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Comic-Besprechung - 303 (Softcover)

Geschichten:

303 (Softcover)

Autor: Garth Ennis

Zeichner: Jacen Burrows

Kolorierung: Greg Waller & Andrew Dalhouse

Übersetzer: Jens R. Nielsen

Lettering: Josch



Story:

In Afghanistan stürzt im Jahr 2001 ein amerikanisches Transportflugzeug ab, das möglicherweise eine für manche Kreise (oder Staaten) interessante Ladung gehabt haben könnte. Ein russisches Kommando unter Leitung eines namenlosen und kriegserfahrenen Oberst macht sich auf den Weg, um das Wrack zu untersuchen. Dabei kämpfen sie gegen die Zeit, denn nicht nur sind auch die in diesem Gebiet stationierten Briten und die dort lebenden Taliban auf die Situation aufmerksam geworden — auch die Amerikaner selbst suchen nach dem Wrack, und es ist zu befürchten, dass sie zum Äußersten greifen werden, um den Inhalt sicher zu stellen…



Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:

In 303 zieht ein verbitterter Held durch die Welt, um stoisch seinen Befehlen zu folgen und seine Aufgaben auszuführen, komme, was da wolle. Das erinnert mich stark an die Kinofilme der 80er und 90er Jahre, mit Helden wie Casey Ryback (Alarmstufe Rot), John Rambo oder John McLane (Stirb langsam). 

Und genau wie dort explodiert alles um ihn herum, die Menschen sterben wie die Fliegen — nur er kommt durch. Dies wird hier, wie auch in den zitierten Filmen, so grade am Rande der Glaubwürdigkeit erzählt, doch dient es der Fortführung der Handlung und dem Vorankommen der Erzählung, und man kann sich als Leser recht gut damit arrangieren, wenn man diese Art von Inhalt mag. Es wird auf jeden Fall mit Spannung erzählt.

Geschildert wird eine Geschichte in zwei Teilen aus der Sicht des Oberst, der vor allem am Anfang und am Ende des ersten Kapitels die Situation kommentiert, indem er über den Zustand der Welt allgemein und über die vergangenen Kriege im speziellen philosophiert, was jedoch nicht ansatzweise so vordergründig tiefgründig ist wie beispielsweise in der Serie „Der Killer” von Jacamon und Matz, da Garth Ennis mit kurzen Anspielungen und Zitaten spielt, die dem flüchtigen und unkundigen Leser durchaus entgehen könnten. Während er das offensichtlich im Original durchaus in Kauf nimmt, hat Jens R. Nielsen wieder sehr umfangreiche Anmerkungen an das Ende des Buches gesetzt, in denen uns wohl wirklich sämtliche historischen und waffentechnischen Zusammenhänge in den angesprochenen Zitaten erläutert werden. Das ist löblich und tatsächlich äußerst informativ — wirkt aber auch ein bisschen wie ein Overkill, denn es scheint mir, dass in den Anmerkungen mehr Text steckt als im ganzen Buch sonst. Das ist im Prinzip ja nichts Schlechtes, im Gegenteil, man lernt nie aus, wie es heißt. Doch zum tieferen Verständnis der Handlung und der handelnden Person trägt es nicht wesentlich bei — der Oberst wirkt einerseits unergründlich, was seine genaue Motivation betrifft (man erfährt nicht mal seinen Namen, was dramaturgisch interessant ist, aber jegliche Identifikation mit der Figur erschwert), während er andererseits herrlich stoisch und konsequent bleibt in seinem Blutrausch. Nach einer (für mich) überraschenden Wende am Ende des ersten Teils kommt im konsequent notwendigen zweiten Teil ein Gegenspieler hinzu, der zwar selbst nur stereotyp charakterisiert wird, doch man hat trotzdem das Gefühl, ihn besser zu verstehen als den Oberst. Der „ultimative” Racheakt am Ende des Buches, dessen Handlungsort in diesem zweiten Teil in die USA verlegt ist, ist dann auch stark überzogen und wird arg pathetisch aufgelöst — da merkt man schon , dass der in Irland gebürtige Ennis inzwischen eingebürgerter US-Bürger ist und in diesem Stil schreibt. Umso überraschender, dass im ganzen Buch ein ungewöhnlich starker und auch scharf formulierter Antiamerikanismus verarbeitet wird, den ich in einer amerikanischen Veröffentlichung (das Original erschien bereits 2007 bei Avatar Press) nicht erwartet hätte. Ennis schildert im ersten Teil die US-Kriegseinsätze als durchweg kriminell und unmenschlich, und im zweiten Teil kritisiert er in aller Schärfe die Machenschaften einer großen Fastfood-Kette. So etwas kennt man zwar durchaus von Autoren und Filmemachern in den USA, wie dem hier auch zitierten Michael Moore (Fahrenheit 11/9 und Fahrenheit 9/11) oder von Morgan Spurlock (Super Size Me) — trotzdem ist eine so deutliche Kritik immer noch eher selten (zumindest in meiner Wahrnehmung). Umso erstaunter bin ich hier.

Die Zeichnungen von Jacen Burrows sind in einem realitätsnahen Stil gehalten, wie man ihn aus seinen anderen Werken wie „Narben” (Dantes Verlag) oder „Providence” (noch nicht auf deutsch erschienen) kennt. Doch gerade diese Realitätstreue und der dargestellte Detailreichtum rücken dieses Buch, in Verbindung mit dem erzählten Inhalt, stark an die Grenze zur Gewaltverherrlichung — zu Recht wird der Band erst ab 18 empfohlen! Die im Original sechsteilige Serie wird hier in einem Band im US-Format veröffentlicht, neben dem angesprochenen, sehr ausführlichen Anhang gibt es noch eine Galerie mit den Einzelcovern. Außer der Normalausgabe als Paperback ist auch eine limitierte Hardcoverausgabe erhältlich.

Bei mir bleibt nach der Lektüre ein etwas zwiespältiger Eindruck zurück. Einerseits fühle ich mich durchaus gut unterhalten, die dargestellte Gewalt schreckt mich nicht ab, und der Lesespaß war sehr kurzweilig. Anders als ein Leser auf Amazon finde ich auch nicht, dass das Buch zu kurz sei — es passt genau, mehr Seiten gab der Stoff nicht her, und das ist auch gut so. Die Welt braucht auch kleine Geschichten, nicht nur diese unendlichen Serien, die sich dann gerne mal verfransen. Und doch bleibt die Motivation hinter der Hauptfigur allzu blass — obwohl der Oberst so „stark” auftritt, ist seine Charakterisierung eher „schwach”.



Fazit:

Eine unterhaltsame Abenteuer-, Kriegs- und Rachestory, deren handelnde Personen leider etwas blass bleiben. Mit einer überraschenden Wende in der Mitte des Buches und einem sehr überzogenen Ende — aber alles in allem lesenswert.



303 (Softcover) - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

303 (Softcover)

Autor der Besprechung:
Uwe Roth

Verlag:
Dantes Verlag

Preis:
€ 19,00

ISBN 10:
3946952801

ISBN 13:
978-3946952800

148 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Unterhaltsame Story.
  • Realistische Zeichnungen.
  • Ausführlicher Anhang mit Anmerkungen.
Negativ aufgefallen
  • An der Grenze zur Gewaltverherrlichung.
  • Etwas blasse Charaktere.
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
Bewertung
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Rezension vom: 15.02.2023
Kategorie: Alben
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