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Der 317.000 Dollar Comic
Action Comics No. 1 unter dem Hammer - Gedanken zu einer Versteigerung

Im März erregte eine Meldung nicht nur in der Comicwelt Aufsehen. Eine gut erhaltene Ausgabe der Nummer 1 der Action Comics vom Juni 1938 hat bei einer Versteigerung für 317.000 Dollar seinen Besitzer gewechselt. Keine schlechte Rendite für ein Heft, das damals für 10 Cent über den Ladentisch gegangen ist und wofür der Anbieter später antiquarisch 35 Cent bezahlt haben soll. Der Neubesitzer, ein amerikanischer Drummer und Comichändler names John Dolmayan, fungierte bei dem Geschäft nur als Mittelsmann. Das seltene Stück hat er im Kundenauftrag für einen nicht näher genannten Sammler ersteigert.

Die Summe wirkt im Vergleich mit anderen Versteigerungen fast bescheiden. 2006 hat die "Goldene Adele" von Gustav Klimt 135 Millionen Dollar erzielt, die Briefmarke "Britisch Guyana 9" ging 1980 für 935.000 Dollar an einen Philatelisten und erst im Februar hatte ein Parfümfläschchen samt Etui von 1921 bei der Auflösung der Sammlung von Yves Saint Laurent und Pierre Bergé sage und schreibe 7,7 Millionen Euro eingebracht.

Für ein Comicheftchen ist es allerdings einer der besten Erlöse, die eine Versteigerung jemals erzielt hat. Es handelt sich dabei auch nicht um irgendein beliebiges Comic, sondern es hat einen gewissen Symbolcharakter. In dieser Ausgabe hatte Superman seinen ersten großen Auftritt auf der Comicbühne. Jerry Siegel und Joe Shuster hatten vorher vergebens versucht ihren Superhelden verschiedenen Zeitungen als Comicstrip anzubieten und sind nur durch einen glücklichen Umstand in die Erstausgabe der Comic Actions gerutscht. Den Herausgebern fehlte noch Material um das Heft zu füllen und haben unter Zeitdruck den "Mann aus Stahl" mit hineingenommen. Zu aller Überraschung stellte sich dieser Umstand als Glücksfall heraus, da der reißende Absatz vorwiegend dem Superhelden, der auch das Cover zierte, zu verdanken war. Diese Geschichte machte dann den Weg frei für eine mittlerweile unüberschaubare Anzahl an Helden mit Superkräften oder außergewöhnlichen Fähigkeiten.

Bei solchen Beträgen stellen sich bei vielen Menschen mehrere Fragen. Die Summe allein ist noch nicht so erschreckend, Häuslebauer kalkulieren mit noch höheren Zahlen und wer mehrere Kinder bis zu einem akademischen Abschluss finanziell unterstützt hat, hat dort ebenfalls einen sechsstelligen Betrag investiert (1). Lassen wir auch einmal die eigentlich schöne Idee beiseite, dass das Geld in sozialen Projekten sinnvoller angelegt gewesen wäre. Sonst müsste ebenfalls fast jeder Kauf hinterfragt werden, der über die Befriedigung der Grundbedürfnisse hinausgeht.

Aber vermutlich hätten die meisten von uns die Summe von knapp einer viertelmillion Euro andersweitig angelegt, so sie denn gerade verfügbar gewesen wäre. Danach kommt die Frage auf: Ist dieses Heft, bekanntermaßen ein Massenprodukt, den erzielten Preis wert? Im Gegensatz zu Gemälden, die meist einmalig auf der Welt sind, sind von dieser Ausgabe noch etwa 100 Originalexemplare bekannt, meist allerdings in restauriertem Zustand. Und bei den damaligen Verkaufszahlen kann es immer wieder passieren, dass bei einer Entrümpelung oder Auflösung von alten Lagerbeständen plötzlich noch weitere Exemplare auftauchen. Dazu kommt noch, dass es genug Nachdrucke gibt, so dass es für den Leser nicht unbedingt ein Original sein muss. Aber Preise entstehen nun einmal aus Angebot und Nachfrage und vermutlich wird dem Endbesitzer der Besitz dieses Heftes der endgültige Preis - Versteigerungserlös und die Gebühr für die Dienste des Zwischenhändlers - wert gewesen sein. Es ist auch weiterhin anzunehmen, dass diese Person sich nach dem Kauf noch regelmäßig eine warme Mahlzeit leisten kann.

In seinem F.A.Z. Blog hat Andreas Platthaus einen interessanten Beitrag über diese Versteigerung erstellt. Dort hat er sich intensiv mit der Überlegung beschäftigt: Was macht der Sammler jetzt damit? Eine Frage, die zum Nachdenken anregt. Ein möglicher Antrieb für den Erwerb wäre die Sehnsucht nach öffentlicher Anerkennung gewesen. Da der Sammler anonym geblieben ist, fällt dieses Motiv allerdings weg. Sitzt er jetzt vor dem versiegelten teuren Neuerwerb und "himmelt ihn an", wie Andreas Platthaus es bildhaft beschrieben hat? Wird der Comic in einer Art Schrein auf seinem Anwesen ausgestellt oder verschwindet er für viele Jahre in einem Panzergewölbe und reicht der Gedanke, dieses Stück Comicgeschichte zu besitzen? Das er das Heft auspackt und seiner eigentlichen Bestimmung zuführt und liest, ist sicherlich wirklich eine naive Vorstellung.

Und das ist wirklich schade und eigentlich eine traurige Vorstellung. Comics werden erdacht, gezeichnet, betextet und herausgegeben, damit der Käufer sie liest. Selbst bei pfleglichem Umgang kann es dann immer zu der einen oder anderen Schramme, dem kleinen Kratzer oder einem Knick kommen. Natürlich bestehe ich als Käufer auf ein einwandfreies Exemplar und ärgere mich über Zusteller, die meinen aus größeren Umschlägen eine Faltarbeit machen zu müssen, damit diese in einen Standardbriefkasten passen. Ebenso müssen Comics oder Bücher allgemein nicht mit klebrigen Händen oder mit sonnenölgetränkten Fingern gelesen werden. Aber wenn durch mich oder meine Mitleser mal trotz einiger Sorgfalt mal eine kleine Macke in das gute Stück kommt, Schwamm drüber. Eine spätere eventuelle Wertsteigerung ist für mich beim Comickauf kein Kaufkriterium. Ein Comic muss mir gefallen und ich will es lesen, auch mehrfach und freue mich, wenn es einem Mitleser ebenfalls gefällt. Das ist für mich entscheidend. 

Aber schon Friederich der Große sagte sinngemäß sehr treffend bei anderer Gelegenheit: Es soll jeder nach seiner Fasson glücklich werden. So muß jeder für sich entscheiden, wie er mit seinen Comics verfährt: Lesen oder Versiegeln. Oder nach einmaligem Lesen versiegeln. Oder, oder, oder. Vielleicht gibt es ja in 60 Jahren einen Bericht über einen Rekorderlös eines in diesem Jahr erschienenen Albums oder Heftchens. Wer will dass schon ausschliessen?

Zum Artikel von Andreas Platthaus...

(1) Im Artikel von "Welt Online" aus dem Jahre 2004 ist die Rede von 250.000 Euro als Gesamtsumme für Betreuung, Erziehung und Ausbildung. Wobei ein Teil dieser Summe vom Staat getragen wird. Laut diesem Artikel kommt die amerikanische Regierung bei einer Untersuchung auf die Summe von ca 160.000 Dollar pro Kind bis zum 18. Jahr. Der Artikel ist hier zu finden: http://www.welt.de/print-wams/article111021/Plagen_und_Penunzen_Was_Kinder_kosten.html




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Artikel vom: 12.04.2009
Kategorie: Kommentar
Autor dieses Artikels: Rolf Niemann
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