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Comic-Besprechung - D 1: Lord Faureston

Geschichten:

Lord Faureston (Originaltitel: „D 1: Lord Faureston“)

Text: Alain Ayroles, Zeichnungen: Bruno Maïorana, Farben: Thierry Leprévost



Story:
England im Viktorianischen Zeitalter: die feine Gesellschaft Londons trifft sich zu besonderen Anlässen in Clubs und Ballsälen, um den neuen Wohlstand zu zelebrieren. Für Gesprächsstoff sorgt Captain Richard Drake, der von einer seiner Forschungsreisen aus fernen Ländern zurückgekehrt ist.

Der selbstsichere, etwas arrogante Forscher trifft auf die liebreizende Miss Catherine Lacombe. Diese lässt sich von seinem Gehabe nicht beeindrucken, im Gegenteil, sie glaubt nur die Hälfte von dem, was er bei seinen Expeditionen erlebt haben soll. Ihre abweisende Art weckt den Jagdinstinkt in ihm, doch er hat die Rechnung ohne den geheimnisvollen, weißhaarigen Dandy Lord Faureston gemacht. Dieser hat einen rätselhaften Einfluss auf die junge Frau, bittet sie zu einem die Sinne betörenden Tanz und verläßt spät in der Nacht mit ihr die Festivität, um im Rosengarten des dunklen Parks des Anwesens ein einsames tête-à-tête zu führen.

Irgendwas ist an der Sache faul, denkt sich Drake, und sein Gefühl bestätigt sich. Er kann im Park gerade noch dazwischenfahren, als Catherine am Boden liegt und ein mit Holzpfahl und Hammer bewaffneter Mann sich über sie beugt. Der Fremde ist jedoch nicht Lord Faureston, sondern Mister Jones, ein biederer Bankangestellter, der sich im Nebenberuf als Vampirjäger versucht. Tut Drake anfangs das Gerede um Vampire in der Stadt als Gedankenwerk eines wahnsinnigen Exzentrikers ab, begibt er sich alsbald auf Spurensuche, um das Geheimnis des Lord Faureston zu entschleiern.



Meinung:

Man kann dies ohne zu spoilern schreiben: Lord Faureston ist ein Blutsauger. Um das herauszubekommen, muss man nicht in der Baker Street Nr. 221b wohnen. Wenn man nicht völlig verblödet ist, dann dämmert diese Erkenntnis bereits, als die Rede von dem geheimnisvollen schlanken Herrn Lord F. ist.

Aber ein Vampir alleine macht noch lange keine gute Story aus. Es ist das Setting, das einen entscheidenden Einfluss darauf hat, ob der Leser vom großen Ganzen in den Bann gezogen wird oder nicht. Geschichten aus dem viktorianischen England haben immer einen gewissen Reiz. Es ist eine Epoche, in der es dem aufstrebenden Großbritannien gut ging, denn die fortgeschrittene Industrielle Revolution bescherte dem Vereinigten Königreich Vorteile als Weltmacht und der zunehmende Imperialismus der Inselbewohner zeigte zusätzliche Auswirkungen. In der spätviktorianischen Ära schrieb Bram Stoker seinen berühmten Vampirroman Dracula und Henry Rider Haggard ließ den furchtlosen Allan Quartermain in Afrika spannende Abenteuer erleben.

Bei der Kreation dieser neuen Serie D, mit einem der kürzesten und wohl ungoogelbarsten Serientitel der Comicgeschichte, bedienten sich Ayroles und Maïorana unzweifelhaft den Versatzstücken aus Stokers Schauerroman. Das Erfolgsduo der Froschkönig-Parodie Garulfo, die erst kürzlich in drei Doppelbänden von Splitter neu aufgelegt und dabei komplettiert wurde, hat die Welt der Märchen hinter sich gelassen, aber ohne völlig auf phantastische Elemente zu verzichten, denn man bediente sich der wohlbekannten Inhaltspalette einer typischen, übernatürlichen Gruselgeschichte. Da ist die schöne Unnahbare, die dem Bösen verfällt. Da ist der geheimnisvolle Lord, der sich als bösartiger Vampir entpuppt und dem das Handwerk gelegt werden muss. Da ist der draufgängerische Abenteurer, der sich zusätzlich auf exotische Expeditionen begibt, eine Figur die dem Anschein nach durch den reiselustigen Richard Francis Burton inspiriert ist. Da ist der skurrile, offenbar durchgeknallte Mister Jones, der für comic relief sorgt, und der direkt aus Polanskis Genreparodie Tanz der Vampire entsprungen sein könnte.

Irgendwie hat man das alles schon mal gehört, gesehen und gelesen, wenn nicht in Comicform, so doch in anderen Medien. Trotzdem schafft es Alain Ayroles durch seine wohl konstruierte Geschichte, bei der alle seiner zahlreichen Pointen treffsicher platziert sind, aufs Höchste zu unterhalten. Okay, dass Lord Faureston ein Vampir ist, durchschaut der Leser sofort. Dies könnte man bemängeln, denn hier wird ein interessanter Spannungsbogen gar nicht erst richtig aufgebaut. Spannung kommt jedoch dennoch auf und zwar durch die Art, wie die Story konstruiert ist. Ayroles springt immer wieder zwischen verschiedenen Handlungssträngen. Manchmal erfolgt dies unvermittelt und der Leser ist ganz schön gefordert, um den Erzählfaden nicht zu verlieren. Aber dadurch ist man immer auf der Hut und denkt mit. Letztlich wird nicht alles offenbart. Es bleiben einige unbeantwortete Fragen, besonders das Rätsel der Herkunft des schönen Lords wird nicht gelöst.

Manche Wendung in der Handlung wird nur durch Bilder transportiert, und dies demonstriert sehr schön, wie bei dieser Serie Autor und Zeichner harmonisieren. Wie schon bei Garulfo, versteht es Bruno Maïorana geschickt, Emotionen in Panels unterzubringen. Ob ernst oder lustig, es hat diese besondere Klasse, um optisch die richtige, feine Note zu treffen, die der Plot Ayroles vorgibt. Besonders stark ist der Effekt, wenn kein Text geboten wird. Hier gilt die Erkenntnis: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.“ Die besondere Atmosphäre der Geschichte resultiert stark aus der gelungenen und einfühlsamen Kolorierung von Leprévost. Very nice!



Fazit:
Gut, man kann D ankreiden, dass die Handlung ziemlich generisch ist. Zwar findet man lauter bekannte Versatzstücke, die jedoch höchst unterhaltsam zusammengeführt sind. Der Abenteurer, das Viktorianische London, der mysteriöse Vampir, gothische Romantik, pointierter Humor – das ist eine Komposition, die vielen gefallen dürfte. Wenn diese Mischung dann noch so zielsicher in Comicform umgesetzt wurde, wie bei D, dann wollen wir nicht meckern. 

D 1: Lord Faureston - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

D 1: Lord Faureston

Autor der Besprechung:
Matthias Hofmann

Verlag:
Splitter Verlag

Preis:
€ 13.80

ISBN 13:
978-3-86869-152-8

64 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • gut konstruierte Handlung
  • gekonnte Dialoge mit tollen Pointen
  • gute grafische Umsetzung
  • atmosphärische Kolorierung
Negativ aufgefallen
  • bekannter Genre-Mix
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(2 Stimmen)
Bewertung
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Rezension vom: 19.08.2010
Kategorie: D
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