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Comic-Besprechung - Im Spiegelsaal
Geschichten:Im Spiegelsaal
Autor / Zeichner / Colorist: Liv Strömquist
Story:
In der Moderne wird man von Bildern regelrecht bombardiert. Überall wird man mit ihnen kofrontiert, teilt sein Leben anhand von Bildern anderen in den sozialen Medien mit und vergleicht sich und andere anhand von Bildern. Was macht dieser ewige Vergleich mit den Menschen, wie ändert sich das Selbstbild und wie werden Schönheitsideale dadurch geschaffen? Das sind nur einige der Fragen derer in diesem Sachcomic nachgegangen wird.

Im Grunde würde es schon reichen wenn man sagt das Im Spiegelsaal die neue Graphic Novel von der schwedischen Comiczeichnerin Liv Strömquist ist, um Interessierte in die Läden zu treiben. Schließlich zählen Strömquists Bücher mittlerweile zu den erfolgreichsten Graphic Novels was die Verkaufszahlen betrifft. Angesichts der Qualität erstaunt das nur bedingt, sondern ist auch in gewisser Hinsicht doch wieder erstaunlich. Denn es werden hier schließlich keine fiktionalen Geschichten erzählt, sondern es sind philosophisch zeitkritische Werke die aus einer feministischen und kapitalismuskritischen Perspektive die Themen behandeln. Also eigentlich nichts dem man ein breites Publikum zugetraut hätte. Umso mehr freut einen der Erfolg.
In gewohnt naiv gehaltenem Zeichenstil und dem damit verbundenen ironischen Ton liefert die Autorin wieder einen philosophischen Sachcomic mit Im Spiegelsaal ab. Diesmal besteht das Buch aus fünf Essays die zwar für sich stehen, aber dennoch einem einzigen Oberthema untergeordnet sind, so dass die Ausgabe nicht in seine Teile zerfällt. Dabei ist der Titel äußerst passend, denn es geht um die Bilderflut der Moderne und vor allem wie sich das Selbstbild im ewigen Vergleich mit anderen entwickelt, verschlechtert oder überhaupt prägen lässt. Dazu gehören auch die historisch wechselnden Schönheitsideale, die Empfindung der Vergänglichkeit und wie in einer kapitalistischen Wirtschaftsform auch Sex als Ware angesehen wird und wie das wieder das Körperbild beeinflusst. Vor allem aber ist es auch die Änderung des Blicks. Was die Fotografie nicht nur mit dem fotografierten Subjekt und Objekt macht, sondern auch mit der Person die fotografiert. Es ist als eine Ideensammlung zu sehen. Für eine streng wissenschaftliche Arbeit kommen zu wenig andere Perspektiven vor. Strömquist nimmt meist zwei andere Autoren an deren Thesen sie sich ironisch abarbeitet und letztlich ironisch kommentiert. Zudem muss man Einschränkungen vornehmen. Es herrscht eine westliche Perspektive vor und lässt außer Acht das etwa in Japan gänzlich andere Schönheitsideale existierten (etwa die Blässe der Frauen) und in Ländern südlich des Äquators wohl alle Thesen hinfällig werden weil allein schon die technischen Mittel nicht in dem Maße vorhanden sind wie in westlichen Ländern. Auch scheinen Jüngere souveräner mit dem Fotografieren und Fotografiert werden umzugehen da sie daran schon sozialisiert sind. Ob sie dann unbemerkt ein Opfer bestimmter Zwänge werden wie hier behauptet bleibt offen, da hier nicht beantwortet werden kann inwieweit sich die Jugend dessen bewusst ist. Zudem kann man sich ja auch bewusst verweigern und etwa soziale Netzwerke meiden. Auch ist es fraglich Bildern eine solche Macht zuzugestehen, da dann eine einseitige Wirkungsmacht angenommen wird die wissenschaftlich schon längst widerlegt ist.
Aber wie schon an den kritischen Einwürfen zu bemerken ist: das Buch regt zum Nachdenken an. Man hinterfragt sich selbst, die Menschen aus der Umgebung, Büro, Familie und Freundeskreis und sucht nach Anhaltspunkten im eigenen Leben bezüglich der geschilderten Thesen. Insoweit hat das Buch also vollkommen seinen Zweck erfüllt. Man hinterfragt, übt Kritik und auch ein Widerspruch setzt eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt voraus. Zudem gibt es interessante historische Ausflüge und die feministisch kapitalismuskritische Perspektive gibt zwar den Rahmen vor innerhalb dessen argumentiert wird, führt aber auch zu Aspekten die einem vielleicht noch nicht in den Sinn gekommen sind. Auf jeden Fall hat Strömquist wieder ein sehr lohnenswertes Buch vorgelegt, das einem noch nachhängt und das man immer wieder zur kritischen (Selbst-)Reflektion zur Hand nehmen kann. Auch für einen geistigen Spiegelsaal.
Fazit:
Wieder ein gelungener Band von Strömquist der zum kritischen Nachdenken anregt. Nicht nur über den Band, sondern auch über sich selbst und die Gesellschaft. Anregend und intelligent.

Im Spiegelsaal
Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann
Verlag:
Avant Verlag
Preis:
€ 20,00
ISBN 10:
3964450626
ISBN 13:
‎ 978-3964450623
168 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

- Intellektuell anregend
- historische Ausflüge
- Kritik und Ironie

- westliche Perspektive
- wenig gegensätzliche Thesen

Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
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Rezension vom: | 08.01.2022 | ||||||
Kategorie: | Independent | ||||||
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