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Comic-Besprechung - Die Elfen 3 - Gratis Comic Tag 2014

Geschichten:

Die Weißelfe mit der schwarzen Seele
Autor: Olivier Peru, Zeichner: Stéphane Bileau, Colorist: Merli



Story:

Der weiße Elf Full und sein Vater sind schon lange auf der Jagd nach einem Drachen. Es ist ein ganz besonderes Tier, ein weißer Drache, vielleicht der letzte seiner Art. Auf den Spuren ihrer Beute kommen sie mit anderen Völkern in Kontakt, mit Orks und auch mit Menschen. Wie werden diese Begegnungen, wie wird die Jagd überhaupt Full prägen? Und wer ist er, der als weißer Elf aufgewachsen ist, in seinem Innersten wirklich?



Meinung:

Die Geschichte mit dem Untertitel "Die Weißelfe mit der schwarzen Seele" ist vor allem eins - grau. Und das ist ausgesprochen positiv gemeint.

Denn während bei vielen Geschichten schnell feststeht, wer "die Guten" und wer "die Bösen" sind, zumindest wem der Leser als Sympathieträger folgt, sind in diesem Comic nahezu alle Figuren ambivalent. Ausnahme sind nur die anonymen Angreifer, gegen die Full und sein Vater häufig ihre Schwertklingen sprechen lassen, und auch in deren Perspektive erhält der Leser gelegentlich Einblicke.

Oft wechselt auch im Laufe der Handlung, wenn der Leser mehr Informationen über Absichten und Beweggründe der Figuren erhält, die Einschätzung der Protagonisten, teilweise sogar mehrfach. Wirkt beispielsweise Fulls Vater zunächst wie der überhebliche Jäger, der den Drachen verfolgt wie in unserer Welt ein Waidmann hinter einem kapitalen Hirsch her wäre, ändert sich die Sichtweise des Lesers auf den Elf später. Auch die Bewertung von Fulls Verhalten, das oft von den Regeln und Traditionen der Elfen abweicht, wechselt sich im Verlauf der Handlung.

Formal ist "Die Elfen", wie der Titel schon vermuten lässt, High Fantasy reinsten Wassers. Der Leser durchreist eine Welt, die aus einer Geschichte Tolkiens stammen könnte. Und auch andere Aspekte erinnern an den Großmeister der phantastischen Literatur: Die Welt ist erfüllt von Krieg und Gewalt, das Leben eines Menschen (oder das eines Orks, sogar das eines Elfs) ist nicht viel wert. Wer einen unblutigen Comic, beispielsweise für sehr junge Leser, sucht, ist hier an der falschen Adresse. Es gibt eine Vielzahl von Völkern und Fraktionen, die jeweils ihre eigenen Ziele verfolgen und ihre Handlungen aus ihrer jeweiligen Perspektive rechtfertigen. Auch die Erzählweise ist, wie man es von manchem Tolkien-Werk kennt, eher "hoch".

Damit ist gemeint, dass dem Leser in "Die Weißelfe mit der schwarzen Seele" oft von den Geschehnissen eher berichtet wird, als dass er sie sozusagen eins zu eins miterlebt. Man folgt der Handlung eher von "hoch oben" als im Detail. Während der Jagd auf den Drachen beispielsweise wird aus einem neugeborenen Menschen, den Full bei einer zufälligen Begegnung vor einem frühen Tod bewahrt, ein Teenager und dann ein erwachsener Mann. Für Elfen, deren Lebensspanne sich in Jahrtausenden misst, vergehen ein paar Jahre schnell...

All das führt dazu, dass es schwer fällt, eine emotionale Verbindung zu den Protagonisten aufzubauen. Man hat insgesamt den Eindruck, als würden sie nicht "aus sich selbst heraus" existieren, sondern dienten dem Autor eher als Mittel zu dem Zweck, einige moralische Fragen zu betrachten. Kann man sein Leben selbst bestimmen oder ist das Schicksal vorbestimmt? Oder wissenschaftlich formuliert, was prägt einen (stärker), sein Erbe oder seine Erfahrungen? Kann es moralisch sein, ein Leben früh zu beenden, wenn man weiß, dass man damit großes späteres Unheil verhütet? Kann es moralisch sein, ein Wesen aus seinem angestammten Lebensraum zu entfernen und quasi wie im Zoo zu halten, wenn es die einzige Chance auf Überleben für dieses Wesen ist? In welchem Verhältnis sollten Pflichterfüllung und die Befolgung von Regeln zum Individuum stehen, und andere solche Fragen mehr. Natürlich können 54 Seiten Comic hier keine abschließenden Antworten liefern, aber Stoff zum Nachdenken gibt es genug.

Bei einem Comic spielen neben der Geschichte natürlich auch die Zeichnungen eine große Rolle, und hier hat "Die Elfen 3" seinen größten Schwachpunkt. Besser gesagt, nicht der Comic selbst, sondern die Tatsache, dass er auf das gemeinsame Format der Gratis Comic Tag-Hefte verkleinert wurde. Die ausgesprochen opulenten Zeichnungen kommen so viel weniger zur Geltung als sie es in größerem Format könnten. Teilweise muss sich der Leser regelrecht Mühe geben zu erkennen, was genau passiert, und die logischerweise mit verkleinerten Texte in den Sprechblasen zu lesen.

Die Figuren sind im semirealistischen Stil gehalten. Das heißt, Zeichner Bileau geht von realistischen Gestalten ein Stück weit in Richtung Übertreibung und Karikatur, um beispielsweise Emotionen besser verdeutlichen zu können. Die Farbpalette ist eher gedeckt, was nur zum Teil daran liegt, dass viele Szenen in der Nacht oder in dunklen Höhlen spielen.

"Die Elfen 3" ist übrigens, wie der Titel vermuten lässt, der dritte Band einer insgesamt fünfteiligen Serie. Es mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen, einen Abschnitt "mitten heraus" aus einer Geschichte für den GCT auszuwählen. Aber die Erlebnisse des Weißelfen Full lassen sich wunderbar auch ohne Vorkenntnisse lesen. Tatsächlich sind die einzelnen Bände der "Elfen" bewusst darauf angelegt, voneinander unabhängig verschiedene Aspekte eines gemeinsamen fantastischen Universums zu beleuchten. Der Schöpfer des Projekts, Jean-Luc Istin ("Drachenblut", "Götterdämmerung", "Die Druiden", "Lancelot"), arbeitet in jedem Band mit anderen Autoren und Zeichnern aus dem fantastischen Genre zusammen.

Insgesamt ist "Die Elfen 3 - Die Weißelfe mit der schwarzen Seele" für alle einen Blick wert, die sich für klassische High Fantasy ohne zu eindeutige Gut-Böse-Verteilung begeistern können. Und wenn man schon mal im Comicshops ist, um das Gratis-Heft abzuholen, kann man ja auch gleich in die Hardcover-Bände der Serie schauen, um das Artwork besser würdigen zu können. Es ist durchaus denkbar, dass sie direkt ins heimische Comicregal wandern könnten.



Fazit:

Klassische High Fantasy mit weitem Fokus in der Erzählperspektive und erfreulich "grauer" Verteilung von Gut und Böse. Das Artwork verkauft sich durch die Verkleinerung auf das gemeinsame Format der Gratis Comic Tag-Hefte merklich unter Wert.



Die Elfen 3 - Gratis Comic Tag 2014 - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Die Elfen 3 - Gratis Comic Tag 2014

Autor der Besprechung:
Henning Kockerbeck

Verlag:
Splitter Verlag

Preis:
€ 0,00

52 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Erfreulich uneindeutige und auch wechselnde Verteilung von Gut und Böse
  • Viel Stoff zum Nachdenken
Negativ aufgefallen
  • Die opulenten Zeichnungen dürften im klassischen Albumformat besser zur Geltung kommen
  • Eine hohe Erzählperspektive macht es schwer, emotionale Beziehungen zu den Charakteren aufzubauen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
Bewertung
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Rezension vom: 08.05.2014
Rezension vom Event: Gratis Comic Tag 2014
Kategorie: Gratis Comic Tag 2014
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