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Comic-Besprechung - Mister George 1

Geschichten:
Selby
Text: Serge Le Tendre, Rodolphe Zeichnungen: Hugues Labiano 


Story:
Der Automechaniker George Price lebt in einer kleinen Stadt, irgendwo in den Vereinigten Staaten. Seine Firma läuft gut, er ist mit einer attraktiven und führsorglichen Frau verheiratet. Jeder kennt und schätzt ihn. Aber kennt sich George Price auch selber? Genau hier beginnt sein Problem, denn eine erst kürzlich durchgeführte Operation an seinem Gehirn führt dazu, dass sich der Mechaniker an kein Detail seines Lebens vor dem Eingriff erinnert. So besteht seine kleine Welt nur aus Tracy, seiner Frau, Walt, seinem Nachbarn, Arzt und Schwiegervater und kleinen Merkwürdigkeiten, wie beispielsweise der Suche nach einer Packung Zigaretten, obwohl er doch nie geraucht hat, oder? Seine Leben wäre vermutlich auf lange Zeit dahingeplätschert, würde die Lokalreporterin Jennifer Lee in ihn nicht George Valentine erkennen, einen wegen mehrfachen Mordes verurteilten Wahnsinnigen und würde Price im Haus seiner Schwiegervaters nicht eine dubiose Akte über sich finden. Damit erhält seine beschauliche Welt die ersten Rissen, die sich verbreitern, als er geheimnisvolle Gespräche zwischen Tracy und Walt belauschen kann. Er entschließt sich zu fliehen, um herauszufinden, wer er wirklich ist. Auf der Flucht trifft er auf Jennifer, die ihn als Anhalter mitnimmt.



Meinung:
Die auf zwei Bände angelegte Geschichte um Mister George erfüllt zunächst einmal alles, was man als Verschwörungsfanatiker gerne hat. Eine amerikanische Kleinstadt, auf den ersten Blick ein Idyll, in dem jeder freundlich zu jedermann ist, ein spießbürgerliches Leben und satte Zufriedenheit allen Ortes. Auf den zweiten Blick bröckelt allerdings die Fassade. Es ist dem Können von Serge le Tendre, der durch seine Serie „Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit“ einem größeren Lesepublikum bekannt wurde, zu verdanken, dass dieser zweite Blick den Leser nicht trifft wie ein Hammerschlag. Die Fassade stürzt nicht mit einem Mal ein, sondern sie wird immer brüchiger. Erst durch kleine Anzeichen, wie etwa die Fähigkeit einen Jaguar reparieren zu können, obwohl er doch eigentlich überhaupt keine Ahnung von diesem Automodell hat, merkt Price, dass etwas nicht stimmt.
Und wie in feinster Hitchcock-Manier erscheint just in dem Moment, in dem Zweifel an ihm nagt seine attraktive Frau als Silhouette am Fenster – bedrohlich und wissend. Sie ist es, die einen dunklen Schatten auf den Alltag von Price wirft, ein Schatten der immer mehr Licht in sich saugt.
Es sind diese Bilder, die „Mister George“ zu einem besonderen Comic machen. Geschichten über Menschen, die ihr Gedächtnis verloren gibt es reichlich. Die Umsetzung von le Tendre verdient allerdings Beachtung und hebt sich angenehm ab. Ihm gelingt es Unbehagen beim Leser zu erzeugen, etwa dadurch, dass er dem Leser immer einen kleinen Wissensvorsprung vor den handelnden Personen gibt. Beispielsweise als Jennifer mit einem Freund telefonieren will, um über ihn an mehr Informationen zu kommen, weiß der Leser bereits, das der Freund tot in seinem Blut auf dem Fußboden in seiner Wohnung liegt.
Ein weiteres klassisches Stilmittel, das für Unruhe beim Betrachter sorgt, sind die Panelfolgen. Le Tendre arbeitet mit Zoomeffekten. Beginnt mit einem kleinen Ausschnitt, beispielsweise einem Gesicht, und zieht den Bildausschnitt in den folgen Panels immer weiter auf, bis zur Totalen. Das gleiche Prinzip wendet er auch in umgekehrter Reihenfolge an – von der Totalen, bis hin zum Ausschnitt. Sehr gelungen ist auch die Vorstellung der Kleinstadt Selby, in der Price lebt. Wie bei einer Kamerafahrt wird der Leser durch die Straßen geführt, lernt die Polizisten kennen und das beste Restaurant am Platz.
Le Tendre führt seinen Leser in eine normale amerikanische Kleinstadt, in der der Horror, zumindest für George Price, ganz langsam aber stetig, Panel für Panel zunimmt.


Fazit:
Der erste Teil von „Mister George“ ist eine fesselnde und stimmige Geschichte. Der Plot ist nicht wirklich neu, allerdings in der Ausführung von le Tendre großartig in Szene gesetzt. Das langsame Hereinwabern des Unheimlichen erinnert an Hitchcock in seinen besten Filmen. Die realistischen Zeichnungen von Hugues Labiano passen zur Geschichte und verstärken durch tiefe Rottöne das unheimliche Ambiente.



Mister George 1 - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Mister George 1

Autor der Besprechung:
Bernd Hinrichs

Verlag:
Alles Gute!

Preis:
€ 14,95

ISBN 13:
978-3-943808-77-3

48 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Spannende Panelgestaltung
  • Düstere Grundstimmung überzeugend vermittelt
  • Starkes Artwork
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
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Rezension vom: 29.03.2016
Kategorie: Alben
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