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Comic-Besprechung - Fahrradmod
Geschichten:Fahrradmod
Autor / Zeichner: Tobi Dahmen
Story:
Der junge Tobi wächst in den 1980ern in dem kleinen Ort Wesel auf. Schon früh entdeckte er seine Leidenschaft für Musik, fühlte sich aber immer gegenüber anderen als Außenseiter. Bis er daraus eine Tugend macht und sich bewusst von den anderen abgrenzt, indem er Mitglied einer Subkultur wird: den Mods.
Meinung:
Der Titel dieser Graphic Novel, Fahrradmod, irritiert zunächst etwas. Der Begriff Fahrrad ist natürlich klar. Aber Mod? Was ist ein Mod? Eine Abkürzung für ein Modem oder ein kleines Tierchen? Weder noch. Die Mods waren eine Jugendkultur die im England der Nachkriegszeit entstand und allmählich auch auf den Kontinent herüberschwappte. Waren die Jugendkulturen meist noch ziemlich in der sozialen Herkunft der jeweiligen Anhänger verankert änderte sich das zunehmend. Die Mods kleideten sich bewusst edel mit Anzug und Krawatte, um ihre Abstammung aus der Arbeiterklasse zu verbergen, tanzten exzessiv und bewiesen auch sonst gerne Stil und ein etwas Dandyhaftes Auftreten. Zu ihrer Ausstattung gehörten Motorroller, die oft auch aufgepimpt waren und mit vielen Spiegeln versehen waren. Die Mods waren eine eher brav Jugendkultur, im Vergleich jedenfalls zu den Punks, die sich schon von der Welt der Erwachsenen absetzte aber wenig auf eine wie auch immer geartete Revolution abzielte. Der Name „Mods“ ist dabei die Abkürzung für den Modern Jazz, der durch die GIs nach Europa kam. Von den Hafenstädten Englands eroberte dann diese Musik und die zugehörige Jugendkultur die Insel. Wobei vor allem in den Strandbädern die Hochburgen zu finden waren.
Tobi Dahmen war selber ein Mod und in seiner autobiografischen Graphic Novel zeichnet er diese Entwicklung nach. Acht Jahre hat er an dem Band gearbeitet der zunächst schrittweise als Webcomic erschienen ist und auch einige Preise gewonnen hatte. Dahmen macht deutlich wie sehr Jugendbewegungen dazu beitragen die Persönlichkeit eines Heranwachsenden zu prägen. Auf der Suche nach einer Identität und in dem Wunsch hin und hergerissen sich von den Normalen abzugrenzen aber auch irgendwo dazu zu gehören, sind Jugendbewegungen essentiell. Man grenzt sich von anderen und vor allem von den Erwachsenen ab, findet aber auch eine Art von Heimat da man mit Gleichgesinnten zusammen ist und dieselben Leidenschaften hat. Die natürlich vor allem durch die Musik geprägt sind. Denn gerade Jugendkulturen bilden sich über die Musik aus und erst dann in der Kleidung wobei letztere oftmals eine Verehrung und ein Statement gegenüber den jeweiligen Musikern darstellen. All das kommt hier wunderbar heraus und die persönliche Geschichte wird mit der Entstehung der jeweiligen Strömungen verbunden.
Dahmen kann einige schöne graphische Ideen aufweisen und schildert sehr gut wie sehr die Jugendkultur seine Persönlichkeit gebildet hat und die oben geschilderten Dilemmata und die Leidenschaft sind sehr nachvollziehbar und erinnern den Leser und die Leserin an seine / ihre eigene Sozialisation. Man muss ja nicht gleich selber ein Mod gewesen sein. Wobei es hilft, da man dann weiß von welcher Musik jeweils die Rede ist und so manches mehr nachvollziehen kann und das Lebensgefühl besser überspringt.
Allerdings ist der Band teilweise auch etwas ermüdend. Es hat etwas von „Kriegsgeschichten“, wenn eine Party nach der anderen aufgezählt wird und wie man dort zu welcher Musik getanzt und gefeiert hat. Anekdoten sind das einzige was den ruhigen einschläfernden Erzählfluss dann mal aufbrechen. Aber eine Aneinanderreihung von Anekdoten ergibt noch keine Dramaturgie und so muss die Geschichte von den Charakteren leben. Hier ist es lobend zu erwähnen das die Entwicklung der Figuren schleichend geschieht wie im wirklichen Leben und es macht ein wenig wehmütig wie hier auch das Älterwerden und das Auseinanderdriften von Freundschaften immer mehr Raum einnimmt, was einen selber an die vergangene Zeiten erinnern mag.
Insgesamt gesehen ist Fahrradmod ganz nett zu lesen, wobei hauptsächlich diejenigen die sich mit der Thematik identifizieren voll beim Lesen aufgehen werden. Andere übertragen das eher auf eigene Erfahrungen und bemängeln die Sprunghaftigkeit der Erzählung was wohl auch der ursprünglichen Veröffentlichungsform etwas geschuldet ist.
Fazit:
Nachvollziehbar wird die Rolle einer Subkultur bei der Sozialisation und der Bildung der Persönlichkeit geschildert, wobei eine Aneinanderreihung von Anekdoten keine Geschichte ergibt. So ermüdet das auf Dauer etwas, aber immerhin geschieht die Entwicklung der Charaktere auf verständliche Art und Weise.
Fahrradmod
Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann
Verlag:
Carlsen
Preis:
€ 29,99
ISBN 10:
3551763089
ISBN 13:
978-3551763082
464 Seiten
Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser
- Schilderung einer Jugendkultur
- Bildung der Persönlichkeit
- Charakterentwicklung
- keine Dramaturgie
- sehr Anekdotenhaft und damit ermüdend
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic | ||
Bewertung: | ||
(3 Stimmen) | ||
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Rezension vom: | 02.11.2015 | ||||||
Kategorie: | Alben | ||||||
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