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Comic-Besprechung - Der Herr der Fliegen
Geschichten:Der Herr der Fliegen
Autorin: Aimée de Jongh (nach William Golding)
Zeichnerin: Aimée de Jongh
Übersetzer: Tanja Krämling
Story:
Im zweiten Weltkrieg stürzt ein Flugzeug voller britischer Schüler über einer einsamen Insel ab. Keiner der Erwachsenen überlebt die Katastrophe, und die rund zwei Dutzend Kinder unterschiedlichen Alters sind plötzlich ganz auf sich allein gestellt. Nach anfänglichen Versuchen, eine Ordnung zu etablieren um das Überleben zu sichern, bricht die Gemeinschaft alsbald zusammen und es kommt zu offenen Kämpfen um die Macht und die Ressourcen.
Meinung:
Pünktlich zum siebzigsten Jahrestags des Erscheinens des inzwischen sicher wohlbekannten Romans aus der Feder von William Golding hat die niederländische Künstlerin Aimée de Jongh die Chance ergriffen, das Werk als Comic umzusetzen. Während es ja bereits mehrere Verfilmungen des Stoffes gibt, und die Geschichte sicher auch eine Inspiration für Fernsehserien wie „Lost” gewesen sein wird, ist die Umsetzung als Graphic Novel (seufz) tatsächlich ein Novum. Seinerseits vermutlich durchaus inspiriert von dem noch älteren Klassiker „Robinson Crusoe” von Daniel Defoe, der allerdings eher die psychologischen und menschlichen Auswirkungen auf einen einzelnen Schiffbrüchigen zum Thema hat, widmet sich Golding in seinem Buch mehr der Gruppendynamik, der Wirkung sogenannter Alpha-Männchen unter den Gestrandeten (es sind tatsächlich nur Jungen) und dem rapiden Zerfall jeglicher Moral, Ethik und Zivilisation innerhalb einer geschlossenen Gruppe, die unter permanentem Stress steht und daran im Grunde zerbricht. Von der Geschichte möchte ich nicht mehr spoilern, doch da sie vermutlich allgemein bekannt ist, kennt man allerdings sowieso bereits die Handlung des vorliegenden Buches. Wichtiger ist hier deshalb die Umsetzung der Vorlage in Bilder.
Ähnlich wie in „Tage des Sandes” (ebenfalls bei Splitter erschienen) zeichnet de Jongh hier in einem realistischen Stil, der jedoch mit leichten Semi-Funny Elementen vermischt ist. Dadurch erhalten die Szenen eine gewisse Leichtigkeit, die jedoch, aus meiner Sicht, manchen gruseligen und brutalen Szenen ein bisschen zu sehr den Biss nehmen. Vielleicht habe ich das Buch aber auch gruseliger in Erinnerung, als es tatsächlich ist, zugegeben: als klassischer Schullektüre ist es bei mir schon eine geraume Weile her, seit ich das Original gelesen habe. Der Hinweis de Jonghs im Nachwort, die Texte des Comics selbst seien dem englischen Original entnommen, kann ich somit auch nicht kommentieren, ich lasse das mal so stehen. Tatsächlich gibt es von diesem Comic neben der niederländischen Ausgabe auch eine englische von Faber & Faber, aus der dann auch die vorliegende Übersetzung ins Deutsche stammt.
Doch zurück zu den Zeichnungen: ich finde sie insgesamt sehr gelungen. Mimik und Gestik der Figuren sind einfach klasse eingefangen, gerade bei den beiden Kontrahenten, dem intelligenten und ruhigen Ralph und seinem Gegenspieler, dem Egomanen Jack, der im Grunde dafür sorgt, dass das Idyll den Bach hinunter geht. Auch die physische Veränderung der Jungen im Laufe der Zeit, durch den allgemeinen Verfall einerseits, aber auch aufgrund der geistigen Veränderung, die sie durchlaufen, sind sehr gut eingefangen. Daneben nutzt de Jongh die Chance, die einzelnen Szenen in den unterschiedlichsten Settings stattfinden zu lassen, die sie allesamt zeichnerisch absolut beherrscht, seien es Szenen am Strand, im Wasser, im Dschungel oder auf einem Berg — sie führt uns zeichnerisch durch die Handlung, wie man es sich nur wünschen kann: mit sicherem Strich, den richtigen Perspektiven und allen notwendigen Details, sodass nichts verloren geht. Zusätzlich arbeitet sie des öfteren mit ganzseitigen Panels, die ungemein gut zur Atmosphäre des Buches beitragen.
In meinen Augen ist dies eine absolut gelungene Umsetzung als Comic, die ich zur eigenen Lektüre nur empfehlen kann. Vielleicht ja alternativ auch mal im Schulunterricht? Wäre doch eine gute Chance, den Nachwuchs einmal mit Comics im franko-belgischen Stil bekannt zu machen.
Von diesem Buch hat der Splitter-Verlag übrigens auch eine limitierte Vorzugsausgabe mit Variantcover, signiertem Kunstdruck und Bonusseiten herausgegeben.
Fazit:
Eine gelungene Umsetzung des inzwischen siebzig Jahre alten Klassikers von William Golding als Comic. Mit Passagen aus dem Originalskript getextet, hält Aimée de Jongh sich hier eng an die Vorlage und liefert eine szenisch dichte und zeichnerisch starke und sichere Version dieses zeitlosen Stoffes, die einfach nur Spass macht. Sehr zu empfehlen.
Der Herr der Fliegen
Autor der Besprechung:
Uwe Roth
Verlag:
Splitter Verlag
Preis:
€ 35,00
ISBN 10:
3987214295
ISBN 13:
978-3987214295
352 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser
- Inhaltlich eng am Original.
- Starke Zeichnungen.
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
(12 Stimmen) | ||
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Rezension vom: | 17.12.2024 | ||||||
Kategorie: | Alben | ||||||
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