Optionen und weiterführende Links



In der Datenbank befinden sich derzeit 477 Specials. Alle Specials anzeigen...

Interview mit Albert Monteys
«  ZurückIndexWeiter  »
monteys

2013 gründete der amerikanische Star -Autor Brian K. Vaughan – Erfinder von Comic-Erfolgen wie Saga, Y: The Last Man und Ex Machina und beteiligt an TV-Hits wie Lost und Under the Dome – zusammen mit dem Spanier Marcos Martin – Ausnahmezeichner von Spider-Man, Dr. Strange: The Oath und Batgirl: Das Erste Jahr – den Eigenverlag Panel Syndicate. Dort geben die beiden seither ihre hervorragende, eigenständige Science-Fiction-Hardboiled-Comicserie The Private Eye als exklusiv digitalen Comic in den Formaten PDF, CBR und CBZ heraus – und der Leser kann frei bestimmen, wie viel er für eine digitale Ausgabe des Comics berappen möchte, die er sich selbst dann problemlos von der Website herunterladen kann, wenn er als abzugebenden Betrag eine fette Null eingibt.
Ende 2014 veröffentlichte Martins Landsmann Albert Monteys die erste digitale Erzähleinheit seiner eigenen Science-Fiction-Comicserie UNIVERSE! auf der Panel Syndicate-Plattform, die sich da schon als lukrativ erwiesen hatte. Deutschsprachige Leser kennen den 1971 geborenen Monteys wohl am ehesten für seine Kurzgeschichte in Paninis Sandman präsentiert: Im Reich der Träume (bzw. in der älteren Speed-Ausgabe: Sandman: Was Sie schon immer über Träume wissen wollten ...) von Fables-Autor Bill Willingham. In seiner spanischen Heimat arbeitete Monteys, der an der Universität von Barcelona Kunst studiert hat und Superhelden als Kind ebenso mochte wie Asterix oder Spirou, an zahlreichen Magazinen mit und fungierte sogar mehrere Jahre als Chefredakteur des berühmten spanischen Satire-Magazins El Jueves.
In UNIVERSE! # 1 entführt Monteys den Leser in eine Zukunft, aus der heraus genau eine einzige Zeitreise möglich ist. Ein machthungriger untoter Firmenchef nutzt diese Chance, um seinen Angestellten Tommy Marriot zum Anbeginn des Universums zurückzuschicken, damit dieser die Quarks der Ursuppe mit dem Firmenlogo versieht.
Im Endeffekt soll Tommy also die Schöpfung selbst im Namen seines Chefs branden. Natürlich bleibt diese Einmischung in die Entstehung der Welt nicht ohne Folgen für Tommy, die Erde oder ihre Bewohner – oder den Wunsch von Tommys Boss …
Jede weitere Ausgabe von Monteys charmant und leichtherzig gestarteter Serie soll eine abgeschlossene, komplett für sich stehende SF-Panelgeschichte enthalten. Richtig oldschool vom Konzept her, aber in einem ziemlich modernen Look, der nicht verleugnen kann, dass Monteys in seiner Heimat als satirischer Cartoonist bekannt ist und einen eher humorvollen, cartoonigen Duktus hat. Im Interview spricht Monteys über seinen neuen Comic, die digitale Zukunft des Mediums und vieles mehr.

Hallo Albert! Erzählst Du uns, wie aus Dir ein Comic-Künstler wurde?
Ich lese schon mein ganzes Leben lang begierig Comics, und meine Leidenschaft für das Medium wird mit jedem Tag nur noch größer. Nach einer Weile, die ich mit Fanzines verbrachte, zeichnete ich fast meine gesamte Karriere lang politische und satirische Comics für Spaniens führendes Magazin El Jueves, das ich sogar vier Jahre lang geleitet habe.

Und dann hat sich im Sommer 2014 einiges für Dich verändert ... monteys_2
Richtig. Ich und achtzehn andere Cartoonisten haben das Magazin verlassen, weil der Verlag ein Cover über den spanischen König zensiert hat. Also entschied ich mich, meiner anderen Leidenschaft nachzugehen: Science-Fiction-Comics. Außerdem starteten ich und einige andere Künstler das satirische Online-Magazin Orgullo y Satisfacción (orgulloysatisfaccion.com), wo wir uns hingebungsvoll Spaniens Gesellschaft und Politik widmen.

Wie siehst Du derzeit den Comicmarkt, ob in Europa oder den Staaten?
Ich weiß nur wenig über Märkte, habe im vergangenen Jahr aber viel gelernt. Es ist nicht zu übersehen, dass Print rückläufig ist und Digital ziemlich viel Sinn ergibt, vor allem wenn du über die Art Publikationen nachdenkst, die du am Kiosk kaufen kannst. Die Frage ist: Wie kriegst du die Leute dazu, für Online-Content zu bezahlen?
Meiner Ansicht nach gibt es drei Dinge, die man bei einer digitalen Veröffentlichung im Hinterkopf behalten muss. Erstens, liefere die beste Arbeit ab, zu der du fähig bist. Das mag offensichtlich sein, doch wenn du dir die Sachen anschaust, die durchs Web geistern, wird dir klar, dass das Internet manchmal einen Lektor oder Redakteur gebrauchen könnte! Zweitens, sei exklusiv digital. Eine gedruckte Ausgabe für die Hardcore-Fans mag nach einer gewissen Zeit eine gute Idee sein, aber mach den Lesern klar, dass digital der einzige Weg ist, deine Comics hier und jetzt zu lesen. Und drittens, lass die Leser so viel wie möglich über dich und dein Projekt wissen. Internet-Nutzer werden immer die Möglichkeit haben, deine Sachen zu lesen, ohne dafür zu zahlen. Lass sie also wissen, dass das Bezahlen deiner Comics sicherstellt, dass du weitere Comics produzierst, die sie mögen. Sorge dafür, dass sie sich als Teil des Projekts sehen, und die Leute werden darauf reagieren. Das gilt für alle Märkte, glaube ich.

Kaufst und liest Du selbst digitale Comics?
Ich konsumiere digitale Comics, und ich lese viele Webcomics. Wenn ich einen Comic besonders mag, gefällt es mir, ihn in gedruckter Form zu haben. Vielleicht ist das der Fetisch des Besitzens, wer weiß. In jedem Fall denke ich, dass beide Wege kompatibel sind. Digital für die meisten Comics, Papier für die, die ich für immer behalten will.

Lass uns über UNIVERSE! sprechen. Wie wurdest Du in das Panel Syndicate-Projekt Deines Freundes Marcos Martin involviert?
Marcos kontaktierte mich im Sommer 2013. Er und Brian K. Vaughan hatten The Private Eye schon eine Weile laufen und den Eindruck, dass die Zahle-Was-Immer-Du-Möchtest-Formel funktioniert, und dass es der Website gut täte, wenn sie noch für andere Serien ein Zuhause wäre, die die Leute dazu bringen würden, die Seite weiter zu nutzen.

Wie verlief eure Zusammenarbeit an UNIVERSE! # 1?
Marcos und ich liegen für gewöhnlich auf einer Wellenlänge, was ihn zu einem großartigen Redakteur für meine Comics machte, der mir den Freiraum gab, den es gerade brauchte, und die smarten Ratschläge, die ich benötigte. Sein Geschäftsmodell ist einleuchtend, und ich bewundere ihn als Künstler, sodass ich in den besten Händen war.

Creator-Owned-Science-Fiction-Comics boomen momentan in den USA. Warum hast Du es nicht bei einem Verlag wie Image versucht, um klassisch in gedruckter Form zu veröffentlichen?
Dafür gibt es zwei Gründe. Ich wollte die digitalen Gewässer ausprobieren, und zwar an keinem anderen Ort als panelsyndicate.com.
Außerdem bin ich amerikanischen Lesern vollkommen unbekannt, weshalb ich nicht die Unterstützung erfahren hätte, die mir Marcos und Brian zukommen ließen. Der einzige andere Titel von Panel Syndicate zu sein, unter dem Schirm dieser beiden grandiosen, äußerst bekannten Comicmacher, hat mich für viele Leser in ein Spotlight gerückt.

Vaughan und Martin starteten Panel Syndicate im März 2013.
Als Dein erstes Kapitel von UNIVERSE! Ende November 2014 erschien, wusste man, dass das Modell der beiden funktioniert. Erzeugt das in Dir Hoffnung, Druck oder ...?

Abgesehen davon, dass sie zwei der herausragendsten Comicschaffenden sind, die an einer der besten Comicserien arbeiten, die ich in diesem Jahrzehnt gelesen habe, sind Brian und Marcos zwei große Namen in der Comicszene, weshalb ich nicht so tun kann, als könne ich mich mit ihnen vergleichen. Sie waren freundlich genug, ihren Platz mit mir zu teilen, wovon ich nur profitieren kann. Ich verspüre keinen Druck, aber sehr wohl Inspiration, zumal unsere Projekte unterschiedlich genug sind, um direkte Vergleiche auszuschließen. Sie gingen das große Risiko ein, und ich betrat die Szenerie erst, als ich wusste, dass die Chancen gut stehen, weshalb ich den Jungs einiges schulde.

Was sind in Deinen Augen die größten Vorteile und Nachteile dieses Veröffentlichungs- und Bezahl-Modells?
Comics sind günstig zu produzieren (vorausgesetzt, du siehst Zeit als günstig an), und digitale Comics sind auch günstig zu veröffentlichen und zu vertreiben. Das macht es für einen Kreativen einfacher, an einer Geschichte weiterzuarbeiten und eine Leserschaft aufzubauen.
Durch die Nutzung sozialer Netzwerke lässt du die Leser wissen, was du tust, und kriegst promptes Feedback von ihnen. Und der Kreative bekommt das größte Stück vom Kuchen, etwas, das in der Unterhaltungsindustrie leider nicht üblich ist. Manche Leser werden die physische Erfahrung von Papier vermissen, doch wenn die Geschichte gut genug ist, kommen sie darüber hinweg.

Was hast Du Dir vom digitalen Veröffentlichen und dem Bezahl Modell für deine Comics erhofft?
Ehrlich gesagt, wusste ich nicht, was ich erwarten sollte. In Spanien habe ich eine große Fanbase, von daher vertraute ich darauf, dass die Leser gut auf das Angebot reagieren würden. Doch ich hatte keinen Schimmer, was die internationalen Leser aus meinem Comic machen und davon halten würden. Glücklicherweise waren die Reaktionen sehr gut, und jeder Leser ist eine Sache für sich. Manche bezahlen wenig und kommen nach dem Lesen noch mal zurück und geben ein extra Trinkgeld als Dankeschön, andere sagen, dass sie im Augenblick pleite sind, jedoch zahlen werden, sobald sie können. Und das ist alles in Ordnung! Wenn du Leser hast, die deinen Kram mögen, werden sie dich früher oder später unterstützen. Deshalb konzentriere ich mich einzig und allein darauf, meine Arbeit zu genießen und die Art von Geschichten zu schaffen, die ich selbst lesen möchte.

«  ZurückIndexWeiter  »


Special vom: 23.04.2015
Autor dieses Specials: Christian Endres
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F. W. Tempel
Uderzo vor Asterix
Das Allerletzte
Zurück zur Hauptseite des Specials


?>