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Comic-Besprechung - Der Realist
Geschichten:Der Realist
Autor / Zeichner / Colorist: Asaf Hanuka
Story:
Asaf Hanuka ist ein israelischer Comiczeichner, dessen Familie ursprünglich aus dem Irak stammt. Seine Frau hingegen stammt von Polen ab. Allein schon in der Ehe werden die vielfältigen kulturellen und historischen Einflüsse auf das Land Israel deutlich. Die Menschen leben mit einer permanenten Kriegsgefahr, den historischen Belastungen und einem schwierigen Alltag, der von immer höher steigenden Lebenshaltungskosten und starken sozialen Unterschieden geprägt ist.
Meinung:
Selten genug gibt es hierzulande einen Comic aus Israel zu bewundern. Von einigen wenigen Ausnahmen mal abgesehen wie etwa Waltz with Bashir oder den Titeln von Rutu Modan wie Das Erbe und Blutspuren ist die dortige Comicszene, wenn es denn eine gibt, in Deutschland nahezu unbekannt. Gibt es einfach zu wenig Gutes an Material, was man veröffentlichen kann? Oder gibt es einfach nicht genug israelische ZeichnerInnen und AutorInnen? Dabei sind die Geschichten aus dem Land spannend zu lesen. Allein schon die Historie und der permanente Konflikt mit den Palästinensern und den arabischen Nachbarn gibt enorm viel Stoff her. Oft findet man Titel bei denen die Geschichte des Landes im Mittelpunkt steht wie etwa Die Stern-Bande oder Jerusalem, wobei diese Autoren und Zeichner nicht immer Israelis sind. Aber von dem Alltag der Menschen erfährt man wenig, was angesichts der Schwemme an autobiographischen Titeln etwas überrascht.
Insofern gebührt dem Verlag Cross Cult ein großes Danke schön dass er mit Asaf Hanuka einen israelischen Zeichner veröffentlicht (und damit einen Titel hat der aus seinem Verlagsprogramm heraussticht), der vielmehr den Alltag in dem kleinen Land betrachtet und sich aus der Geschichte und der Politik heraushält. Natürlich kann es nicht schaden ein bisschen über das Land und die Kultur Bescheid zu wissen, denn manche dieser einseitigen kleinen Storys oder Gags sind nur verständlich, wenn man um die Situation Israels weiß. So gibt es etwa ein ganzseitiges Bild, in dem ein kleiner Junge ganz allein auf einer ausgestorbenen Straße steht. Man sucht und sucht, und findet nicht die Pointe und fragt sich schon was das soll. Bis man den Titel der Seite, Yom Kippur, liest. Dann muss man wissen, dass dieses einer der höchsten jüdischen Feiertage ist, bei dem das öffentliche Leben stillsteht. Erst dann erschließt sich einem der Sinn. Vor allem schlägt sich die permanente Bedrohung durch Bombenanschläge und Krieg nieder. In einzelnen Szenen oder Seiten wird das sehr deutlich. Ansonsten sind die hier geschilderten Probleme sehr autobiographisch und jeder Leser und jede Leserin aus der Mittelschicht dürfte sich hier wiederfinden. Es geht um Eheprobleme, Neurosen, Kinder aufziehen und die Sorgen des Alltags wie Geld und Verwandtschaft. Themen also, die man überall, in jedem Land und in jeder Kultur, vorfinden kann. Doch anhand des Umgangs mit ihnen bekommt man einen Einblick in die andere Lebensart. Vor allem die finanziellen Probleme spielen hier eine große Rolle und immer wieder werden die Proteste aufgegriffen die noch vor kurzer Zeit in Israel stattfanden und sich gegen die hohen Lebenshaltungskosten wandten.
Hanuka erzählt autobiografisch und ist dabei schonungslos ehrlich und beweihräuchert sich nicht. Dabei zielen die Gags, wenn man denn überhaupt von solchen reden kann, nicht auf eine Pointe, sondern meistens geht es um die konsequente Ironie und die Art wie man mit einer Situation umgeht. Manche Aspekte sind tragisch, manche absurd und oft werden die Bilder surreal und vermeiden so eine stilistische Eintönigkeit. Im Gegenteil: man ist gespannt, was noch zum Thema gemacht und wie es umgesetzt werden wird.
Mit den ursprünglich wöchentlich in einem Blog erschienen Online-Comics (seit 2010) greift der Autor immer wieder etwas auf, was ihn in den letzten Tagen beschäftigt hatte und bietet so einen besseren Einblick in den israelischen Alltag der immer wieder vom Krieg bedroht wird, als in einer kohärenten Erzählung. Und die Professionalität von Asaf Hanuka ist vor allem in der Gestaltung immer wieder zu bemerken. Er hat schon mehrere Bände gestaltet, sowohl in Frankreich als auch in den USA und ist Werbeillustrator für bekannte Marken. Auf jeden Fall ist dieser schöne Band eine sehr gute Visitenkarte nicht nur für Hanuka, sondern für den israelischen Comic insgesamt. Mehr davon.
Fazit:
Die ursprünglich online veröffentlichten einseitigen Storys und Gags geben einen tiefen Einblick in das Alltagsleben in Israel. Vor allem die surrealen Einfälle überraschen immer wieder und machen jede Episode spannend. Souverän erzählt, gut gezeichnet und mit einem absurden Humor versehen, ist der Band eine reine Freude.
Der Realist
Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann
Verlag:
Cross Cult
Preis:
€ 29,95
ISBN 10:
3864255945
ISBN 13:
978-3864255946
192 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser
- Themen
- Selbstironie
- surreale Zeichnungen
- guter nachvollziehbarer Einblick in einen schwierigen Alltag
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
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Rezension vom: | 09.12.2015 | ||||||
Kategorie: | Alben | ||||||
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