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Comic-Besprechung - Ich habe Wale gesehen
Geschichten:Ich habe Wale gesehen. Eine Freundschaft im Baskenland
Zeichner / Autor / Colorist: Javier De Isusi
Story:
Baskenland der 1980er Jahre. Das Land wird von den Terroranschlägen der ETA in Angst und Schrecken versetzt. Die beiden Freunde Josu und Anton werden von den Ereignissen auseinandergerissen. Antons Vater wird von einem ETA-Mitglied ermordet und geht in ein Priesterseminar während Josu sich der Bewegung anschliesst. Jahre später werden beide noch von ihren Erinnerungen geplagt und suchen nach einem Weg Frieden zu finden.

Der Titel der Graphic Novel Ich habe Wale gesehen ist etwas nichtssagend. Oder bezieht er sich auf das offensichtliche, nämlich eben auf das, was der Titel aussagt? Handelt es sich hier um eine Variation des Romans Der alte Mann und das Meer von Ernest Hemingway? Gut, die Erzählung spielt in Spanien, also einem Land zu dem Hemingway Zeit seines Lebens eine besondere Beziehung hatte. Aber ansonsten hat die Graphic Novel nichts mit dem großartigen Nobelpreisträger zu tun, sondern ist höchst aktuell und bezieht sich auf die heutige Situation im Baskenland.
Es geht um zwei Jungen deren Freundschaft an unterschiedlichen Mentalitäten und an der Politik zerbrechen wird. Der eine wird Priester und der andere Terrorist bei der ETA. Beide treibt an, dass sie an etwas Höheres glauben wollen und einem Ideal als Lebensziel folgen möchten. Der Vater des künftigen Priesters wird von der ETA ermordet und alles Folgende behandelt das Kernthema des Verzeihens. Das setzt aber Verstehen voraus. Zunächst einmal das Verstehen um das eigene Selbst. So bekommen beide Hauptfiguren einen Spiegel vorgesetzt, der sie zwingt vor sich selbst und vor ihrem Leben Stellung zu beziehen. Der Priester folgt doktrinär seiner Kirche und leistet Gehorsam. Wobei er damit beinahe seine Familie zerstört und sich von denjenigen entfernt denen er eigentlich aufgrund seines Berufes nahe sein müsste.
Der andere sitzt im Gefängnis und lernt dort einen Auftragsmörder kennen, der für die Gegenseite gearbeitet hatte und seine Taten wirklich bereut. Er nähert sich dem Feind an und erkennt die Seelenverwandtschaft. Die innere Klarheit macht sie bereit für Veränderungen. Doch können diese vollzogen werden?
In der zweiten Hälfte des Buches wird dann der Titel erklärt. Als die beiden Hauptfiguren noch Freunde waren, befanden sie sich rudernd auf dem Meer. Der eine sieht Wale, der andere nicht, der daraufhin seinem Freund Wahnvorstellungen unterstellt. Der Titel bezieht sich also darauf, dass zwei Leute dieselbe Situation anders sehen können und wie dadurch das Leben aufeinander driftet.
Perspektivübernahme ist hier das Schlüsselwort und wenn man diese verfolgt kann das auch zu Frieden führen. Wenn man erst einmal die Sichtweise des anderen kennt und wie dieser eine Situation wahrnimmt und interpretiert, ist Verständigung möglich, welche die Spirale der Gewalt durchbrechen kann. Allerdings ist der Autor nicht naiv genug, das für das Allheilmittel zu nehmen, denn gerade dieser Aspekt kann nur bei den einzelnen begonnen werden und erfordert großen Mut und Kraft. Das Kernthema Vergebung ist dabei sehr sensibel erzählt und vermeidet Klischees. Insbesondere das offene Ende regt sehr zum Nachdenken an und es erfordert die Fantasie des Lesers wie es wohl ausgehen mag. Einziges Manko dieser schönen und intelligenten Graphic Novel deren Thema zeitlos ist und damit so aktuell wie selten, ist das etwas plakative Ende, welches nach dem eigentlichen Finale kommt. Hier wurde ein Gedicht illustriert, welche die ganze Aussage noch einmal zusammenfasst und einen erzählerisch pädagogischen Duktus in Kauf nimmt sowie einen stilistischen Bruch und damit wie ein Fremdkörper wirkt.
Fazit:
Ein wunderbares Buch über Freundschaft und Verzeihen. Sensibel erzählt, erschafft die Dramatik eine hohe Spannung. Nur das "Nachwort" wirkt wie ein Fremdkörper und stört den Gesamteindruck.

Ich habe Wale gesehen
Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann
Verlag:
Edition Moderne
Preis:
€ 29
ISBN 10:
3037311606
ISBN 13:
978-3037311608
176 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

- sensibel erzählt
- Erläuterung der Perspektivübernahme
- dramatisch und spannend

- fremd wirkendes und naives Nachwort

Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
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Rezension vom: | 13.05.2017 | ||||||
Kategorie: | Alben | ||||||
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