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Interview mit Peter Snejbjerg
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„Es bereitete mir Bauchschmerzen, einen Kriegscomic zu machen“

PeterSnejbjergPeter Snejbjerg, der in den Achtzigern an der Kolding Kunsthåndværkerskole studierte, ist einer der bekanntesten dänischen Comic-Künstler, der zahlreiche Titel in den USA veröffentlicht hat. Zu seinem Schaffen zählen Hypernauten, Tarzan: The Scar, Animal Man, Hellblazer, Books of Magic, Sandman: The Dreaming, Garth Ennis’ Battlefields, John Arcudis A God Somewhere, Mike Mignolas Abe Sapien: The Abyssal Plain und natürlich James Robinsons außergewöhnlicher, moderner Superhelden Klassiker Starman. Snejbjerg, der zuletzt auch an der digitalen Debüt Anthologie zu Alan Moores App-Comic-Projekt Electricomics mitarbeitete, wird dieses Jahr als Gast auf der Comic Action in Essen anwesend sein. Gerade wurde außerdem Light Brigade, das der in Kopenhagen lebende Snejbjerg zusammen mit Autor Peter J. Tomasi geschaffen hat, bei Cross Cult erstmals auf Deutsch veröffentlicht - ein Comic in bester Hellboy-Horror-Action Mystery-Tradition. Die Geschichte handelt von einer amerikanischen Einheit im Zweiten Weltkrieg, die in einen übernatürlichen Krieg zwischen den Mächten des Himmels und des Bösen hineingezogen wird und hinter der Frontlinie im verheerten Europa das Schwert Gottes und anderes gegen die als Nazis getarnten Schergen der Finsternis verteidigen muss.

Hallo Peter. Erzählst Du uns für den Anfang, wie aus Dir ein Comic-Künstler wurde?
Schon in sehr jungen Jahren ging ich total auf Tim und Struppiab. Ich liebte es zu zeichnen und dachte mir diese langen, langen Geschichten aus, die meine Mutter für mich lettern musste, da ich damals noch nicht einmal selbst schreiben konnte. Später lernte ich die Duck Geschichten von Carl Barks kennen, einem anderen großen Meister. Als ich ins Teenager-Alter kam, wurden dann all die französischen Alben ins Dänische übersetzt, und ich entdeckte außerdem das amerikanische Heavy Metal-Magazin mit der Kunst von Richard Corben für mich, was mein winziges Gehirn vollständig grillte.
Danach wollte ich nur noch Comics zeichnen, fürchte ich. Hol dich der Teufel, Richard Corben!

Gab es noch andere Künstler, die einen ähnlich massiven Einfluss auf Dich hatten?
Also, Corben war wirklich der dominante Faktor.
Aber ich entdeckte noch andere ... Moebius und die ganzen Amerikaner, Eisner, Toth, Wood ... die ganzen Klassiker, ehrlich. Na ja, die guten Klassiker. Ebenso die Underground-Sachen. Und die neue Brut, Frank Miller, Dave Sim ... all diese Kerle, die absolutes Neuland betraten.

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Als Du Dein Debüt auf dem US-Markt gegeben hast, war die Britische Invasion in vollem Gange. Für europäische Künstler war es aber damals noch schwerer.
Wie hast Du also die amerikanische Comicindustrie erobert?

Ich kann es dir echt nicht sagen. Im Grunde waren wir zwei Dänen, Teddy Christiansen und ich. Vielleicht dachten sie ja, dass wir Briten wären? Mit richtig witzigen Namen? Ich vermute, dass wir tatsächlich mehr von amerikanischen Comics beeinflusst gewesen sind, während die meisten anderen europäischen Künstler deutlicher von der frankobelgischen Comickultur geprägt waren.

Heute gibt es Künstler aus allen Ländern bei den US-Verlagen, aber Skandinavier sind immer noch rar gesät. Woran liegt das?
Nun, zunächst einmal gibt es vor allem nicht so viele skandinavische Comic-Künstler ... zuletzt tauchten aber ein paar Leute bei den etwas alternativeren Verlagen auf. Jason, Niklas Asker, und ich bin mir sicher, es gibt noch mehr, von denen ich bloß nichts weiß. Mein alter Studio-Gefährte, Palle Schmidt, bringt dieses Jahr noch einen neuen Comic beim Verlag Boom! Studios heraus.

Wenn man sich Dein Portfolio ansieht, scheinst Du Dir die Comics, an denen du arbeitest, sorgfältig auszusuchen. Was sind Deine Kriterien?
Ha, solange das Geld reicht ... nein, ernsthaft, ich denke, ich habe einfach bloß sehr viel Glück. Und vermutlich haben die Leute, die an mich herantreten, denselben Geschmack wie ich.

Wie sind Peter J. Tomasi und Du für Light Brigade zusammengekommen?
Peter war zu jener Zeit mein Redakteur an Starman. Ich las sein Skript bis zu der Szene, in der sie sich auf dem Friedhof in die Schützenlöcher verzogen haben und mit Mörsern beschossen werden, woraufhin die Skelette auf sie herab regnen. Das war der Moment, in dem ich sagte, dass ich den Comic machen will!

Woher habt ihr eure Inspirationen genommen? Wie wichtig war z. B. der Einfluss von Mike Mignolas Hellboy?

Jetzt, da du’s erwähnst ... ich schätze, es war um diesen Zeitpunkt herum, dass mir Mignolas Artwork auffiel. Gerade in der Friedhofsszene steckt ein bisschen was von seinem Stil drin. Ich weiß außerdem, dass Peter schon immer ein Zweiter Weltkriegs-Crack gewesen ist. Für mich war das allerdings bis dahin kein Thema.

Bist Du ein Fan von klassischen Kriegscomics?
Ja, das war zu dieser Zeit ein weiterer großer Einfluss. Um in die Stimmung für Light Brigade zu kommen, habe ich viele Sachen wie Two Fisted Tales gelesen, das EC-Zeug.

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Was ist die größte Gefahr, wenn man dieser Tradition folgt?
Gegen die Kerle von damals hat man schlichtweg keine Chance. Sie waren einfach die Besten. Die Storys von John Severin und Will Elder ... Junge, Junge! Das ist die wahre Gefahr - dass man neben ihnen wie ein Amateur aussieht.

Waren die biblischen Szenen schwieriger zu zeichnen, oder die militärischen?
Tatsächlich bereitete es mir größere Bauchschmerzen, einen Kriegscomic zu machen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass der Comic im Original ursprünglich genau zur Zeit der Invasion des Iraks und Afghanistans erschien. Ich hatte einige Bedenken, Krieg als Hintergrund für Unterhaltung zu nehmen, wenn zur selben Zeit echte Menschen in die Luft gejagt werden. Die religiösen Szenen sah ich mehr als Chance, dorthin zu gehen, wo jeder klassische Künstler in der westlichen Tradition bereits gewesen ist. Das sind Ikonen, und ich denke, wir sind weitgehend innerhalb des Kanons geblieben, weshalb es mich wirklich überraschen würde, wenn sich irgendjemand daran stoßen sollte.

Was hat Dir an Light Brigade am meisten Spaß gemacht?
Alles. Aber ich fand die etwas lyrischeren Sequenzen ausgesprochen toll, mit den Landschaften und dem Schnee. Und natürlich hat Bjarne es mit den Farben genau auf den Kopf getroffen.

Was fühlst Du, wenn Du auf Arbeiten zurückblickst, die zehn Jahre auf dem Buckel haben? Starman wird immer eines der definitiven Comic-Highlights dieser Ära bleiben, klar, aber wie sieht es mit Light Brigade aus?
Es gibt Arbeiten, mit denen ich glücklicher bin als mit anderen, aber Light Brigade hält noch immer stand. Ich bin echt stolz auf das, was wir drei hier gemacht haben. Es ist komplett anders als Starman, entstand jedoch auch unter völlig anderen Umständen. Bei Starman gab es einen permanenten Deadline-Druck, das war mehr wie eine Live Performance. Auf die ich allerdings auch äußerst stolz bin.

Du bist einer der Kreativen, die an der Debüt-Anthologie von Alan Moores Electricomics-App mitwirken. Wie fühlt sich das an?
Da ich bisher noch nicht allzu viel gemacht habe, habe ich noch gar kein Gefühl dafür entwickelt. Natürlich bin ich geschmeichelt, Teil dieser besonderen Gruppe zu sein, die sich von anderen Projekten abgrenzt, und ich bin mir sicher, dass wir mit etwas Brillantem aufwarten werden am Ende, aber letztlich wird nur die Zeit zeigen, was genau das sein wird. Im Moment behandle ich die Arbeit wie die an jedem anderen, gedruckten Comic.

Weiter geht es in ZACK # 183 ...

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Special vom: 22.08.2014
Autor dieses Specials: Christian Endres
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F. W. Tempel
Interview mit Mark Evanier
Das Allerletzte
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