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Comic-Besprechung - Der Wald der Jungfrauen 1: Verrat

Geschichten:

Verrat (Originaltitel: „Le bois des vierges 1: Hache“)

Autor: Jean Dufaux; Zeichner: Béatrice Tillier; Kolorierung: Béatrice Tillier



Story:
Wir tauchen ein in eine märchenhafte Welt, in der Menschen und intelligente Tiere koexistieren. Leider ist das Zusammenleben beider Rassen bislang nicht sonderlich harmonisch verlaufen. Seit jeher gibt es durchaus blutige Machtkonflikte, besonders zwischen Wölfen und Menschen, und durch eine Zweckheirat will man für dauerhaften Frieden sorgen. Feuerwolf, der männliche Vertreter der Canis Lupus, die zu den großen Tieren der Hohen Gattung zählen, und Aube, die Tochter des Herrschers Arcan, sollen den Bund der Ehe schließen, auf dass sich „Fell und Haut miteinander verbinden“. Noch in der Hochzeitsnacht wird der Plan durch einen Verrat vereitelt – und die Ehe nimmt ein gleichwohl abruptes, wie schockierendes Ende.

Alsbald zeigt sich, dass ein permanenter Friede in weite Ferne gerückt ist. Sowohl die Menschen als auch die Wölfe und ihre Verbündeten stürzen sich in neue erbitterte Kriegshandlungen. Beide Seiten mobilisieren längst verloren geglaubte Kräfte in Form von ehemaligen Mitstreitern. Grauer Wolf, der abtrünnige Sohn des Anführers der Wölfe,  ist nicht sofort zu begeistern, da er sich mit Frau und Familie zurückgezogen hat. Auch die Menschen versuchen eine lebende Legende zu kontaktieren. Herr Clam, eine mysteriöse Gestalt, die als Mörder der Wölfe berüchtigt ist, soll im Kampf gegen die Tiere den entscheidenden Vorteil bringen.

Die Spuren führen in den rätselhaften Wald der Jungfrauen. Ein heiliger Ort, von dem noch kein Mann lebend wieder zurückgekommen ist.



Dieser Comic wurde mit dem Splash-Hit ausgezeichnet Meinung:
Alle paar Monate kommt eine Neuerscheinung auf den Markt, die es in sich hat. So geschehen im Februar bei Salleck. Nicht nur, dass die Novitäten bei diesem Kleinverlag scheinbar eher nach Zeit, Lust und Laune publiziert werden, als gemäß eines gut strukturierten Veröffentlichungsplans, die Vielfalt des Gesamtprogramms ist obendrein so divers, dass man immer mit einer inhaltlichen Überraschung rechnen muss.  Hinzu kommt, dass Eckart Schott mitunter auch auf abgelegenen Weidegebieten grast, und so zog er einen Fisch an Land, der in Frankreich beim Verlag Robert Laffont debütierte. Dieser Buchverlag brachte Comics nur als Nebenprodukt heraus und hat zwischenzeitlich zwar seine Comicreihe eingestellt, aber glücklicherweise die besten Titel dem Verlag Delcourt vermacht. Das Cover der deutschen Ausgabe wird übrigens nicht vom Originaltitelbild, sondern vom Motiv der Neuauflage geziert.

Der Wald der Jungfrauen ist einer dieser Titel, die an Delcourt gingen – eine märchenhafte Fantasy-Story, bei der es stellenweise sehr explizit zur Sache geht und die für Salleck eher untypisch ist. Grafisch, inhaltlich und von der gesamten Aufmachung ist es fast schon der typischste Splitter-Titel, der nicht von Splitter verlegt wird.

Vom Setting ist die Geschichte eine Kombination aus einem fiktivem Historienstück und einer Erzählung über eine phantastisch anmutende Welt. Die Figuren, die Kostüme oder die Architektur erinnern an die Epoche der späten Renaissance und sind akribisch ausgearbeitet. Comics, in denen Tiere wie Menschen handeln, auch abseits der üblichen Funny-Pfade, gibt es zwar genug. So fällt einem im Fantasy-Bereich spontan Mit Mantel und Degen (Carlsen) ein. In Der Wald der Jungfrauen geht es jedoch sehr realistisch zu, so findet man hier gar eine strenge Einteilung in Stände und Klassen, selbst unter den Tieren, als markantes Merkmal einer real vergangenen Zeit. Hier sind die Wölfe und Bären eine Art Adel, während kleinere Tiere, wie Füchse, das gemeine, niedere Volk repräsentieren.

Schaut mal einmal genauer unter die inhaltliche Oberfläche, so kann man jedoch viel mehr entdecken, als bloße Symbolik aus der Zeit der Klassenkämpfe. Schon die Eröffnungssequenz beschreibt sehr gut, wie verzwickt die Lage ist. Eine Heirat ist hier dazu da, um die Macht zu sichern. Und Dufaux geht mit seiner Geschichte sogar noch ein Tick weiter: es kommt nicht zusammen, was zusammen gehört, sondern grundverschiedene Weltbilder, Rassen und Lebensweisen sollen per Ehevertrag verkuppelt werden, um einen brüchigen Frieden zu sichern. Dabei spricht en detail alles dagegen, denn der Wolf in der pompösen Hochzeitsrobe fühlt sich unwohl, und dies nicht nur, weil der Kragen etwas eng sitzt. Auf der andere Seite findet der Bruder der Braut: Tote Tiere kann es nie genug geben. So werden immer wieder subtile Andeutungen auf einen omnipräsenten Rassismus gemacht, die dem Ganzen eine besondere Note geben.

Das kann auf Dauer nicht gut gehen, schon alleine, weil man sich fragt, wie die Frucht der Hochzeitsnacht wohl aussehen möge. Ganz Gewiefte stellen sich, betört durch den ganzen Pseudo-Realismus durchaus die Frage, ob Der Wald der Jungfrauen eine Geschichte ist, die Sodomie beschreibt.

Trotz der starken Orientierung an Wirklichkeiten, ist die Geschichte höchst märchenhaft und zieht den Leser bereits von den ersten Seiten an in ihren Bann. Die Handlung verläuft rasant, und nach dem Scheitern der Heirat bilden sich zwei Stränge, die zügig erzählt werden. Der Aufschwung des neuen großen Krieges zwischen Menschen und Tieren bietet pure Dramatik und fesselt den Leser gekonnt. Alte Feindschaften brechen wieder auf. Allianzen werden geschlossen. Dabei werden beide Seiten gleich stark beleuchtet.  Die Beschreibung der zwei Lager ist so ausgewogen, dass man sich als Leser gar nicht entscheiden kann, ob man für die Tiere oder die Menschen Partei ergreifen soll.

Der Wald der Jungfrauen, der der Serie den Namen gegeben hat, bleibt bis zuletzt im Hintergrund. Er ist eher indirekt präsent, wie eine Art dräuende Legende mit einem gar schrecklichen Geheimnis, welches erst in späteren Bänden aufgelöst wird.

Die Zeichnungen von Tillier sind schlicht grandios. Sie sind wunderschön anzuschauen, ebenso wie die Zeichnerin selbst. Von ihr ist ein Foto im Band abgebildet, welches sie als klassische Schönheit, eine Art reinkarnierte Ingrid Bergmann, zeigt. Tillier bringt nicht nur schöne Landschaften, ein farblich stimmiges Ambiente und einwandfreie Figuren zu Papier, sie schafft es auch, den einzelnen Tieren detaillierte Gesichter und die dazu passenden Gemüter zu verleihen. Neben all der grafischen Pracht geht es an den inhaltlich heftigen Stellen auch optisch deftig zur Sache. Brutalität wird in ihrer krassen Auswirkung gezeigt. So sieht man bei Kämpfen mit Schwert oder Axt, wie selbstverständlich, klaffende Hälse und davonfliegende Köpfe. Das Ergebnis ist eine intensive Atmosphäre während der Lektüre, die zugleich schauert und fasziniert.

Zeitgleich mit der normalen Ausgabe, die 56 Seiten hat, erschien noch eine auf 72 Seiten erweiterte Vorzugsausgabe. Diese bringt unter dem Titel Aus Beatrice Tilliers Studio jede Menge Skizzenmaterial sowie Bonus-Illustrationen aus der Welt der Serie. Abgerundet wird das Ganze mit einem schönen Druck als Beilage. Diese Luxusausgabe ist auf 300 Exemplare limitiert und für 59 Euro zu haben.

Wer etwas Französisch beherrscht, der kann sich beim Besuch des Blogs der Zeichnerin den Wald der Jungfrauen betreten und sich zusätzlichen Appetit holen.



Fazit:
Verrat ist ein äußerst gelungener Auftakt eines neuen Fantasy-Dreiteilers. Dufaux schafft es, die Spannung von der ersten bis zur letzten Seite nicht nur zu halten, sondern auch zu steigern. Ist man auf der letzten Seite angelangt, kann man es kaum erwarten, den zweiten Teil in den Händen zu halten.

Die Zeichnungen von Tillier sind auffallend sehr gut. Wer es sich finanziell leisten kann, der sollte sich die Luxusausgabe des großformatigen Hardcovers gönnen, da diese das außerordentliche Talent der Französin mit weiteren beeindruckenden Illustrationen unterstreicht.

Somit ist der Band besonders zu empfehlen für Fans von erwachsenen Fantasy-Comics, die Blut sehen können und gerne historisch verbrämte Märchen goutieren, sowie für den typischen Splitter-Leser. Alle anderen sollten zumindest im Comicladen ihrer Wahl einen intensiven Blick riskieren. 

Der Wald der Jungfrauen 1: Verrat - Klickt hier für die große Abbildung zur Rezension

Der Wald der Jungfrauen 1: Verrat

Autor der Besprechung:
Matthias Hofmann

Verlag:
Salleck Publications

Preis:
€ 12,90

ISBN 13:
978-3-89908-340-8

56 Seiten

Bewertungen unserer Redaktion und unserer Leser

Positiv aufgefallen
  • spannende Geschichte
  • supergute Zeichnungen
  • gelungene Kolorierung
Negativ aufgefallen
Die Bewertung unserer Leser für diesen Comic
Bewertung:
1
(1 Stimme)
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Rezension vom: 18.05.2010
Kategorie: Der Wald der Jungfrauen
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