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Comic-Besprechung - Der Schleuser
Geschichten:Der Schleuser
Autor: Christophe Dabitch
Zeichner: Piero Macola
Übersetzer: Resel Rebiersch
Story:
Der junge Paolo Vaccari sucht zusammen mit seinem besten Freund Ahmad in den Buchten rund um Venedig nach seinem verschwundenen Vater, Gabriel, der eigentlich nur für ein paar Tage zum Fischen rausfahren wollte. Für Paolo wird dies zu einer Reise ins Erwachsenwerden, denn er muss erkennen, dass Vieles nicht so war, wie er es bisher wahrgenommen hatte, und er muss sich entscheiden, wie sein Weg in die Zukunft aussehen soll.
Meinung:
Diese Graphic Novel des Franzosen Christophe Dabitch und des Italieners Piero Macola spielt in Venedig — doch nicht in der Serenissima der Touristen, sondern in den Bezirken der Underdogs und Ausgestoßenen, der Fischer und Aussteiger, all jener, die nicht vom Tourismus leben und profitieren oder profitieren können und sich mit einem Leben in einfachsten, wenn nicht gar primitiven Verhältnissen zurechtfinden müssen. Während der Rest von der Mafia kontrolliert wird. Damit schwimmen die Autoren absolut nicht im Mainstream der Darstellungen dieser angesehenen Stadt, sind jedoch auch nicht allein, wie die Werke von zum Beispiel Bacilieri oder Macan/Zezelj beweisen. Für Dabitch und Macola ist Venedig eine Stadt ohne Zukunft, das Leben der Einwohner spielt sich hauptsächlich in der Lagune selbst ab (tatsächlich soll die Stadt ja weitgehend unbewohnt sein, wie ich gehört habe, von den Tourismusbetrieben abgesehen), und entsprechend trostlos sind auch die Bilder, die Macola verwendet. Dazu passt die Jahreszeit, in der die Geschichte spielt: im Winter, alles grau, nebelverhangen, nichts blüht, alles ist trostlos. Doch das Buch zieht den Leser keineswegs runter, denn die Erzählung nimmt langsam ihren Verlauf, wir lernen gemeinsam mit der Hauptfigur Paolo die Zusammenhänge zu verstehen, und können zusammen mit ihm einen Widerstand gegen diese unerträgliche Situation aufbauen, die dann für Paolo tatsächlich zur Befreiung führt: er kämpft gegen das scheinbar Unvermeidliche an und bestimmt sein Schicksal selbst, sucht sich eine bessere Zukunft aus, als die, die andere für ihn vorbestimmt hatten. Das stimmt am Ende versöhnlich; man wird die Traurigkeit nicht vergessen, die die ganze Zeit über der Story hing, und doch wird man dieses Buch in guter Erinnerung behalten.
Die Zeichnungen Macolas sind ruhig und unaufgeregt, er nimmt sich Zeit, um die Situationen und Stimmungen einzufangen, und koloriert das Ganze in einer Aquarelltechnik, die, wenn man es genau betrachtet, durchaus als abwechslungsreich und beinahe „farbenfroh” bezeichnet werden kann. Doch auf den einzelnen Seiten überwiegen dann oft die Grautöne und bestimmen das Szenario und die Grundstimmung: der Winter in der Lagune, grauer Himmel, graublaues Wasser, meist dunkle Kleidung. Die Bildaufteilung besteht in der Regel aus drei Panelreihen mit zwei Panels (mit einigen aber wenigen Ausnahmen), was ein stetes aber ruhiges Tempo für die Handlung erzeugt und die Erzählung von Christophe Dabitch perfekt ergänzt. Die Darstellung der Figuren und die Zeichnungen allgemein erinnern mich ein wenig an Macolas Landsmann Gipi („Besondere Momente mit falschem Applaus”) oder an den Franzosen Nicolas de Crécy („Visa Transit”).
Die Autoren sind in Deutschland bisher noch nicht in Erscheinung getreten, doch ich hoffe, bald einmal mehr von ihnen lesen zu können.
Fazit:
Eine Geschichte aus dem Venedig der Underdogs und Ausgestoßenen, in einer Welt abseits des Tourismus, in der die organisierte Kriminalität die einzige Alternative zu sein scheint, wenn man überleben will. Insgesamt ein gelungenes Buch, ein bisschen traurig, aber auch voller Hoffnung. Mit stimmungsvollen Zeichnungen in Aquarellkolorierung, die den Winter und die Trostlosigkeit, in der die Hauptdarsteller leben, perfekt widerspiegelt. Sehr zu empfehlen.
Der Schleuser
Autor der Besprechung:
Uwe Roth
Verlag:
Schreiber und Leser
Preis:
€ 29,80
ISBN 10:
3965821644
ISBN 13:
978-3965821644
224 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser
- Ein ungewöhnliches Setting im Venedig der Underdogs.
- Mit stimmungsvollen Bildern in Aquarellkolorierung.
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
(16 Stimmen) | ||
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Rezension vom: | 16.08.2024 | ||||||
Kategorie: | Alben | ||||||
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