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Interview mit Marco Rota - Teil 2
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Das neue Donald Duck Sonderheft Spezial Nr. 8 (seit 24. Oktober 2006 im Zeitschriftenhandel) ist komplett dem Werk von Marco Rota gewidmet und stellt auf fast 100 Seiten sechs längere Geschichten des Zeichners vor, darunter mit „Speisen auf schottische Art“ auch eine deutsche Erstveröffentlichung.

Im Band selbst gibt es nur eine gekürzte Fassung dieses Interviews, welches hier in ganzer Länge nachzulesen ist.

Abdruck, auch auszugsweise nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlags. Copyright: © Egmont Ehapa Verlag 2006
Fragen und Übersetzung: Michael Bregel, Autor und Disney-Übersetzer.

4. Als Künstler waren Sie ein absoluter Frühstarter. Die Anekdote mit dem Arzt, der Ihnen schon als Zweijährigem die Zeichner-Karriere prophezeit hat, ist bekannt. Tatsächlich haben Sie dann bereits mit 15 Jahren an einer Kunstschule gelernt. Viele Ihrer Zeichnerkollegen sind hingegen Quereinsteiger und/oder Autodidakten. Wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach für einen graphisch Tätigen, sein Handwerk von der Pike auf gelernt zu haben?
Marco Rota: Ich persönlich halte es für wesentlich, bei jeder Tätigkeit mit den Grundlagen anzufangen, und für eine Arbeit wie diese gilt dasselbe. Als professioneller Künstler/Kreativer, der von der Industrie abhängig ist – also keine Kunst um ihrer selbst Willen macht, sondern als natürliches Ziel mit dem Verlagswesen verbunden ist, sprich mit einem Produktionsbetrieb – muss man sich seinem Gegenstand langsam annähern und versuchen zu lernen, zu analysieren, zu verstehen, was möglich ist und – ganz bescheiden – was andere schon ausprobiert haben. Es gibt Leute, die die Meinung vertreten – das gab es auch früher schon – dass es leicht sei, lustige Geschichten, Disney-Geschichten, zu zeichnen und dass es dafür keines großen Einsatzes bedürfe, nur etwas mittelmäßigen Talents und einer bescheidenen Kenntnis des Genres. Aber so ist es nicht. Ich denke, es ist wichtig, über die menschliche Anatomie, über Perspektive und alles andere, was zum klassischen realistischen Zeichnen dazugehört, Bescheid zu wissen. Da gibt es keinen Unterschied zwischen einem Funny-Comic und einem realistisch gezeichneten, das ist ausschließlich eine Frage des grafischen/kreativen Stils in der Art der Darstellung. Dazu gäbe es noch andere Sachen zu sagen, aber dann würden meine Ausführungen zu lang...

Jedenfalls sollten wir, wie schon gesagt, denen dankbar sein, die uns vorangegangen sind, weil uns ihre Arbeit die Entwicklung unseres eigenen Schaffens erleichtert. Für mich war es auch sehr wichtig, dass ich die Möglichkeit hatte, bei Verlagen zu arbeiten – zunächst bei Dardo, dann bei Mondadori – weil ich dadurch beide Seiten kennenlernen konnte: die redaktionelle mit all ihren Problemen, und gegenwärtig die Außensicht der externen Mitarbeiter, die es mir ermöglicht hat, mich wie ein freischaffender Profi zu fühlen und zu verhalten. So konnte ich ein materiell auskömmliches Leben führen und beide Seiten der Medaille sehen.

5. Sie haben in ihrem langjährigen Schaffen verschiedenste grafische Techniken verwendet. Erfordert jedes Bild, jeder Comic eine individuelle Herangehensweise, um den ihm eigenen Charakter zum Vorschein zu bringen?
Marco Rota: Ich persönlich finde es interessant, bei ein und derselben Aufgabe mit verschiedenen grafischen und malerischen Techniken zu experimentieren, um die Schwierigkeiten zu verstehen, die die Umsetzung einer Illustration oder eines Comics beinhaltet. Zweifellos gibt es Themen, bei denen man ein besseres Ergebnis erzielt, wenn man sie in einem bestimmten passenden Stil ausführt. Eine dramatische Geschichte zum Beispiel, oder eine Horrorstory, sollte einen anderen grafischen Charakter haben als eine lustige Story, ein Western einen anderen als ein Scifi-Comic, und so weiter. Deswegen finde ich es nur natürlich, dass ein Künstler da so seine Studien macht. Natürlich sollte man nicht nur um des Wechselns willen, nur, um um jeden Preis etwas Neues zu machen, zwischen den Stilen hin und her wechseln. Ich war noch nie einer Meinung – und ich bin es auch jetzt noch nicht – mit Leuten, die sagen: „Schluss mit den üblichen Schemata! Das muss anders werden!“ Ich sollte hervorheben, dass solche Sprüche von Personen an meine Ohren gedrungen sind, die ich bei Gesprächen in der Redaktion oder im Restaurant direkt vor mir hatte (ich nenne keine Namen). Und diese Sätze zielten direkt auf das Werk von Barks, Gottfredson, Taliaferro und Paul Murry ab. Die Leute, die diese Sachen gesagt haben – zum ersten Mal im Jahr 1972 – arbeiten noch heute für Disney. Ich frage mich, ob in den letzten Jahren irgendjemand die gleichen Dinge in Bezug auf die gegenwärtige Produktion gesagt hat, die ja nun auch seit mehr als 30 Jahren den gleichen Stil verfolgt. Meiner Meinung nach ist es angebracht, mit Änderungen einzugreifen, wenn sie die Bilder verbessern, aber nicht um sie zu verschlechtern. Ich denke, es gibt graphisch-ästhetische Lösungen, die das ideale Niveau visueller Darstellung erricht haben. Sprechen wir ruhig von einem „optimalen“ Ergebnis. Wenn das so ist, sollte man daran überhaupt nichts mehr ändern oder das auch nur mit extrem kalibrierten Eingriffen versuchen. Bei allem, was wirklich neu ist, ist das etwas anderes. Da sollte es keinerlei Einschränkungen geben.

6. Ihre sehr detailreiche Grafik ist stark von Carl Barks beinflusst. Sie haben die Arbeit der „Disney-Altmeister“ wie Barks, Taliaferro, Murry oder Gottfredson akribisch studiert und adaptiert. Sie haben einmal sinngemäß gesagt, mit Barks verwechselt zu werden, würden sie als größere Ehre ansehen als für einen eigenen Stil unverkennbar zu sein. Wie erklären Sie sich, dass gerade Sie mit diesem uneitlen Anspruch einen der unverwechselbarsten Stile im Disney-Zeichnerkosmos entwickelt haben?
Marco Rota: Ich möchte das noch einmal bekräftigen, was ich gesagt habe. Barks ist für mich der „Meister“, der einen unübertrefflichen Disney-Stil geschaffen hat. Es gibt viele andere hervorragende Comic-Künstler, die ausgezeichnete Geschichten machen, aber deren Stories wirken auf mich „gezeichnet“. Es scheint etwas absurd, ausgerechnet dieses Wort zu verwenden, weil sie ja tatsächlich „gezeichnet sind“. Ich persönlich finde aber in den Geschichten von Barks einen magischen „Realismus“, der mir – über die „Zeichnung“ hinausgehend – quasi „Fotografien“ der Entenhausener zeigt. Das ist ein ganz tiefes Gefühl, das ich immer gehabt habe, seit ich zum ersten Mal eine seiner Stories gesehen habe (das war 1949). Seine Enten kommen mir einfach „echt“ vor, und natürlich auch die Umgebungen, in denen sie ihre Abenteuer erleben. Nachdem ich gerade eine seiner Geschichten gelesen habe, würde ich mich kein bisschen wundern, wenn ich aus dem Haus ginge und auf der Straße Donald, Dagobert oder Oma Duck träfe. Ich würde mir sagen: „Da sind sie! Sie existieren wirklich! Barks hat sie fotografiert und dann die Fotos „solarisiert“, damit sie wie Zeichnungen wirken!“ So ist es, als würden die Entenhausener unter uns leben. Ich weiß, dass es utopisch ist, aber aus diesem Grund wäre – früher und immer noch – der Gedanke, mit Barks verwechselt zu werden, eine große Genugtuung für mich. Ich habe aber nicht einfach Barks’ Zeichnungen nachgemacht, sondern ich habe versucht, die graphisch-erzählerische Philosophie dieses großen Künstlers zu studieren und zu verstehen. Ich habe versucht, mich seiner Vision des Ausdrucks anzunähern, die ich natürlich als sehr nahe an meiner Art, Comics zu schaffen, ansehe, weil ich weiß, dass ich sonst „irgendwas anderes“ gemacht hätte. Aber das ist nur natürlich. Diese Schlussfolgerung gilt für jeden: In jedem Kreativen kommt unausweichlich der ganz persönliche „innere Charakter“ zum Vorschein, der eigene „Ausdruck“. Das ist ein Automatismus, den man nicht ignorieren kann. Mein Stil ist also das Ergebnis dieses Vorgangs. Ich habe meine Geschichten mit meinem künstlerischen Rüstzeug und meiner Kreativität umgesetzt, die natürlich nicht mit der von Barks identisch ist und sein kann. Natürlich freue ich mich sehr, dass die Leser zum Ausdruck bringen, dass ihnen meine Arbeit gefällt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Um mein künstlerisches Konzept besser zu verdeutlichen, möchte ich eine Anekdote erzählen: Vor einigen Jahren war ich Gast auf einer Comic-Messe im italienischen Lucca, da sagte mir ein Leser: „Ihr Stil ist eigentlich gar nicht wie der von Barks, aber er macht trotzdem viel Spaß, weil er für uns Barks-Fans so ist, als hätte Barks angefangen, in einem ein wenig anderen Stil zu zeichnen, aber seinen philosophischen Geist beibehalten. Kurz gesagt: Es ist, als wäre ein anderer Barks geboren!“ Für mich war diese Bestätigung die größtmögliche Befriedigung.

7. Sie haben sowohl Walt Disney als auch Barks und Gottfredson persönlich kennengelernt. Waren das Unterhaltungen „unter gemachten Disney-Stars“, oder haben Sie sich von den Altmeistern auch ganz konkrete Tipps für Ihre Arbeit geholt?
Marco Rota: Ich hätte sie sehr gern um Ratschläge für meine Arbeit gebeten, aber dazu hatte ich nicht den Mut. Zweifellos hat da auch die Aufregung eine Rolle gespielt, meinen „Helden“ Auge in Auge gegenüberzustehen. Da sollte etwas passieren, woran ich nur ein paar Jahre vorher nicht mal zu denken gewagt hätte. Jedenfalls war es für mich schon enorm befriedigend, mal persönlich mit ihnen reden zu können!

8. In Ihren Disney-Comics verwenden Sie viel mehr Akribie auf ausgefeilte Hintergründe wie Stadtzenarien oder atemberaubende Landschaften als viele Kollegen. Das wirkt sehr spektakulär und gibt den Stories viel Tiefe, erfordert aber sicher einen immensen Arbeitsaufwand. Ist das für Funny-Comics nicht übertrieben?
Marco Rota: Zunächst, ich habe das ja schon bei anderen Gelegenheiten gesagt, mag ich keine reine Fantasie, damit meine ich etwas, was keinerlei Verbindung mehr zur Realität hat. Und das gilt für mich auch in Sachen Disney. Ich glaube, Comic-Künstler gestalten ihre Geschichten so, wie sie sie auch von jemand anderem gerne umgesetzt sehen würden. Meine Stories in einem – natürlich im Disney-Rahmen – fast realistischen Ambiente anzusiedeln, macht die Charaktere aus meiner Sicht glaubhafter und echter. Letzteres gilt auch für sämtliche Transportmittel wie Autos, Züge, Schiffe, Flugzeuge und so weiter. Demgegenüber könnte reine Fantasie alles, was die Entenhausener umgibt, wie zu groß geratene, kaum faszinierende, seelenlose „Spielzeuge“ wirken lassen, die die Geschichte abwerten. Ich liebe es, die Charaktere als „echte“ Lebewesen darzustellen, die tatsächlich irgendwo – man weiß nicht wo – unter uns leben. Um diesem Konzept noch einen Schuss mehr Realismus zu verleihen, füge ich manchmal in Geschichten verschiedene Elemente ein, die der Szenerie zusätzliche Authentizität verleihen: Gebäude, Verkehrsmittel, Sachen... Dann kommt es mir vor, als würden dadurch die Charaktere noch echter. Ich hoffe, dass meine Art zu versuchen, Eindrücke, Gefühle und Überraschungen zu vermitteln, beim Leser ankommt. Eine kuriose Randnotiz, die zu diesem Thema gehört: Als Junge hat es mich sehr bewegt, wenn Bilder von bekannten italienischen oder ausländischen Gebäuden, die ich von Fotos in Büchern kannte oder mit eigenen Augen gesehen hatte – der Mailänder Dom, die Lanterna in Genua... – in Disney-Geschichten auftauchten. Ich fand das aufregend, weil ich dachte, Donald, Dagobert oder Micky seien unglaublicherweise wirklich zu uns nach Italien oder in die entsprechenden anderen Länder gekommen und ich hatte sie nur nicht gesehen, weil ich in diesem Moment nicht dort gewesen war. Natürlich wusste ich, dass das nicht möglich war, aber in meinem Herzen habe ich so getan, als wäre es so.

9. Ihr Erzählstil lässt im Gegensatz zur Grafik weniger Einflüsse erkennen, er ist ziemlich einzigartig. Sie haben gelegentlich gesagt, das wichtigste Ziel Ihrer Arbeit – jeder künstlerischen Arbeit – sei es, beim Leser oder Betrachter Emotionen auszulösen...Marco Rota: Schwierig, darauf zu antworten, aber ich will mal versuchen, diesen Gedanken von mir zu erläutern. Ich denke, dass es das Ziel jeder kreativen Schöpfung – sei es nun ein Gemälde, eine Skulptur, ein Gebäude, ein Auto oder ein Paar Schuhe, und mal abgesehen vom ökonomischen Aspekt – sein sollte, beim Käufer oder Betrachter ein Gefühl hervorzurufen. Bei einer Geschichte aus Bildern ist das noch wichtiger, weil man sich eine Comic-Story, genauso wie ein Buch, nicht anziehen oder sie wie die oben genannten Objekte - ja, auch Gemälde gehören für mich zu diesen Dingen, weil sie jenseits ihrer spirituellen Botschaft eben Einrichtungsgegenstände sind - sonst irgendwie körperlich erleben, sondern sie ausschließlich geistig genießen kann. Natürlich weiß ich, dass es unmöglich ist, dieses Resultat immer zu erzielen, aber manchmal passiert es. Deshalb muss man, wenn möglich, Geschichten auf eine Weise umsetzen, die den Leser in den Erzählrhythmus der Bilder und Texte hineinzieht. Mit „Erzählrhythmus“ meine ich die Art der Darstellung der verschiedenen Sequenzen der Story und in der Konsequenz die Geschichte in ihrer Gesamtheit. Den Bildausschnitten muss eine grafische Logik gegeben werden, als würde man eine Filmkamera benutzen. Bildauswahl, Positionierung, Personenführung – alles, als würde man einen Film drehen. Es hat mir immer gefallen, Szenen zu „subjektivieren“, das heißt Personal, das „in die Kamera schaut“ einzubauen, so dass es wirkt, als würden die Charaktere „mit dem Leser sprechen“. Das alles natürlich in der Hoffnung, den Leser einzubeziehen und ihn zu einem essenziellen Teil der Sache zu machen. So wird er zum Gesprächspartner der Charaktere, die er in diesem Moment gerade betrachtet. Wenn ich über eine Geschichte nachdenke, versuche ich sie mir vorzustellen, als wäre alles echt und tatsächlich irgendwo auf der Welt passiert. Wie schon gesagt, sind die Entenhausener für mich reale Personen, die unter uns leben, und deswegen behandle ich sie auch wie menschliche Wesen. Ich weiß nicht, ob man meinen Geschichten diese Besonderheit anmerkt, aber ich hoffe es.

In einer Comic-Story gibt es, anders als im Film, keine Hintergrundmusik, die die Aktionen der Protagonisten begleitet und die Szene mit mehr oder weniger akzentuierten Tönen untermalt. Und diese Musik ist oftmals entscheidend, um die Szene ansprechender zu machen. Oft ist es das Leitmotiv der Filmmusik, das uns verschiedene Szenen des Werkes erinnern lässt. Manchmal hört man Zuschauer sagen: „Ich bin aus dem Sessel gesprungen!“, wenn ein lauter Musik- oder Soundeffekt durch den Saal dröhnt, um eine Aktion oder eine neue Szene zu unterstreichen, die sich plötzlich vor seinen Augen entfaltet. Und das, nachdem der Betrachter fast mit angehaltenem Atem die vorangegangene Szene der Annäherung an diesen Sprung verfolgt hat, vielleicht sogar begleitet von von einer beunruhigenden, aber geschickt getarnten Hintergrundmusik. Im Comic ist so etwas nicht möglich. Die Lektüre und das Betrachten der Bilder sind stille Handlungen. Deshalb muss man versuchen, dasselbe Verfahren in einer ausschließlich visuell erfahrbaren Weise einzusetzen: mit Texten, Bildern und Sound-Wörtern. Man muss über Begleitbilder zu den wichtigen Szenen übergehen, den wirkungsvollen, in den Kontext der Story hineinziehenden. Ich versuche, wenn möglich, eine „Überraschung“ oder „Wirkungstreffer-Szene“ an den Anfang der Seite nach einer gerade gelesenen zu stellen, so dass das Bild beim Umblättern urplötzlich vor dem Auge des Lesers erscheint. Um diesen Effekt zu erzielen ist es aber besser, wenn man an einer langen, breitflächigen Story arbeitet. Kurze Geschichten eignen sich weniger für diese Art zu schreiben. Natürlich können auch ein ungewöhnlicher Blickwinkel oder Licht-Schatten-Effekte beeindruckend wirken und Emotionen auslösen. Selbst ein simpler Gesichtsausdruck, scheinbar anonym, kann, wenn er richtig eingesetzt wird, diesen Effekt haben. Manchmal schafft es das Einfügen des Personals in einen „fast realen“ Kontext, oder es gibt in der Story etwas, das „irgendwas“ im Gedächtnis des Lesers auslöst: Häuser, Orte, Objekte, die vielleicht seine Erinnerung anregen. Das kann ihn für einen Augenblick zum Nachdenken darüber bringen, dass die Charaktere ja auch „fast echt“ sind.

Es ist eine ganz besondere Erfahrung, fast magisch, fesselnd, dass durch das Absurde etwas wahrscheinlich erscheint, das es gar nicht sein kann. Oft sind es einzelne Szenen oder Einzelheiten einer Geschichte, die einem die ganze Story wieder ins Gedächtnis rufen, und nicht umgekehrt. Das passiert, weil diese Elemente zweifelsfrei eine Emotion ausgelöst haben. Ich persönlich mochte nie die „absolute Fantasie“, das heißt, mir einfach Dinge
vorzustellen, die nicht mal ein kleines Band zur Realität haben. (Ich möchte da nicht missverstanden werden: Es gibt reine Fantasiegeschichten, die mir sehr gut gefallen, die ausgezeichnet und faszinierend sind, die meine Aufmerksamkeit erwecken und mich erstaunen, mich aber nicht berühren. Das ist ein anderes Gefühl.) Ein Beispiel: Wenn ich mir Donald am Dachsims eines Wolkenkratzers hängend vorstelle, denke ich an eine sehr gefährliche, dramatische Situation und versuche sie so zu durchleben, als wäre ich an seiner Stelle. Auf diese Weise hoffe ich, das gleiche Gefühl auf den Leser zu übertragen. Ich persönlich bin der Ansicht, dass es diese Szene ziemlich „banal“ und nicht „komisch“ machen würde, wenn unser Held jetzt vom Wolkenkratzer stürzen, ohne Schaden zu nehmen vom Boden abprallen, in aller Ruhe aufstehen und pfeifend davonschlendern würde. „Komik“ ist etwas anderes, die kann sich auch in einer dramatischen Situation entwickeln. Aber meine
Ausführungen werden zu lang...

Wie auch immer, der Versuch, eine Emotion auszulösen, ist immer nur eine „Hoffnung“, nie eine „Gewissheit“. Deswegen ist dieses „Endziel“ der Arbeit immer „im Aufbruch begriffen“, man weiß nie, ob es „ankommen“ wird. Ich habe nie um jeden Preis nach dem „Neuen“ um des „Neuen“ willen gesucht, aber soweit möglich immer nach „etwas“, das in mir „Emotionen“ hervorruft. Weil ich wusste, dass ich dieses „Etwas“ nur in diesem Fall nie satt bekommen würde – das ist ja im großen Zusammenhang des Lebens nicht wenig – und so geht es mir noch heute. (Tatsächlich lebe ich in einem mehr als 200 Jahre alten Haus. Es wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts gebaut, noch vor der Französischen Revolution. Ich war aufgeregt, als ich es zum ersten Mal gesehen habe, und sechs Jahre später habe ich immer noch dasselbe Gefühl...)

Lest weiter im dritten Teil des Interviews. Einfach auf "Weiter" hier unten klicken...
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Special vom: 24.10.2006
Autor dieses Specials: Michael Bregel
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Massimo Fecchi
Globulo Rosso von Massimo Fecchi
Interview mit Massimo Fecchi
Intervista a Massimo Fecchi
Giorgio Cavazzano
Interview mit Giorgio Cavazzano
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Interview mit Lorenzo Pastrovicchio auf der CA 99
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