Adeles ungewöhnliche Abenteuer: Adele und das Ungeheuer - Gratis Comic Tag 2010

Adeles ungewöhnliche Abenteuer: Adele und das Ungeheuer - Gratis Comic Tag 2010

Adeles ungewöhnliche Abenteuer: Adele und das Ungeheuer - Gratis Comic Tag 2010

Story:
Paris, im November 1911. Im Museum für Naturgeschichte ist das Ei eines Pterodaktylus ausgestellt. Aber obwohl die Tiere seit Jahrmillionen ausgestorben sind, schlüpft eines Nachts tatsächlich ein Jungtier aus dem Ei!

Der Flugsaurier bringt die ganze Stadt in Aufruhr, und bald gibt es die ersten Todesopfer. Das bringt nicht nur die Polizei auf die Spur des Tieres, sondern auch einen berühmten Großwildjäger und viele Glücksritter. Denn ein Bankier hat die stattliche Summe von 5.000 Dollar auf den Kopf des Pterodaktylus oder wenigstens ein Foto von ihm ausgesetzt. Kein Wunder, dass sich die Jäger schnell gegenseitig in die Queue kommen...

Meinung:
"Adele und das Ungeheuer" ist ein anspruchsvoller Comic, im doppelten Sinne. Nicht nur darf der Leser hohe Ansprüche an den Comic stellen, er muss auch selbst etwas investieren. Denn die Geschichten verlangt einiges von ihrem Leser. Vieles wird nicht oder sehr viel später erklärt, Personen treten auf, Namen werden genannt, aber wie alles zusammenhängt wird zunächst nicht erklärt. Vieles bleibt bis zum großen Finale unklar. Als Leser hat man manchmal den Eindruck, man habe nur einen Ausschnitt aus einer längeren Geschichte vor sich und es fehlten einem wichtige Vorkenntnisse zum Verständnis.

Hinzu kommt, dass auch die Charaktere einander betrügen und hintergehen. Es ist nicht immer leicht den Überblick zu behalten, wer gerade mit wem gegen wen kooperiert, aber insgeheim doch ganz andere Ziele verfolgt. Den beläufigen Leser könnte auch abschrecken, dass sich eigentlich keiner der Charaktere als Identifikationsfigur und Sympathieträger eignet. Am ehesten kommt an diese Rolle noch die Nebenfigur des Antoine Zborowsky heran, der sich in die vermeintliche Edith verliebt. Die meisten anderen, auch die titelgebende Adele, sind eher zynisch und jederzeit bereit, für ihren Vorteil Verbrechen bis zum Mord zu begehen.

Aber wenn der Leser diese Hürden erst einmal überwunden hat, wird er mit einem Comic belohnt, der zeigt, warum Tardi seinen überaus guten Ruf geniest. Die Geschichte ist fein gewoben und mit leisem Humor, aber auch einer guten Portion Spannung erzählt. Die Zeichnungen halten bei den Figuren die Balance zwischen Realismus und dezenter karikaturhafter Überzeichnung der jeweiligen Persönlichkeit. Das restliche Artwork ist, wie von Tardi gewohnt, von erster Qualität, so manche Häuserfassade beispielsweise würde man sich ohne weiteres als Druck an die Wand hängen.

Die Tatsache, dass diese Geschichte für den Gratis-Comic-Tag ausgewählt wurde, kann von zwei Seiten betrachtet werden. Die aufgezeigten Hürden könnten neue Leser schlimmstenfalls abschrecken. Auf der anderen Seite zeigt "Adele und das Ungeheuer", was Comics eben auch sein können. Und an diesem "Pol" des Comic-Spektrums gibt es sehr wohl Lohnendens zu entdecken, unter anderem diesen Comic.

Fazit:
Beläufige Leser könnten mit dieser fein gewobenen Mischung aus Krimi, Abenteuergeschichte und Phantastik überfordert sein. Wer aber etwas Zeit und Aufmerksamkeit zu investieren bereit ist und die Geschichte wenn nötig auch mehrmals liest, wird belohnt.