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Comic-Besprechung - Wie zerknülltes Papier

Geschichten:
Wie zerknülltes Papier
Autor / Zeichner: Nadar


Story:
Javi ist ein 16-jähriger Schulabbrecher der als bezahlter Rowdy Geld verdient. Zu Hause sitzt seine an Agoraphobie leidende Mutter und er weiß nicht, was er noch vom Leben erwarten soll. Zu der Zeit kommt auch Jorge in die Stadt, der anscheinend eine große Schuld mit sich trägt. Er ist sehr zurückhaltend und selbst die Versuche seiner Vermieterin und der Arbeitskollegen seinen Panzer zu durchbrechen schlagen fehl.


Meinung:
Der Titel dieser wunderbaren Graphic Novel, Wie zerknülltes Papier, bezieht sich auf eine Stelle in dem Band, an der einer der Protagonisten sagt, dass er sich wie zerknülltes Papier fühle: „Manchmal fühlt es sich an, als ob jeder mit mir macht, was er will“. Als ob er sein eigenes Leben nicht in der Hand habe. Das nur andere über sein Schicksal bestimmen und er ein Spielball ist der nach Belieben geformt werden kann. Allerdings hat hier jeder Charakter auch seine Wahl. Das Schicksal spielt in der Graphic Novel von dem spanischen Autoren und Zeichner Nadar (das ist Pep Domingo)zwar eine große Rolle, aber wie man mit den jeweiligen Ereignissen und Bedingungen umgeht, liegt immer in den eigenen Händen. So ist das alles weit weniger fatalistisch als es zu Beginn vielleicht noch klingen mochte. Sonst wäre es auch nicht so spannend zu lesen gewesen. Was wäre nämlich daran interessant, nur den Figuren dabei zuzusehen wie sie lethargisch in der Gegend rumsitzen und über ihr Leben lamentieren? Wenn sie gar nicht erst versuchen etwas zu ändern, da ja doch alles Schicksal sei? Eine so deprimierende Sichtweise ohne erkennbare Handlung hätte einfach nichts Reizvolles an sich gehabt. Dabei ist hier das Schicksal eher zu verstehen als eine Verknüpfung verschiedener Personen untereinander. Und gerade das macht diese Erzählung so packend. Sie lebt nämlich von ihren Figuren die sehr realistisch gezeichnet sind und bis in die Nebenrollen hinein charakterlich ausgeprägt sind.

Nadar beobachtet diese ganz genau und er verflechtet mehrere Leben miteinander wobei die meisten Zusammenhänge und auch zeitliche Einordnungen erst ganz am Ende klar werden. Dennoch kann er es vermeiden, das alles überkonstruiert wirkt. Vor allem wird fast gänzlich auf Off-Kommentare verzichtet. Es liegt in deren Natur das sie den Erzähler deutlich machen und zumeist dessen Meinung schildern und seine Interpretation der geschilderten Ereignisse. Durch den Verzicht darauf lässt Nadar die Personen und die Zeichnungen erzählen und jede Dynamik entsteht aus den Handlungen der Menschen. Dadurch wirkt alles rund und logisch da es nachvollziehbar ist. Auch deswegen sind die psychologischen Profile sehr dicht. Daran kann sich so mancher Autor und Zeichner noch eine Scheibe von abschneiden. Zwar braucht Nadar mehr Seiten als vielleicht andere, aber dennoch weiß man was in den Figuren vorgeht. Allein durch die Dialoge, die Mimik und die Körperhaltung wird alles gesagt, wofür andere ausufernde Off-Kommentare brauchen. Wenn man Hilfe braucht um die gewünschte Aussage zu verstärken, so gibt es ein Paar Schattenspiele und geschilderte Alpträume welche deutlich machen wo der innere Grundkonflikt der beiden Hauptfiguren liegt. Aber das alles ist nicht aufdringlich. Gerade das hindert den Leser auch daran den Band irgendwann aus der Hand zu legen. Man ist schlicht und ergreifend gefesselt und möchte sehen was noch geschehen wird. Die Figuren sind allesamt spannend konstruiert und man möchte wissen was hinter deren jeweiligen Verhalten steckt. Denn jeder hat seine traumatischen Erfahrungen und trägt auch Schuld in sich. Nach und nach werden die Schichten aufgedeckt und man erfährt von tiefer Trauer. Aber auch Hoffnung. Wenn das Ende für einen Protagonisten in einem selbstgewählten Gefängnis enden mag, was er als Busse auf sich nimmt, so stimmt doch für den Rest des Personals alles recht hoffnungsvoll ein.

Man ist beileibe kein zerknülltes Papier, denn alle zentralen Figuren schaffen es einen neuen Weg einzuschlagen und sich selber eine Form zu geben. Wie es Nadar in dieser spannenden, dichten Grahic Novel getan hat die wirkt wie aus dem Leben gegriffen. Es ist angesichts der Reife der Erzählung kaum zu glauben, dass hier ein Debüt vorliegt. Völlig zu Recht hat Nadar 2014 den Publikums-Preis des Comic-Salons in Barcelona erhalten.

Fazit:
Eine Graphic Novel wie aus dem Leben gegriffen mit psychologisch dichten Figuren und interessanten Charakteren. Man möchte von der ersten Seite an wissen wie es mit dem Personal weitergeht und was sie innerlich antreibt. Ein Glücksfall.

Wie zerknülltes Papier - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Wie zerknülltes Papier

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Avant Verlag

Preis:
€ 24,95

ISBN 10:
3945034302

ISBN 13:
978-3945034309

400 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • psychologisch dicht
  • interessante Charaktere
  • Handlung durch Dialog und Zeichnungen
  • hoffnungsvolles Ende
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
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Rezension vom: 29.10.2015
Kategorie: Rezensionen
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