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Comic-Besprechung - Der Abgrund des Vergessens

Geschichten:

Der Abgrund des Vergessens

Autor: Rodrigo Terrasa

Zeichner: Paco Roca

Übersetzer: André Höchemer



Story:

Paco Roca und Rodrigo Terrasa beleuchten in diesem Comic die Umstände der Massenmorde zur Zeit des faschistischen Franko-Regimes in Spanien, dem Tausende meist Unschuldige zum Opfer gefallen sind. Die zentrale Figur hierbei sind der Totengräber Leoncio Badía, selbst zum Opfer des Regimes geworden, sowie die Tochter eines Getöteten, Pepica Celia, die die Initiative zur Exhumierung eines Massengrabes startete, eines Massengrabes, in dem sie auch die Leiche ihres Vaters vermutete. Das Comic erzählt eine wahre Geschichte, zwar aus der Sicht der Autoren, doch mit Unterstützung durch Pepica Celia: wie ein Totengräber alles wagt, um den Hinterbliebenen soviel Trost wie möglich zu verschaffen, in einer Zeit, in der die Machthaber nichts mehr verhindern wollten als das.



Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:

Paco Roca hat in seinem Oeuvre bereits eine ganze Reihe von Werken versammelt, die zum einen sehr persönlich sind (wie „La Casa” oder „Der Mann im Pyjama”), gesellschaftskritisch („Kopf in den Wolken”) oder politisch („Der Winter des Zeichners”). Diesmal hat er, zusammen mit einem Co-Autor, eine Geschichte umgesetzt, die alles drei ineinander vereint: eine politische, historische Geschichte, die eine starke Gesellschaftskritik äußert im Umfeld des immer noch schwelenden Problems in Spanien, dass die Auswüchse der Herrschaft Frankos immer noch nicht bewältigt sind, und dass die Opfer des Bürgerkriegs, die auf der linken Seite des politischen Spektrums standen, immer noch totgeschwiegen werden sollen. Und das erzählt er (oder erzählen sie) auf eine sehr persönliche, intime und sehr ergreifende Weise.

Wieder einmal im Querformat, wie bereits bei „La Casa” oder „Rückkehr nach Eden” (beides bei Reprodukt erscheinen), schafft Paco Roca es, auch diesen auf den ersten Blick doch durch das Format eher eingeschränkten Raum für seine Bilder so geschickt auszunutzen, dass er detailliert und in langen Szenen erzählen kann, was sowohl den Figuren, als auch der Handlung absolut gerecht wird. Im Gegenteil kann man wahrnehmen, dass die Handlung in diesem Format sogar noch mehr wie ein Film abläuft, der sich vor den Augen des Lesers abspult: Panels, die jetzt über die gesamte Breite des Blattes reichen, haben sofort eine Panoramawirkung, quasi wie im Kino, und haben mich sofort in die Handlung hineingesogen. Ich vermute, das hätte bei einem „normalen” Format so nicht unbedingt funktioniert, deshalb finde ich es besonders gut (und interessant). Und das war zugleich wichtig, denn die eigentliche Handlung besteht eher aus einzelnen Spielszenen, die einander abwechseln: auf der einen Seite die aktuelle Exhumierung eines Massengrabes, auf der anderen Seite die historische Hintergrundgeschichte, die zu den Ereignissen führte, oftmals unterbrochen durch philosophische Betrachtungen oder Gedanken der Opfer — die ihnen natürlich an dieser Stelle in den Mund gelegt werden, es gibt ja für die meisten Situationen, die hier geschildert werden, keine Zeugen — die die Tragik der Geschichte noch verstärken.

Dies ist sicher vor allem ein Buch der Autoren für ihre spanischen Leser, vor allem für die, die sich mit der Bewältigung des spanischen Bürgerkriegs und der Franko-Diktatur beschäftigen wollen. Doch auch als deutscher Leser wird man hier viele Dinge erfahren, von denen ich nicht unbedingt sagen will, dass man sie „wissen müsste”, doch die sicherlich den Horizont erweitern, und von denen ich sagen muss, dass ich tatsächlich feststelle, dass ich vom Spanien des 20. Jahrhundert tatsächlich herzlich wenig weiß. Zu sagen, dass man von diesem Buch „gut unterhalten” wurde, ist natürlich bei so einem ernsten und tragischen Thema ein bisschen heikel, trotzdem ist es so, denn einerseits verstehen es die Autoren, die Geschichte durchaus mit einer gewissen Spannung zu erzählen, während sie andererseits nicht den erhobenen moralischen Zeigefinger zeigen, der deutschen Produktionen oftmals anhaftet. Die Autoren erzählen hier aber trotzdem nicht mit „Leichtigkeit”, wie es bei französischen Titeln oft der Fall ist, doch sie lassen dem Leser die Freiheit, einfach selber nachzudenken und mitzufühlen, ohne gezwungen zu werden. Dieser Tenor zieht sich durch das gesamte Buch und hat mir sehr gefallen.

Am Ende des Buches ist noch ein informativer Dokumentarteil angefügt, der dieses wirklich gelungene Buch perfekt abrundet.



Fazit:

Eine mitreissende Geschichte über die politischen Morde des Franko-Regimes kurz nach dem Ende des Bürgerkriegs, erzählt aus der Sicht eines Totengräbers von damals einerseits, und der Tochter eines Opfers andererseits, die eine späte Exhumierung begleitet. In einem hierzu passenden Querformat wird diese Erzählung geradezu zu einem Film, was dieses Buch schon rein formal zu einem Erlebnis macht. Sehr zu empfehlen, auch wenn man über Spanien bisher nicht viel wusste.



Der Abgrund des Vergessens - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Der Abgrund des Vergessens

Autor der Besprechung:
Uwe Roth

Verlag:
Reprodukt

Preis:
€ 34,00

ISBN 10:
3956404645

ISBN 13:
978-3956404641

304 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Eine interessante Schilderung der Franko-Gräuel in Spanien.
  • Gelungen erzählt im Querformat.
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(2 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 14.07.2025
Kategorie: Alben
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