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Die Schöne und das Automobil: Margots Reportagen
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margotsreportagenEnde 2010 überraschte Salleck Publications mit dem ersten Band der Reihe Margots Reportagen. Das in reinster Ligne Claire gezeichnete Album mit der schönen Schwarzhaarigen als Titelheldin war der Vorbote einer „nouvelle vague“ von Autocomics, die seitdem das frankobelgische Programm des Wattenheimer Verlags durchströmt. Der Comic ist Teil des Imprints „Collection Calandre“ (dt. für Kühlergrill) des Genfer Verlags Editions Paquet, das eine ganze Reihe von meist nostalgisch ornamentierten Comics zum Thema Auto veröffentlicht. Nur wenig später folgten bei Salleck auf den nostalgischen Krimifall von Margot auch Comicabenteuer von Jacques Gibrat und Mauro Caldi oder Einzelbände wie Die Abenteuer von Bob Neyret, Gentleman Driver und Jagd auf einen Mini. Allen gemeinsam ist ein mehr oder minder stark erkennbares Retro-Feeling, das sich aus einer Verankerung der Handlung in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts und einer tiefen Zuneigung zu des Mannes liebstem Spielzeug ergibt: dem Automobil.
Von Margots Reportagen liegen inzwischen vier Alben auf Deutsch vor. Die Figur der Journalistin Margot erfand der französischen Künstler Olivier Marin. Dessen Serie ist nur auf den ersten Blick eine Hommage an die Detektivgeschichten der 1950er Jahre. Beschäftigt man sich näher mit ihr, wird schnell klar, dass sie gleich mehrere Zielgruppen anspricht: Freunde einer leicht modernisierten Ligne Claire kommen ebenso auf ihre Kosten wie die Anhänger von Pin-Up-Art und Fans von schönen, alten und ganz schön alten Automobilen.
Der Star der Geschichte ist jedoch nicht unbedingt der jeweilige fahrbare Untersatz, sondern in erster Linie die junge Margot. Dass sich die gut aussehende und toll proportionierte Französin mit Vorurteilen herumschlagen muss und mehr Köpfchen beweist, als ihr die Kollegen zutrauen, ist zwar nicht sonderlich originell, wirkt im zeitgenössischen Umfeld der Geschichten aber äußerst unterhaltsam. Auch dass sie sich immer wieder unfreiwillig in aufreizende, aber nicht unsinnige Posen wirft, beispielsweise wenn sie durch das Fenster eines Hauses klettert oder auf einem Schrottplatz zu Boden stolpert, hat man schon anderswo gesehen. Beim ersten Album etwa, das den Titel Das Geheimnis des 22 CV trägt, passiert es eher beiläufig und passt zum Grundton der Geschichte. Und wenn dann der Petticoat hochrutscht und man den Hauch eines Höschens sieht oder die Ausschnitte ihrer hautengen Kleider viel Dekolleté zeigen, dann könnte man das natürlich als grenzwertig bis sexistisch einstufen, aber genauso gut auch geschmackvoll erotisch. So entpuppt sich die Serie mit der Heldin Margot, die stets gut gekleidet ist, als spannendes, amüsantes und schön anzuschauendes Comiclesefutter, welches den Fan von schönen Oldtimern, hübschen Heldinnen und gelungener Ligne Claire auf ganzer Linie befriedigt.
Olivier Marin besuchte im April 2013 die Comicmesse in Berlin. Für ZACK zog Matthias Hofmann mit Marin und seinem deutschen Verleger Eckart Schott nachts um die Häuser und sprach dazwischen mit dem trinkfesten Franzosen über dessen Vorliebe für Autos und seine erfolgreiche Comicserie.

olivermarinfotoOlivier, es ist bekannt, dass Autos Deine große Leidenschaft sind. Welche Kurven magst Du lieber: die Kurven einer Frau oder die eines Autos?
Olivier Marin denkt lange nach.

Du weißt warum ich das frage. Dein Comic Margots Reportagen zeigt schöne Frauen und schöne Automobile.
Beide haben einen gewissen Sexappeal, zumindest für Auto-Fans …
Das ist schwierig. Wie sage ich das bloß in English? [lacht] Ich bin ein Mann, der Autos zeichnet. Für mich hat ein Auto etwas Weibliches. Wenn ein Mann von seinem Auto oder von seiner Frau spricht, ist das für mich fast das Gleiche.
Also ich mag beides sehr. [grinst]

Okay, dann frage ich anders. Wenn Du einen Spaziergang machst und da steht eine wunderschöne Frau und daneben ein wunderschönes Auto, was siehst Du zuerst?
Ich sehe natürlich beides gleichzeitig [lacht]. Als ich mit der Serie und den Abenteuern von Margot anfing, wollte ich auch beides zeichnen. Die Handlung spielt in einem Setting, das den 1950er und 1960er Jahren entlehnt ist. Damals gab es im Comic keine Frauen, die sexy waren. Ich möchte aber einen Comic machen, der von erwachsenen Männern gelesen wird und der das alte Tintin-Feeling hat. Da passt eine starke Frauenfigur wie Margot sehr gut hinein.
olivermarin

Ich dachte eigentlich, dass Du einen Autocomic zeichnen und ihn zusätzlich mit etwas unterschwelliger Erotik würzen wolltest, um ihn interessanter zu machen.
Wenn ich ehrlich bin, dann ist meine erste Passion das Lesen und Sammeln alter Comics. Ich mag die alte Ligne Claire von Hergé oder Bob de Moor, aber auch die neue Ligne Claire eines Yves Chaland. Ich möchte also eher einen Comic machen, der meine Liebe zum Comic, aber auch meine zweite Leidenschaft, alte Automobile, widerspiegelt. Im Übrigen hatte bereits Michelle, mein erster Comic, die Kombination aus Krimi und einer starken weiblichen Heldin.

Michelle erschien 2007, und es ist nur ein Band erschienen. Warum?
Weil die Geschichte nicht erfolgreich war. Es hatten sich nur 2.000 Stück verkauft. Aber es war auch mein erstes Album. Meine Zeichnungen waren noch nicht so weit und weniger detailliert. Und außerdem war es mehr für Kinder konzipiert. Es gab keine Autos darin. Es hat nicht funktioniert.

Weiter geht es in ZACK # 174 ...

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Special vom: 21.11.2013
Autor dieses Specials: Matthias Hofmann
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F. W. Tempel
The Magic Pen: Interview mit Dylan Horrocks
Das Allerletzte
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