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Comic-Besprechung - Der Skorpion 11: Das Geheimnis der Trebaldi

Geschichten:

Der Skorpion 11: Das Geheimnis der Trebaldi
Text:
Stéphen Desberg, Zeichnungen: Enrico Marini



Meinung:

Das 18. Jahrhundert war, neben vielem anderen, auch das Jahrhundert der Intrigen. Das gilt auch für die Literatur. In Frankreich etwa florierten die damals modischen Intrigenstücke, die sich gegenseitig durch ihre immer komplizierteren Verwicklungen und abstrusen Handlungsverläufen überboten. In Deutschland schrieb 1784 ein junger Mann namens Friedrich Schiller ein Drama namens „Kabale und Liebe“, worin die junge und etwas verrückte Liebe zweier Menschen, die nicht zueinander passen, durch eine Intrige tragisch zerstört wird. Viele deutsche Oberstufenschüler wissen heute noch davon ein Liedchen zu singen.

Schillers Drama ist ein Musterbeispiel dafür, wie man als Autor eine Intrige klug und planvoll einsetzt, um einen tragischen Handlungsverlauf zu entwickeln. Die Intrigenstücke, von denen eben die Rede war, waren weit weniger planvoll, weshalb sie heute auch nahezu vollständig vergessen sind. Denn eine gute Geschichte entsteht nicht einfach dadurch, dass man mehrere langweilige Geschichten ineinander knotet und darauf hofft, dass es dem Leser irgendein Vergnügen bereiten wird, den Knoten wieder zu lösen.

Stéphen Desberg, der - man muss es einmal sagen - nie zu den großen Geschichtenerzählern und Dramatikern im Comic gehört hat, setzt in seiner Serie „Der Skorpion“ leider zunehmend auf das alte und abgetakelte Modell des Intrigenstücks. Anstatt also Charaktere aus Fleisch und Blut zu entwerfen, die atmen und lieben und leiden und einem zu Herzen gehen, müht er sich mit einer umständlich inszenierten Geheimnistuerei ab, die im Grunde genommen nur um ihrer selbst willen da ist, aus Freude an ihrer eigenen Verwickeltheit. Beim Lesen des neuesten 11. Bandes, der bezeichnenderweise den Titel „Das Geheimnis der Trebaldi“ trägt, verliert man deshalb nicht selten den Überblick, wer jetzt nun mit wem was tun will. Der Skorpion selbst, der sich ja, wie man aus dem Vorläuferband weiß, ebenfalls als ein Spross der Trebaldi-Familie erwiesen hat (was er freilich nur widerwillig akzeptiert), spielt abwechselnd den Bettgenossen seiner hübschen (aber natürlich intriganten) Geliebten Ansea, dann wieder den kühl räsonierenden Detektiv, den Prügelknaben und den Haudegen, der mit allen möglichen vierschrötigen Jungs die Klingen kreuzt (dabei fällt übrigens immer wieder auf, wie schön Enrico Marini doch kantige Kieferknochen zeichnen kann). Dass das nicht besonders originell ist, muss man wohl keinem sagen, der sich im Mantel-und-Degen-Genre auch nur ein bisschen auskennt. Ebenso wenig originell ist die Story des Bandes, die sich auf das altbekannte Serienmörderschema verlässt, ohne ihm jedoch irgendwelche neuen und überraschenden Nuancen abzugewinnen. Da tötet nun also ein geheimnisvoller (und natürlich intriganter) Namenloser mit einem noch geheimnisvolleren Tattoo unter dem linken Auge der Reihe nach die noch lebenden Angehörigen des Trebaldi-Clans (darunter den vermeintlichen Vater des Skorpions), um an das natürlich obergeheime Familiengeheimnis zu kommen, dessen Ursprünge bis ins 3. nachchristliche Jahrhundert zurückreichen, als man noch Römerhelme trug und grundsätzlich grimmig dreinsah. Wobei der mordende Unbekannte es natürlich nicht versäumt, nach jedem seiner Morde mit Blut ein paar bedrohliche Sätze an die Wand zu pinseln („Bald werdet ihr nur noch drei sein“). Und weil der Skorpion, wie gesagt, wider Willen auch ein Trebaldi ist, muss er jetzt ebenfalls um sein Leben fürchten. Fürchten? Ach was, stimmt gar nicht: Ein Mann vom Schrot und Korn des Skorpions fürchtet sich doch nicht, sondern nimmt die Dinge, wie verwickelt sie auch sein mögen, selbst in die Hand, mit einer öden maskulinen Coolness, als ginge es bloß darum, den richtigen Steuerberater zu finden. Das führt am Ende der sanft dahinplätschernden Story zur unvermeidlichen Verfolgungsjagd über den Dächern Roms, deren Verlauf und Ausgang zwar vorhersehbar sind, die aber – das muss man anerkennen – von Enrico Marini spektakulär gezeichnet wurde. Überhaupt macht sich dieser Band allein wegen der hinreißend kolorierten, geradezu cineastischen Zeichnungen Marinis bezahlt, die jedes Geschehen, auch noch das statischste, in fließende Bewegungen übersetzen. Was für eine Schande, dass der Mann sein immenses Können seit Jahren an diese nichtssagende, drittklassige Abenteuerserie vergeudet (von seiner eigenen Serie „Rom“, die ein wenig besser ist, soll hier nicht die Rede sein)!



Fazit:

Der elfte Band des „Skorpion“ beeindruckt allenfalls dadurch, dass Enrico Marini so viel seiner Lebenszeit mit der Illustration dieser erzählerischen Konfektionsware verbracht hat. Denn die Story ist reizlos, altbacken und zu guter Letzt vorhersehbar, die Charaktere sind flach wie Papier, die Dialoge geistlos und ohne Witz, die Wendungen der Geschichte wie mit dem Hammer zurecht gehauen. Im Ganzen ist das nur etwas für hartgesottene und literarisch anspruchslose Mantel-und-Degen-Fans – oder eben für Bewunderer der Zeichenkunst Enrico Marinis (zu denen sich der Autor dieser Zeilen hinzuzählt).



Der Skorpion 11: Das Geheimnis der Trebaldi - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Der Skorpion 11: Das Geheimnis der Trebaldi

Autor der Besprechung:
Marco Schüller

Verlag:
Carlsen

Preis:
€ 12,00

ISBN 10:
3551743355

ISBN 13:
978-3551743350

48 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Die prächtigen Zeichnungen Enrico Marinis
Negativ aufgefallen
  • Langweiliger, verworrener Plot
  • Hölzerne Dialoge
  • Flache Charaktere
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(2 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 19.07.2015
Kategorie: Der Skorpion
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