Octobriana leuchtet im Dunkeln

Der Underground-Comic aus der UdSSR der 1960er(?) soll mit Farben gedruckt werden, die unter Schwarzlicht leuten
Es gibt ja das Meme von der Regel 34: Wenn etwas vorstellbar ist, gibt es im Internet eine Porno-Version davon. Der Comic, um den es hier geht, könnte als Indiz für eine ähnliche Regel gelten: Wenn etwas vorstellbar ist, gibt es irgendwo einen Comic dazu. "Irgendwo" meint in diesem Fall die Untergrund-Szene in der Sowjetunion der 1960er. Dort entstand die Superheldin "Octobriana", angesiedelt irgendwo zwischen Barbarella, Orson Welles "Krieg der Welten" und einer Amazone à la Wonder Woman. Als Verkörperung der Oktoberrevolution und "Teufelsfrau" kämpft Octobriana gegen Robot-Stalin und die Unterdrückung in der UdSSR.

Der Ursprung von Octobriana liegt in der Untergrundgruppe Progressive Political Pornography Party im Kiev der 1960er. Die Mitglieder dieser Gruppe stellten damals sogenannte samizdat her, was man ganz grob mit selbstverlegten Zines oder Doujinshi vergleichen könnte. So schildert es jedenfalls der Autor Petr Sadecký, der aus der Tschechoslowakei in den Westen floh und dort 1971 ein Buch mit dem Titel "Octobriana and the Russian Underground" veröffentlichte. Wie viel von dieser Ursprungslegende nun wahr ist, ist unklar und hat auch schon Gerichte beschäftigt. Octobriana gilt seither jedenfalls als bewusst copyright-freie Figur, die von jedem Künstler verwendet werden darf. Das führte dazu, dass die gerne freizügig gekleidete Dame über die Jahrzehnte in den verschiedensten Comics und Geschichten auftauchte.

Jim Rugg (u. a. "Street Angel", "The Plain Janes") will der wechselvollen Geschichte jetzt noch ein weiteres Kapitel hinzufügen. Auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter sammelt er Geld für "OCTOBRIANA 1976". In dem Comicband erlebt Octobriana ihre Abenteuer in den 1970er Jahren, und das sogar im Dunkeln.

Denn als wäre die Geschichte der Superheldin noch nicht ungewöhnlich und verwirrend genug, hat sich Rugg zusätzlich eine technische Besonderheit ausgedacht. Er will für den Band Druckfarben verwenden, die unter Schwarzlicht floureszieren. Schon vor einigen Jahren produzierte Rugg einen Druck mit diesen Farben, jetzt will er das auf einen ganzen Comic ausweiten.

Den Geschmack von genügend Lesern scheint er jedenfalls zu treffen. Die angepeilten 5.000 US-Dollar sind längst übertroffen, bisher haben Fans mehr als 76.000 Dollar für Octobriana in den virtuellen Hut gelegt.