise sind sie aus meinem Bekannten- und Freundeskreis. Das ist übrigens eine Zielrichtung, die ich auch heute noch verfolge: Vorrangig veröffentliche ich Arbeiten von Zeichnern, die persönlich gut kenne.

splashcomics: Unter den Coverbildern sticht besonders die gelungene Zeichnung von Heft 2 hervor. Dargestellt ist eine Szene auf einem fremden Planeten mit einer offensichtlichen lebensfeindlichen Oberfläche. Die Raumfähre ist im Hintergrund platziert, davor zwei sich aufs Blut bekämpfende Raumfahrer. Vorne ist eine kahlköpfige, reizvolle Raumfahrerin zu sehen, die unbeeindruckt von dem Geschehen in ihrem Rücken eine Flagge in den Felsboden rammt. "Sex sells" - Bekleidet ist sie mit einem hautengen Raumanzug mit einem offenherzigen weiten Ausschnitt, der einige Einblicke gewährt und auch ansonsten recht wenig der Phantasie überlässt. Sogar die Konturen der Brustwarzen zeichnen sich deutlich unter der scheinbar recht dünnen Hülle des Schutzanzuges ab. Allerdings (leider) taucht diese wohlgeformte Astronautin in der eigentliche Geschichte überhaupt nicht auf. Gibt es etwas zu der Entstehungsgeschichte des Bildes zu erzählen?

Holger: Mit der Zusammenstellung des zweiten Heftes drängte sich die Frage des Titelbildes auf. Die erste Story „ Venusfalle“ im Heft ist die stärkste, folglich sollte sich das Titelbild locker drauf beziehen, aber nicht starr daran hängen. Für mich wie auch für Martin Frei ist es schon immer bei Titelbildern auch wichtig gewesen, dass sie für sich eine Geschichte anreissen bzw. erzählen. Sex sells ist auch ein Faktor, klar.

splashcomics: Das schöne Coverbild wurde später als limitierter Druck hinter Acrylglas angeboten, Preis damals 149 DM. Die Begrenzung auf 99 Exemplare lässt vermuten, dass die Illustrationen recht schnell vergriffen waren. Wie war die Resonanz auf dieses Angebot? Nach irgendwelchen Restmengen braucht der Fan vermutlich heute überhaupt nicht mehr zu fragen?

Holger: Dieser Acryldruck wurde durch einen Comicenthusiasten gemacht, der gute Motive für diese Technik suchte. Die Acryldrucke wurden auf Bestellung angefertigt. Restmengen gibt es also nicht.

splashcomics: Bei den Geschichten habe ich zwei persönliche Favoriten: „Die Venusfalle“ von Bernhard Maas und Martin Frei, die Geschichte hinter dem oben beschriebenen Cover, (auch ohne die attraktive Raumfahrerin) und von Isabel Kreitz die Geschichte mit den SS-Statisten („1946 – Irgendwo in Deutschland“). Die Frage ist an dich als Redakteur vermutlich etwas unfair: Welche  Kurzgeschichten haben dir persönlich am besten gefallen?

Holger: Hm. Das ist sehr schwer zu sagen. Stark war im Heft 5 „Voodoo Derivat“ von Carsten Dörr und Bernd Frenz. „Venusfalle“ ist auch sehr gut gelungen. Ganz gross war auch „Brainwash“ in Heft 6 von Rudolpf Perez. Zurückblickend muss ich sagen, dass die hohe Qualität aller Geschichten für sich spricht, 2 davon schaffen es jetzt sogar ins „Heavy Metal“ USA.

splashcomics: Die Reihe "Kurzer Prozess" hat viele Fans gehabt, in den Leserbriefen und auch in den Diskussionen im Forum sind sehr positive Kommentare zu finden. 2000 und 2002 hat es bei der ICOM (Interessenverband Comic) Preisverleihung zwar nicht zu einem Platz auf dem Treppchen gereicht, aber die Reihe wurde beide Male mit einer „Lobenden Erwähnung“ ausgezeichnet. Ein Indiz, dass "Kurzer Prozess" in der Comicszene allgemeine Anerkennung gefunden hat. Wie habt ihr die lobende Erwähnung der ICOM aufgenommen?

Holger: Mit einem lachenden und einem weinenden Auge: Es ist übel wenn man als beste Serie im Wettbewerb genannt wird, aber nichts bekommt, weil es ja eigentlich nicht mehr Independent, bzw. Zweitverwertung ist. Ich war oftmals mit den Preisvergaben nicht einverstanden, nicht, weil Gringo Comics in den letzten Jahren nie einen Preis bekam, sondern, weil mir bei vielen Comics, die gewinnen, ein wichtiger Aspekt fehlt: Comics sollen anspruchsvoll aber auch massentauglich sein. Es ist schön, wenn Selbsterfahrungscomics nett gemacht sind, aber definitiv bringt dies die deutsche Comicszene nicht wirklich weiter und trägt auch nicht dazu bei, dass grössere Verlage auch mal wieder das Risiko eingehen, mit deutschen Zeichnern zu arbeiten.

Vielleicht kommt hier der ein oder andere Buhruf auf. Da ich aber zweimal in der Preisjury gesessen bin und diesen Aspekt immer mit eingebracht habe, muss ich es einfach nochmal loswerden ;-).

splashcomics: Leider war im Dezember 2001 Schluss. Heft Nummer Sieben war das letzte Heft dieser interessanten Reihe mit dem für Kurzgeschichten genialen Titel "Kurzer Prozess". War eine Beschränkung auf sieben Ausgaben im Vorfeld geplant gewesen oder gab es andere Gründe für die Einstellung?

Holger: Wenn sich die Serie weiter verkauft hätte, wäre ich mittlerweile wohl bei Heft 30 oder so. 2001 kam ein grosser Einbruch im Comicmarkt, der hauptsächlich bedingt durch das Wegfallen des wichtigsten Vertriebes Modern Graphics war. Fortan orderten viele Händler nur noch nach Bestellung ihrer Kunden Hefte von Kleinverlagen, also fielen viele Spontankäufer einfach weg. Dazu noch der unglückselige Umstand, dass es dann wichtig war, dass ein Händler an einem Comic viel verdient. Das hatte zur Folge, dass Niedrigpreistitel – und dazu zählten unsere Heftserien - nicht mehr für Händler interessant waren.

Der Fehler an dieser Denkweise ist aber: Mit nur teuren Comics gehen viele Leser dauerhaft verloren, was man ja auch z.B. in Erlangen prima über die letzten Jahre sehen kann. Vor allem jüngere Leser kann man sicherlich nicht dafür begeistern, ein Comicbuch/Album für 20 Euro zu kaufen, wenn es für das gleiche Geld 2-3 DVDs oder 1-2 Computer-/Konsolenspiele gibt.

Ich würde nach wie vor gerne Hefte bringen (Und tue dies auch im kleinen Rahmen noch), aber es gibt keine Verkaufsstellen mehr für dieses Format. Das ist leider so, irgendwann kommt sicherlich ein Umdenken.

splashcomics: Holger, vielen Dank für deine geduldigen Antworten auf unsere Fragen rund um die Serie "Kurzer Prozess".

So einfach lassen wir dich aber noch nicht gehen, sondern wollen zum Abschluss von dir wissen: Was gibt es 2009 Neues aus dem Gringo Comics Verlag?

Holger: Also, da kommt:

Mac Trap 2
von Stephan Hagenow - Die Fortsetzung seines Endzeitcomics.
Erscheint als Hardcover. Termin: Juni.

Commander Cork 3
von Rudolph Perez.
Ein Heft, ich habe gegen den Teuer-Trend wieder ein günstiges Comic gemacht!
Ein Weltraumfunny mit Humor und toller lockerer Grafik.
Termin: April.

Der Hartmut findet den Supperstahr
vom Haggi
Wer den Hartmut nicht kennt, der hat was verpasst! Übrigens auch eine Heftserie, die sich auch noch gut verkauft. Gegen den Trend.
Termin: Herbst

Die Abenteuer vom lieben Gott Band 2
vom Haggi.
Der zweite Teil der witzigen Bibelfunnies. Unkorrekt, witzig, schräg.
Erscheint als Softcover, Format A5.
Termin: Herbst

Kommissar Fröhlich „Feuerteufel“
von Stepahn Hagenow
Ein Comic Krimi, der im hohen Norden angesiedelt ist und für Fans des Krimi-Genres sicherlich eine Bereicherung.
Erscheint als Softcover, Format A5.
Termin: Juni.

Piccolos:
Ein schwieriges Format, aber kultig.
Mit Sigi Sparbier geht es weiter, auch Beefy Bill wartet auf weitere Teile.
Dann wird es auch mit Einar weitergehen. Diese Piccoloserie wird auf jeden Fall abgeschlossen, wie ich es immer schon gehalten habe: Unfertige Serien soll es nicht geben.
Die Piccolos kommen zwischendurch und werden kurzfristig angekündigt.

Das Interview fand im Zusammenhang mit dem Special "Streifzüge in die Welt der Comics Teil 2 - Kurzer Prozess“ auf splashcomics.de im April 2009 statt.

Die Fragen stellte Rolf Niemann.

Link:

Die Webseite von Gringo Comics ist unter http://www.gringo-comics.de/  zu finden. Mit vielen Leseproben zu verschiedenen Serien, dem Verlagsangebot und vieles mehr.....

In "Holgis Blog" (erreichbar über die Gringo Comics Seite) sind eine Reihe von Zeichnungen von Holger zu bewundern. Einfach mal reinschauen.

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Special vom: 03.04.2009
Autor dieses Specials: Rolf Niemann
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Schindelschwinger - Der Klassiker
Kurzer Prozess - Kurzgeschichten in Serie
Die Welt der Zombies - The Walking Dead
Die Welt der Zombies - Als die Zombies die Welt auffrassen
Die Welt der Zombies - Untote in Weissblech Comics
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