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Mark Schultz’ Xenozoic - Cadillacs & Dinosaurier
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Der Amerikaner Mark Schultz illustrierte bereits Conan und schrieb neue Abenteuer mit Superman und dem Spirit. Seit 2004 textet er außerdem die Sonntagsseiten von Prinz Eisenherz. Nun sieht es so aus, als würde Schultz nach 17 Jahren in die pulpig postapokalyptische Welt aus seinen legendären Xenozoic Tales zurückkehren. Darüber hinaus erschien in den USA gerade eine großformatige Artist’s Edition mit seiner künstlerisch so beeindruckenden Vision der Erdneuzeit.

Seit vielen Jahren wandelt Mark Schultz auf den Spuren jener großen Illustratoren, die ihn und seine künstlerische Entwicklung nachhaltig geprägt haben. Dabei ist seine Bewunderung für Winslow Homer, Howard Pyle, N.C. Wyeth, Daniel Smith, Dean Cornwell, Herbert Morton Stoops und Frank Hoban mindestens so groß wie seine Liebe für die amerikanischen Abenteuer-Comicstrip-Titanen Hal Foster, Alex Raymond, Al Williamson und Will Eisner – oder sein Respekt für die ikonischen Arbeiten von Fantasy-Maler Frank Frazetta. Einzelillustrationen
Heute ist Schultz freilich längst selbst ein großer Künstler und Cartoonist, der mit Pinsel und Tusche zu begeistern versteht. Was nach wie vor kein anderer Titel in seinem vielseitigen Portfolio so hervorragend dokumentiert wie Xenozoic, auch bekannt als Xenozoic Tales oder Cadillacs & Dinosaurs. Mit überragendem Pinselschwung, viel Dynamik und großer Eleganz lässt Schultz darin die Erdneuzeit des 26. Jahrhunderts in stimmungsvollen Schwarzweiß-Abenteuern Gestalt annehmen und brilliert letztlich Panel für Panel, selbst wenn das Pacing in seltenen Fällen mal ein wenig altbacken wirkt.
Davon abgesehen ist die in den Staaten zunächst bei Kitchen Sink erschienene Serie eine ultimative Bestandsaufnahme von Schultz’ Begeisterung für Abenteuerstoffe aus den Groschenheften, Comics und dem Kino – und selbstverständlich für Dinosaurier, in die sich der 1955 in Philadelphia geborene Schultz schon im Alter von sechs Jahren verliebte, als er das erste Mal in ein Naturkundemuseum mit einer entsprechenden Abteilung ging.

Prähistorische Pracht
In 14 Heften und gut 20 Kapiteln zeigte Schultz zwischen 1986 und 1996 die Welt nach dem Kataklysmus, dem Zusammenbruch und Untergang der menschlichen Zivilisation also. Das Zeitalter nach dem großen Knall ist das Känozoikum, die Erdneuzeit, im Englischen Cenozoic. Daraus hat Schultz kurzerhand Xenozoic gemacht – im Geiste der Pulp-Literatur muss es schließlich grell und reißerisch klingen.
In seinen klassisch anmutenden Geschichten erzählt Schultz von den Ruinen der einstigen Zivilisation und den Menschen, die das alles verändernde Fiasko im Untergrund überlebt haben. Nach der Rückkehr an die Oberfläche kämpfen sie in den verwilderten, teils überfluteten Metropolen von einst täglich von Neuem ums Überleben, mit Messern, Bogen, Ruderbooten und Gewehren, einfachen politischen Ratssystemen und wenig Kontakt zu den anderen verbliebenen Enklaven, dafür aber mit viel Feindkontakt zu Flora und Fauna.
Ein Mittler zwischen den wenigen Menschen und der in voller prähistorischer Pracht wiederauferstandenen Wildnis sind Männer wie Jack Tenrec: Er ist eine Art Mechaniker-Schamane, der für die Cadillacs der alten Welt ein genauso geschicktes Händchen hat wie für das Ökosystem der neuen Welt, in der die Menschen als merklich geschwächter Teil der Nahrungskette klarkommen müssen. Dass die von Tenrec umgebauten Cadillacs mit Dino-Dung laufen, ist derweil nicht die einzige Veränderung, die 500 Jahre nach dem Ende der zivilisatorischen Ordnung für Spannungen und Schwierigkeiten sorgt. Denn der menschliche Hang zur Habgier und zu den ewig gleichen Fehlern ist unverändert geblieben, wie Tenrec und die bildhübsche, allerdings auch extrem manipulative Übersee-Botschafterin Hannah Dundee oft genug zu spüren bekommen ...

Xenozoic_TalesArt for art’s sake
Nach einer Handvoll eher lose zusammenhängender Geschichten, in denen das für sich stehende Abenteuer groß geschrieben wird und Schultz das Fundament seiner Welt legt, sind die restlichen Episoden wesentlich stärker verknüpft, treten politische Intrigen und Machtspielchen in den Vordergrund. Das ist nicht immer ganz so charmant wie zu Beginn, hat aber eine ganz eigene Sogwirkung.
Und neben den Abenteuern mit Cadillacs, Mammuts, Dinosauriern, verrückten Wissenschaftlern, unbelehrbaren Jägern, fremdartigen Mystikern und korrupten Politikern ist da stets auch noch Platz für eine Umweltbotschaft, die in vielen von Schultz’ Werken durchklingt.
In Xenozoic ist das meist dann der Fall, wenn Tenrec als rauhbeiniger, simpel gestrickter Schamane mit Gewehr und Faust für das Gleichgewicht in der Erdneuzeit sorgt – für Gerechtigkeit gegenüber der archaischen Natur, die den Menschen schon einmal fürchterlich bestraft hat und es mit Sicherheit jederzeit wieder tun würde.
Gleichzeitig war das Setting um die ungezähmt aufblühende Natur, Cadillacs und Dinosaurier anfangs auch ein künstlerischer Protest gegen Schultz’ damaligen Brot-Job als Werbegrafiker kurz nach dem College. „Ich wusste nicht wirklich, wo ich mit der ganzen Idee hin wollte“, gestand Schultz einmal. „Es ging mir am Anfang nur um absolute Kreativität.“ Wie bei anderen vergleichbaren Endlosserien hatte Schultz niemals ein echtes Ende im Sinn, nie ein großes Finale vor Augen – der Weg war das eigentliche Ziel. Dieser Weg – dieser verschlungene Pfad durch Urwälder und Sümpfe und Höhlen – sollte möglichst unterhaltsam sein und sowohl dem Künstler als auch den Lesern viel Freude beim Entdecken bereiten.

Weiter geht es in ZACK # 170 ...

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Special vom: 01.08.2013
Autor dieses Specials: Christian Endres
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F. W. Tempel
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