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Comic-Besprechung - Joe’s Bar

Geschichten:

Joe’s Bar

1.) Pepe, der Architekt

2.) Der sympathische Mister Wilcox

3.) Geschichte vom Rost

4.) Ella

5.) Die fünfte Geschichte

6.) Schulfreunde

7.) Stevensons Spuren

8.) Tenochtitlan

9.) Kritzeleien

10.) Die Bar

In den Bars

11.) Eine Frage der Ökonomie

12.) Chez Jeanette

13.) Vier Rentner und ein Café

14.) Niemand

15.) Verstrahlt

Autor: Carlos Sampayo

Zeichner: José Muñoz

Übersetzerin: Myriam Alfano



Story:

Dieser Sammelband vereinigt fünfzehn Geschichten über Underdogs, illegale Einwanderer, falsch verstandene Künstler, Auftragskiller, Menschen ohne Identität, Todgeweihte, Angeber oder auch ganz einfache Menschen, die alle eines gemeinsam haben: Dreh- und Angelpunkt der Geschichten ist auf die eine oder andere Weise „Joe’s Bar” in New York oder im zweiten Teil des Buches irgendeine Bar auf der Welt. Dieser Klassiker der beiden argentinischen Autoren liegt hiermit erstmal komplett auf deutsch und in einem Band vor.



Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:

Es ist ein wirklich dickes Buch, dass man mit „Joe’s Bar” in der Hand hält, doch verglichen mit seinem Vorgänger „Alack Sinner” wirkt es eher wie sein kleiner Bruder. Neben dem Brachialband um den launischen Privatdetektiv und Ex-Cop Sinner wirken die gut dreihundert Seiten dieses Buchs schon fast bescheiden. Doch sie haben es in sich, es ist ein durchaus wüster Ritt der merkwürdigsten Charaktere durch überraschende und abwechslungsreiche Plots, die mit ebenso wüsten und wilden Zeichnungen erzählt werden.

Die Idee zu dieser Serie entstand offensichtlich, als die Autoren für eine Zeit lang aufgrund von Lizenzstreitigkeiten ihre Hauptserie „Alack Sinner” unterbrechen mussten. „Joe’s Bar” war die Lösung, und Sinner hat tatsächlich ein paar Cameo-Auftritte im neuen Format. Die Geschichten haben allerdings ansonsten keinerlei „Hauptfigur”, können unabhängig voneinander gelesen werden, und sind eher lose mit der titelgebenden Bar verknüpft. Auch findet höchstens die Hälfte der Handlung wirklich innerhalb der Bar statt. Was auch schon die Edition Moderne erkannt zu haben schien, als sie 1983 eine erste, sehr bescheidene Sammlung mit nur drei Geschichten aus dem vorliegenden Band veröffentlichte. Damals hatte man die hier enthaltenen Geschichten 1, 2 und 8 ausgewählt, warum auch immer. Doch diesmal ist alles komplett enthalten, und in chronologischer Reihenfolge. Dabei haben die Autoren auch bei „Joe’s Bar” wieder eine künstlerische Pause eingelegt. Nach den ersten zehn Geschichten war erstmal Schluss, und ab den 2000er Jahren wurden nochmals fünf weitere Storys nachgeschoben. Die folgen dem Slogan „In den Bars”, denn das Konzept wurde leicht verändert, und jetzt in vier unterschiedliche Weltmetropolen und einen Ozeandampfer verlegt. Doch auch das funktioniert genauso gut wie zuvor, und: Leben heißt Veränderung, sagt man ja.

Wenn ich die Zeichnungen zuvor als wild und wüst beschrieben habe, liegt es daran, dass man sich in den Stil von José Muñoz tatsächlich erst einlesen muss. Seine Bilder sind eine Mischung aus auf den ersten Blick ein wenig krakelig wirkenden Porträts, gemischt mit Schattenwürfen à la Hugo Pratt und einer absoluten Fülle an Hintergrunddetails und Figuren, die absolut nichts mit der Handlung direkt zu tun haben — und doch irgendwie gut zur Atmosphäre passen. Denn die Autoren versuchen durchwegs, die Stimmung in einer Bar einzufangen: die vielen fremden Menschen, die einander oft gegenseitig auch nicht kennen, das Stimmengewirr, gemischt mit Livemusik — aber auch die Gedanken und Gefühle der Umstehenden, die zwar zu ihnen passen, aber eher von der Handlung ablenken, als sie zu fördern, denn sie haben mit der Geschichte nichts zu tun. So werden viele Panels zu einem wahren Wimmelbild, einem Gewusel an Formen, durch das man erstmal hindurchfinden muss. Der Höhepunkt dieser zeichnerischen Entwicklung ist sicherlich die zehnte Geschichte, die wirklich wirr ausgefallen ist. Nach der Kunstpause hat sich José Muñoz allerdings auch inhaltlich wieder gefangen, und es geht eher im alten Stil weiter. Für mich bedeutete dass ein Aufatmen, denn Nummer zehn war für mich ein bisschen zu expressionistisch geworden, ehrlich gesagt. Aber ein Ausfall bei fünfzehn Geschichten sei erlaubt. Die Autoren haben sich bei den Plots offensichtlich auch stark von eigenen Erlebnissen und autobiografischen Details lenken lassen, was nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck kommt, das José Muñoz sie beide des öfteren als Hintergrundfiguren in die Panels einbaut. So wie man zu seinem „krakeligen” Stil, wie ich oben schrieb, noch ergänzen muss, dass die Figuren aber immer von Panel zu Panel erkennbar bleiben, das hat Muñoz im Griff, und er zeigt damit, dass dies nicht Ausdruck von Unvermögen ist, sondern gewollt. Es ist sein Stil, punktum.

Dass diese Erzählweise, zumindest bei einem europäischen Publikum, damals bei Ersterscheinen eine Sensation war, mag ich gerne glauben. Mit Formen, Darstellungs- und Erzählweisen zu experimentieren war neu, das ist unbestritten. Man kann das Buch auch mit zeitgenössischen Innovatoren der beiden Autoren, diesmal aus der franko-belgischen Comicszene vergleichen, wie Moebius, Pichard, Gotlib oder Druillet, ohne dass ich damit sagen will, dass sich ihre Stile damit irgendwie überschneiden würden. Doch die Intention war dieselbe: neues zu schaffen, das Publikum in Erstaunen zu versetzen, und ganz allgemein: neue Wege zu gehen. Und das ist mit „Joe’s Bar” auf jeden Fall gelungen, weshalb sich ein Blick in diesen Klassiker auf jeden Fall lohnt.



Fazit:

Eine gelungene Gesamtausgabe dieses Klassikers der beiden argentinischen Comicgrößen, die bereits mit der Vorgängerserie „Alack Sinner” bekannt geworden waren. Ein fulminanter Band, der mit einem interessanten und informativen Dossier abschließt und eine Menge Lesestoff enthält. Gehört als Klassiker in jedes wohl geordnete Comicregal.



Joe’s Bar - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Joe’s Bar

Autor der Besprechung:
Uwe Roth

Verlag:
Avant Verlag

Preis:
€ 40,00

ISBN 10:
3964451347

ISBN 13:
978-3964451347

336 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Tolle und wertige Gesamtausgabe dieses Klassikers.
  • Gehört in jede wohl geordnete Sammlung.
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
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Rezension vom: 08.07.2025
Kategorie: Alben
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