Marvel Age 1000: Jahrhundert der Helden

Marvel Age 1000: Jahrhundert der Helden

Marvel Age 1000: Jahrhundert der Helden

Story:

Die Helden des Marvel-Universums haben im Laufe der Jahrzehnte die unterschiedlichsten Kämpfe zu bestehen. Sei es mit der Realität fertig zu werden wie die Fackel oder in einer fremden Kultur wie der erste Captain Marvel. Manche wie Spider-Man versuchen nebenbei noch ihr normales Leben zu leben, während bei den X-Men gerade die Liebe das Gefüge des Teams bedroht. Während Daredevil mal wieder mit seinen Kräften hadert und der Silver Surfer in Versuchung geführt wird, zeigt Thor auf das Schwäche auch eine Stärke sein kann.



Meinung:

Eigentlich ist das Heft Marvel Age 1000, das hierzulande als Prestigeausgabe erscheint, ein Jubiläumsheft. Nur gab es 2023, zumindest bei dem Erscheinen der US-Version, keinen Jahrestag. Andere Hefte erschienen anlässlich der ersten Veröffentlichung von Marvel Comics und dann zu dem eigentlichen Start des Marvel-Verlages. Hier ist das nicht der Fall, aber Marvel feiert sich hier selbst und einige Stars kommen zum Zuge. Nicht nur bei den Autoren und Zeichnern, sondern es treten auch einige der beliebtesten Helden auf, die den Esprit des Verlages widerspiegeln sollen. Man will also den Kern von Marvel destillieren und hier zelebrieren. Leider gelingt das nur teilweise.

Negativ fällt schon die erste Kurzgeschichte auf, die sich dem allerersten Marvel-Helden, der Fackel, annimmt. Laut Textbox ist die Story 1939 angesiedelt, aber optisch passt das absolut nicht. Deutlich ist die Story dann auf einmal heute angesiedelt, zumindest von den Charakteren, der Mode und der Umgebung her. Faulheit, Unkenntnis oder schlicht schlampig? Das ist bedauerlich da es eigentlich eine gute Meta-Ebene hätte werden können da die Fackel nicht zwischen einem fiktiven Idol und einem wahren Menschen unterscheiden kann.

Es ist logisch das als nächstes das große Aushängeschild, Spider-Man, auftritt. Eigentlich eine nette Idee das man das heutige Publikum und dessen Versessenheit auf Smartphones abholt. Während eines Kampfes schaut Spidey permanent auf sein Smartphone, liest und verschickt Nachrichten während er nebenbei kämpft. Was soll da die Essenz von Marvel sein? Wahrscheinlich das sich die Geschichten am Puls der Zeit bewegen und die Leserschaft in ihrer Realität abholt. So nervig die dann auch sind mit ihrer Display-Sucht. Zudem kann der Zeichner einfach keine Echse zeichnen und Lizard sieht mehr wie eine Kröte aus. Offenbar ist Ryan Stegmann kein Freund von Reptilien.

Die X-Men Story ist eher eine Liebesgeschichte und zeigt die Dynamik innerhalb des ersten Teams auf. Die Action kommt hier kaum vor und auch das große Thema der Serie, Rassismus, spielt hier keine Rolle. Dennoch ist es die erste gelungene Story was auch an den ungewöhnlichen Zeichnungen liegt. Auch die nächste Story lässt einen mit einer freudigen Erwartung aufhüpfen. Schließlich hat der Ausnahmekünstler Michael Allred, zusammen mit seiner Frau Laura Allred als Coloristin, die Geschichte um den ersten Captain Marvel gestaltet. Also nicht Carol Danvers, sondern den ursprünglichen Kree-Krieger. Zeichnerisch ist das wie gewohnt herausragend bei den Allreds. Aber die Geschichte ist vollkommen konfus und ergibt am Ende keinen Sinn.

Dann folgt endlich die erste wirklich überzeugende Geschichte, die Daredevil als Helden feiert. Seine Sinne sind hier verstärkt was ihm nicht gut bekommt. Aber es ist eine schöne Idee das er nun wie ein Lügendetektor funktioniert, aber das hätte man gerne weiter ausweiten können. Auch die Geschichte um den Silver Surfer zählt zu den besseren. Zeichnerisch ist sie überraschend da Steve McNiven sich offenbar stilistisch an Moebius orientiert. Er greift die philosophische Tonart der Geschichten um den Silver Surfer auf, aber das wird letztlich sehr banal. Auch werden hier deutlich religiöse Assoziationen geweckt, wenn der Silver Surfer von Mephisto ähnlich in Versuchung geführt wird wie einst Jesus von Satan in der Wüste.

Zu den guten Geschichten gehört auch die um Thor. Hier in der Inkarnation von Jane Foster. Es geht um ein Mädchen welche Superhelden hasst weil sie eben mächtig sind, offenbar kein Gebrechen kennen und zu abgehoben von der Realität und dem Alltag sind. Dem wird sie besseres belehrt als sie erkennt das Thor Jane Foster an Krebs erkrankt ist. Hier kommt die Essenz von Marvels Helden sehr zum Tragen da sie alle eben auch ihre Schwächen haben.
Die letzte Kurzgeschichte kann man dann postmodern nennen. Stan Lee, Jack Kirby und Steve Ditko treten hier als Jugendliche auf und es wird deren Fantasie gefeiert welche zum Entstehen des Marvel-Universums führte. Nur die drei können die Helden sehen deren Erlebnisse sie aufzeichnen. Das ist allerdings mehr ein Beitrag zu einer Legendenbildung und geht an der historischen Realität vorbei und verschweigt, dass sich die Zeichner mit Lee zerstritten hatten.

Ist der schmale Prestigeband also nun die Essenz von Marvel? Ja und nein. Es fehlen einige Aushängeschilder und manche Themen fallen unter den Tisch. Manches wie etwa die Schwächen der Helden und die Einbindung der Realität der Leserschaft kommt vor, aber leider auch die negativen Aspekte die damit teils einhergehen. Insgesamt ist das eher enttäuschend und mehr eine schamlose Nabelschau denn überzeugend.



Fazit:

Enttäuschend. Einige Geschichten sind äußerst schwach bis schlampig wohingegen zumindest die meisten zeichnerisch überzeugen können. Aber es wird die Essenz von Marvel weniger destilliert als eine Nabelschau vorgenommen.