Mechanica Caelestium

Mechanica Caelestium

Mechanica Caelestium

Story:

2068 liegt unsere Ordnung in Trümmern. Wir verfolgen die Reise von Aster, die mit Hilfe seines Freundes Wallis am Rande der Agrarstadt Pan überlebt. Das zerbrechliche Gleichgewicht der Gemeinschaft wird durch die Ankunft eines Abgesandten der mächtigen Militärrepublik Fortuna gestört, der die Bindung von Pan an Fortuna und einen Tribut an Nahrung fordert oder eine gewaltsame Invasion ihrer Stadt riskiert. Mit dem Rücken zur Wand, verlassen sich die Bewohner von Pan auf die geheimnisvolle Mechanica Caelestium, eine Art Völkerball, um über ihr Schicksal zu entscheiden.



Meinung:
Eine Geschichte rund um ein Spiel aufzubauen ist nicht neu und verspricht durchaus Spannung. Wenn es sich bei dem Spiel allerdings um Völkerball handelt, horche ich auf. Wie? Wirklich Völkerball? Dass Völkerball, dass ich als Grundschüler so geliebt habe und dass darin bestand, die Gegenspieler mit einem Ball abzuschießen? Kaum vorstellbar, dass ein harmloses Kinderspiel für eine fesselnde postapokalyptische Geschichte taugt.
Aber eine kurze Internetrecherche belehrt mich eines Besseren, denn nach meiner einiger Soziologen ist das Völkerballspiel aus einem rituellen Kriegsspiel heraus entstanden, bei dem sich zwei „Völker“ eine traditionelle Schlacht in Grundordnung liefern, bei dem der Ball die „tödliche“ Waffe ist. Dann bekommen auch Begriffe aus der Spielanleitung wie „König“ oder „Königin“ eine völlig neue Bedeutung. Ein Kriegsspiel also, dann hinein in den Comic.
Basierend auf einer Geschichte vom Typ „David gegen Goliath“ bietet Merwan in seinem Comic eine klassische Abenteuergeschichte. Von den ersten Seiten an ist die Tatsache, dass der Autor vor allem Grafikdesigner ist, offensichtlich. Sein Talent liegt vor allem in der Darstellung von Bewegung, was bei einer Geschichte, die im Wesentlichen Sport darstellt, von großem Vorteil ist. Mit sicherem Strich fängt er jeden Wurf, jedes Ausweichen, jeden Sprung und jede Rolle ein. Sein Stil erinnert mich mitunter an die Bewegungsabläufe aus den Manga, wie sie beispielsweise Katsuhiro Otomo in „Akira“ darstellt. Durch seinen Zeichenstil gewinnen die Aktionszenen eine Dynamik, wie sie bestenfalls aus Animes ist. Dabei arbeitet er mit luftigen und leichten Farben. Ohne in einen Aquarellstil zu verfallen, gelingt es ihm, jene Qualitäten der Transparenz zu bewahren, die diesen Stil so besonders macht. 
Mit „Mechanica Caelestium“ gelingt es Merwan Frische und Neuheit in das Genre der postapokalyptischen Science-Fiction zu bringen. Dabei scheint auf den ersten Blick alles klassisch zu sein. Die Überbleibsel der modernen Gesellschaft, so wie wir sie kennen, sind von Natur überwuchert – übrigens erweisen sich in diesen Panels die von Merwan verwendeten Farben als besonders genial. Die Orte der Geschichte sind eindeutig von der römischen Antike inspiriert, mit den Städten Pan und Ceres oder der Militärrepublik Fortuna, dem futuristischen Pendant zum antiken Rom. Eine weitere Gemeinsamkeit mit der Antike ist die große Anziehungskraft der Einwohner von Fortuna für die Mechanica Caelestium, die wir schnell als Variante des Völkerballs identifizieren können. In Fortuna aber gewinnt das Spiel den Charakter der römischen Zirkusspiele.
Mit Aster präsentiert Marwan uns eine Heldin, die sich in ihrem Kampf beim Spiel selberfindet und die durch ihren Mut ein ganzes diktatorisches System stürzen und zum Idol unter den Unterdrückten und Vergessenen des Systems werden wird. Sicherlich keine besonders innovative Charakterisierung einer Person, die auf eine jugendliche Leserschaft zugeschnitten ist. Aster ist aber nicht der einzige Charakter, der um Kontur kämpft. Die Helden und Antihelden bei Marwan bleiben eher blass – der eine mehr, der andere weniger. Angesichts dieses leichten Mangels an Originalität wäre es jedoch falsch, wenn der Leser schmollen würde, denn die Geschichte ist spannend zu lesen, der Erzählrhythmus wird beibehalten und die Actionszenen des Bandes verführen dazu, die Geschichte nicht aus der Hand zu legen und in einem Rutsch zu verschlingen. 



Fazit:
„Mechanica Caelestium“ ist ein absoluter Augenschmaus, aber auch eine gute Action-Geschichte, die hier und da in der Charakterisierung seine Schwächen hat. Marwan nimmt den Ball zum Völkerball auf, visiert uns Leser kurz an und landet einen satten Treffer.