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Comic-Besprechung - Der Fall E. P. Jacobs

Geschichten:
Der Fall E. P. Jacobs

Autor: Rodolphe
Zeichner: Louis Alloing
Colorist: Drac



Story:
Am 30. März 1904 wird in Brüssel Edgar Felix Pierre Jacobs geboren. Sein Vater, ein Polizist, hat durchaus Verständnis für das sich früh zeigende künstlerische Talent und entfacht in seinem Sohn die Liebe zur Oper. In der Tat wird Jacobs ein bekannter Opernsänger, doch als er Frankreich verlassen muss, sucht er eine neue Arbeit und wird Comiczeichner.


Meinung:
Es ist im Grunde ziemlich erstaunlich, dass es zu E.P. Jacobs noch gar keine Biographie gibt. Weder als Sachbuch noch als Comic. Dabei ist der Zeichner und Autor nicht vom Kanon der Comickunst her wegzudenken. Schließlich hat er mit Blake und Mortimer eine Serie geschaffen, die wegweisend war und bis heute weiter existiert (für Mai dieses Jahres ist das nächste Album angekündigt). Zusammen mit Hergé gilt er als Beispiel für die ligne claire par excellence. Was eigentlich gar nicht so sehr verwundert, denn Jacobs hat am Anfang seiner zeichnerischen Karriere für Hergé die Dekors und die Hintergründe für Tim und Struppi gestaltet. Bis er den Vorschlag machte als Co-Autor genannt zu werden, was Hergé ziemlich brüsk ablehnte und fortan seinen Schützling eifersüchtig betrachtete und sich auch bei seinem Verleger über den Erfolg von Blake und Mortimer beschwerte. Kurz und knapp: an Jacobs kommt kein Comicinteressierter vorbei und jeder sollte zumindest eines seiner Werke im Regal stehen haben (nach Möglichkeit Das gelbe M).

Nun endlich wird eine erste Biographie vorgelegt, die sich in ihrem Format als Comic einreiht in die Veröffentlichungen der letzten Jahre über Hergé (Die Abenteuer von Hergé als Anspielung auf die Abenteuer von Tim und Struppi) und Gringos Locos welche die berühmte Amerikareise von Franquin, Morris und Jije beinhaltete und somit eine Studie über gleich drei legendäre Zeichner und Autoren schuf. Letzterer Band war recht ausgeschmückt und band einige erfundene, oder besser: von der Realität her variierende, Elemente ein. Der Fall E.P. Jacobs (eine Anspielung auf Ein Fall für Blake und Mortimer) schmückt hingegen nichts aus, sondern hält sich streng an die Fakten, die von dem Autor mühsam recherchiert werden mussten.

Biographien können recht schnell langweilig werden, wenn der Geschilderte oder die Geschilderte nicht viel erlebt haben oder nicht in einer umbruchreichen Zeit gelebt haben. Vor allem bei Zeichnern und Autoren kann das zäh werden, da sie ja den größten Teil des Lebens am Schreibtisch oder am Zeichenbrett verbrachten. Wie will man da was erleben? Und die Phantasie hat man bei deren Kreationen ja vor sich liegen. Bei Jacobs ist das nicht der Fall, da er erst recht spät zum Comiczeichner fand und vorher mehrere andere berufliche Stationen einlegte. So war er ein recht erfolgreicher Opernsänger und so verwundert es auch recht wenig, dass dieser Bereich einen recht großen Stellenwert im Laufe dieser Erzählung einnimmt. Vor allem da es leichter zu bebildern und weniger bekannt bei den Fans ist als seine kreativen Outputs.

Somit ist diese Biographie auch eine Schilderung einer Sinnsuche. Eine Suche nach dem Sinn, dem Kanal für die Kreativität und seinen Platz im Leben. Themen also, in denen sich jeder wiederfinden könnte. Aber man beschränkt sich nicht auf pure Faktenhuberei, sondern liefert immer auch prägnante Anekdoten die jeweils für den Charakter und für die Situation stehen.  Dementsprechend ist der Stoff spannend und nachvollziehbar aufbereitet. Die Gewichtung der Ereignisse liegt auf dem bislang unbekannten und gerade die negativen Aspekte werden erstaunlicherweise meist nur kurz angesprochen. Hier merkt man eine mangelnde Distanz da Jacobs ein Idol für den Autor ist. Die immer wieder liebevoll eingestreuten Anspielungen ergeben ein amüsantes Spiel mit Insiderwissen und man wird so manches entdecken, was Jacobs später in seinen Alben aufbereitete. Allerdings ist es manchmal etwas schade, das nicht am Idol gekratzt werden soll, da gerade der Umgang mit negativen Aspekten einen Blick auf den wahren Charakter werfen lässt. So erscheint Jacobs manchmal mehr als Opfer und Hergé einseitig im negativen Licht. Aber wie kann man bei einer Biographie auch objektiv bleiben?

Das Ende wird dann erstaunlich düster und ehrlich und zeigt einen verzweifelten und einsamen Mann, der mit der Zeit und Gesellschaft nichts mehr anfangen kann und sich überholt fühlt. Diese letzten Szenen entwickeln eine emotionale Ehrlichkeit, die man vorher auch gerne ab und zu gehabt hätte. Und doch ist es nicht nur eine Pionierarbeit, sondern auch ein gelungenes Portrait eines Stücks Comicgeschichte im selben zeichnerischen Stil wie ihn der Portraitierte benutzte.


Fazit:
Auch wenn die negativen Aspekte aufgrund einer hohen Verehrung gegenüber Jacobs wegfallen und anderes geschönt wird, so bekommt man doch einen guten Einblick in den Charakter und in die Zeit in der Meilensteine des Comics geschaffen wurden.

Der Fall E. P. Jacobs - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Der Fall E. P. Jacobs

Autor der Besprechung:
Jons Marek Schiemann

Verlag:
Carlsen

Preis:
€ 19,90

ISBN 10:
3551786267

ISBN 13:
978-3551786265

112 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • Stil
  • Pionierarbeit
  • viele Anspielungen und Faktentreue
Negativ aufgefallen
  • manche negativen Aspekte werden zu schnell abgehandelt
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
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Rezension vom: 16.04.2014
Kategorie: Alben
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