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Interview mit Andreas Martens
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andreas_seite„Ich werde viel experimentieren!"andreas_foto

Andreas Martens wurde 1951 in der DDR geboren, kam 1960 in den Westen, studierte in Düsseldorf und Brüssel und veröffentlicht seit 1980 kontinuierlich Comics – in Frankreich. Er lernte und arbeitete bei Eddy Paape (Luc Orient) und war Teil der renommierten Magazine (À suivre), Le Journal de Tintin und Métal Hurlant. Bei uns erschienen seine Geschichten sporadisch, von seiner 20­bändigen Serie Capricorn wurden gerade einmal zwei Bände bei Carlsen veröffentlicht, bevor man die Serie einstellte. Mit dem Band Quintos bei Finix und vor allem den Gesamtausgaben von Cromwell Stone, Rork und Capricorn bei Schreiber & Leser erlebt der Meister des fantastischen Abenteuers eine nicht zu späte Würdigung. Thomas Dräger sprach für ZACK mit dem Künstler.

Sie sind sehr vom amerikanischen Comic beeinflusst, in Deutschland geboren und wurden bisher vor allem in Frankreich veröffentlicht. Wie passt das zusammen?
Hätte es damals schon die bekannte The Kubert School gegeben, vielleicht wäre ich eher nach Amerika gegangen, aber die gab es eben noch nicht. Also habe ich meine Eltern dazu bringen müssen, mich nach Frankreich gehen zu lassen.

War das ein Problem?
Nein, überhaupt nicht. Eigentlich wollte ich von Kind an Architekt werden.
Das hatte meine Eltern lange Zeit beruhigt. Mit 18/19 habe ich mich dann für den Comic entschieden. Daraufhin hat mich mein Vater gefragt: „Bist Du dir auch sicher?“ Ich habe geantwortet: „Ganz sicher, unbedingt das!“ „Dann ist das gut, und wir bezahlen auch das Studium“, sagte er dann. Meine Mutter war da etwas zögerlicher. Ihr Vater war Kunstmaler, und da war nie Geld im Haus, es waren auch Kriegszeiten. Sie selber wollte eigentlich Schauspielerin werden, aber wegen des Krieges wurde sie dann Ärztin.
Doch etwas Künstlerisches war ihr großer Traum, und so wollte sie dann ihrem Sohn diesen Traum nicht verbieten. Das war schon toll.

Sie waren dann in einem fremden Land, mussten eine fremde Sprache erlernen.
Ich bin nach Belgien, sprach schon etwas Französisch. Verstanden hatte ich alles, und den Rest lernte ich rasch. Das ging gut.

Ihr Rork ist eine einzigartig große Spielwiese, grafisch wie erzählerisch.

Ja, da hatte ich viel Spaß. Das hatte sich zu Beginn sogar gut ver­kauft. Das ließ dann aber leider nach, und heute verkauft sich das gar nicht mehr. Trotzdem wollen die Verlage immer noch was von mir haben. Ich will nicht sagen, dass ich einen Kult­ Status genieße, aber es gibt Leute, die mich und meine Arbeit mögen. Während eines Essens in Angoulême mit einem bekannten Autor fragte jemand, wer ich denn sei. Und er beschrieb mich als UFO im französischen Comic.
Das hat mir ganz gut gefallen.

Und da darf man sich dann auch mal Experimente erlauben?
Jein, nicht bei einem gediegenen Verlag wie Lombard. Da habe ich eigentlich gar nicht ins Programm gepasst. Und trotzdem liefen meine Alben ordentlich. Da fühle ich mich auch immer noch wohl.

Ist das Persönliche für Sie wichtig?
Das finde ich sehr wichtig. Eine rein sachliche Verlagsbeziehung würde für mich nicht funktionieren. Deswegen arbeite ich auch mit Delcourt. Der Verleger ist ein Freund, und so eine persönliche Beziehung zwischen mir und meinem Verleger ist mir sehr wichtig.

Wie hat sich Ihr finanzielles Leben entwickelt?
Das wurde mit der ersten Zusammenarbeit mit Eddy Paape und meinem Umzug nach Paris 1977 immer besser. Da zeichnete ich jeden Monat sieben Seiten von Rork und davon konnte ich leben. Nicht immer bis zum Ende des Monats, aber dann gab es eben pro Tag ein Baguette, und das reichte. Es wurde auch konstant besser.

illu_aus_rork

Sie sind mittlerweile ein gut situierter Mensch?
Nein, im Moment geht es wieder sehr runter mit den Verkaufszahlen, und meine finanzielle Situation wird wieder unsicher.
Früher wurde man in den Magazinen vorveröffentlicht und wurde dafür bezahlt. Die Alben waren dann ein zusätzlicher Verdienst. Heute macht man die Bücher mit einem Vorschuss, und der richtet sich nach dem zu erwartenden Verkauf, und danach kommt dann nichts mehr.
Ich kann mich also nicht zur Ruhe setzten, das will ich aber auch nicht. Da die Produktion in Frankreich und Belgien derzeit deutlich zunimmt, das Publikum aber nicht mit wächst, herrscht gerade eine schwierige Marktsituation für mich als Künstler, und man muss nehmen, was die Verlage einem geben. Und das ist in einer Situation, wo ich meine beiden Serien Capricorn und Arq zu Ende bringe, nicht leicht. Nun muss ich mehr oder weniger von vorn anfangen.
Aber das macht Spaß, und auf das Geld kommt es auch nicht so an.
Ich habe ein eigenes Haus, und ich nage nicht am Hungertuch – es gibt immer noch Baguettes und Freunde, die mit mir zusammenarbeiten wollen.

Kann man bei Ihnen direkt Originalseiten erstehen, vielleicht um Ihnen so finanziell zur Seite zu stehen?
Das geht über meine beiden Galeristen in Brüssel und Paris. Zu Hause bin ich lieber ein Einsiedler, das ist mein Rückzugsort.

Weiter geht es in ZACK # 208 ...

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Special vom: 21.09.2016
Autor dieses Specials: Thomas Dräger
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F.W. Tempel
Ein Blick auf beängstigende Städte
Das Allerletzte
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