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Die Jugend des Horror-Titans - Der junge Lovecraft
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Howard Phillips Lovecraft (1890-1937) ist vermutlich der einflussreichste Horror-Schriftsteller aller Zeiten. Sein Cthulhu Mythos mit all den außerirdischen Gottheiten und all dem kosmischem Grauen ist bis heute äußerst präsent in unserer Popkultur. Tentakel hier, Große Alte da, wohin man nur blickt.
Dabei soll nicht verschwiegen werden, dass der amerikanische Horror-Oberpriester aus Providence durchaus ein etwas absonderlicher Gentleman war.

Zeichner_Bartolo_Torres_links_und_Autor_Jos___Oliver_rechtsDas ist auch der Grund, weshalb ihm der 1979 auf Mallorca geborene Autor José Oliver Marroig und der 1978 auf Ibiza geborene Zeichner Bartolo Torres in ihrem Comicstrip Der junge Lovecraft mit viel Spritzigkeit und Dreistigkeit seit 2005 eine lustige, durch und durch fiktive Jugend auf den Leib dichten: Mit etlichen Freiheiten, den berüchtigten drei Tanten, geknickten sozialen Antennen, einer seltsamen Freundin, einem Ghoul als Haustier, Beschwörungen, ebenso mächtigen wie finsteren Besuchern und vielem mehr.
Gleich im ersten Hardcover-Sammelband des international erfolgreichen Strips und Webcomics, der im April 2013 nun auch auf Deutsch erschienen ist, treffen der junge Lovecraft und seine Freundin Siouxie im Totenreich zudem auf Edgar Allan Poe, Arthur Rimbaud und Charles Baudelaire. Zwischendurch gibt es noch Lovecraft-typische Einmischungen in literarische Klassiker, die meistens von einem Großen Alten gekapert werden. Ein Mordsspaß für alle, die es überleben.
Im Interview spricht Autor Marroig über die spanische Webcomic-Landschaft, die Faszination Lovecraft, Zeitprobleme, die Peanuts und Calvin & Hobbes.

Hallo José. Kannst Du uns für den Anfang ein bisschen etwas über Dich erzählen?
Ich wurde in Palma de Mallorca geboren und machte meinen Abschluss in Spanisch und Literatur. 2004 traf ich Bart Torres, mit dem ich seither an Der junge Lovecraft zusammenarbeite. Heute bin ich außerdem als Lehrer tätig und schreibe als Freiberufler Comic-Kritiken für eine Zeitung. Comics mache ich in meiner Freizeit, jedenfalls so lange, bis ich mit Der junge Lovecraft reich werde (feixt).

Wie wurdest Du ein Comicfan?
Als Kind habe ich mein Interesse an Comics entdeckt, und zwar wie jedes andere heranwachsende Kind in Spanien auch, mit Clever und Smart. Ein eingefleischter Comicleser wurde ich jedoch erst in den frühen 1990ern durch Manga, Dragonball und solche Sachen.
Inzwischen lese und schätze ich jede Art von Comic, von Superhelden über französische Alben bis hin zu klassischen Comicstrips oder Independent Comics. Ich liebe Comics wirklich.

Und wie hast Du Lovecraft für dich entdeckt?
Ich kam als Teenager zu Lovecraft. Genau genommen durch das Rollenspiel Der Ruf des Cthulhu. Ich fing an, seine Werke zu lesen, und er wurde schnell einer meiner Lieblingsautoren. Die erste Lovecraft-Story, die ich gelesen habe, war Das Grauen von Dunwich, die mich zutiefst beeindruckt hat.
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Was hat Dich dazu gebracht, aus Deiner Vorliebe für Lovecraft einen Comcistrip zu entwickeln?
Nun, ich habe eine gewisse Auffassung davon, wie man einen Comicstrip machen sollte. Ich mag speziell Calvin and Hobbes von Bill Watterson, und als ich dessen Konzept mit meiner Lovecraft Lektüre verschmelzen ließ, war Der junge Lovecraft auf einmal da.

Zunächst als Webcomic. Hat Spanien eine reiche Webcomic-Landschaft?
Oh ja. Webcomics sind hier sehr beliebt. Es gibt einige Beispiele für Webcomics, die so erfolgreich wurden, dass sie gedruckt wurden. Miau von José Fonollosa (Interview mit Fonollosa im nächsten ZACK, Anm. d. Red.), R.I.P. von Aitor I. Erana, Conejo Frustrado und Polo Sur von Mike Bonales ... Und es gibt auch eine Vielzahl Webcomics, die im Internet bleiben und zahlreiche Leser haben: Cronicas PSN, Eh Tio, El listo ...

Noch mal zu Lovecraft. Wieso ist er auch als Person so faszinierend?
Weil er sich selbst zu seiner besten Charakterschöpfung machte.
Er war das, was wir heute einen Nerd nennen würden. Wegen seiner Hobbys, zu denen nächtliche Spaziergänge gehörten, und seiner Art, wie im 18. Jahrhundert zu schreiben. Alle, die ihn kannten, sagten, dass er ein cooler und netter Kerl war, der es allerdings liebte, diese Figur zu spielen.

Und was macht seinen fiktiven Mythos - seinen Kosmos - so anhaltend populär?
Ich denke, das liegt an seiner nicht anthropozentrischen Weltsicht, die in unserer modernen Gesellschaft überwiegt - mit einem Konzept des Universums, in dem man nicht länger das Zentrum von allem ist.
Manche Autoren nannten Lovecraft den Kopernikus der Literatur, vor allem wohl deshalb, weil die Bedrohung für die Menschheit in Lovecrafts Texten etwas ist, das sich komplett außerhalb der menschlichen Reichweite befindet und sogar unvorstellbar ist. Der Cthulhu-Mythos dreht sich darum, wie klein der Mensch in diesem weiten Universum ist. Ein sehr modernes Konzept.

Es gibt viele Biografien über Lovecraft, die beste womöglich von Lyon Sprague de Camp. Welche Ressourcen nutzt Du als Grundlage deines Strips?
Ich habe so gut wie Lovecrafts gesamtes Schaffen gelesen, und auch die Biografie von Sprague de Camp, die Du ansprichst. Ich versuche immer, mich von seinem Leben und seinem Werk inspirieren zu lassen, jedoch auch unsere eigenen Twists hinzuzufügen.

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Wie muss man sich die Zusammenarbeit zwischen Dir und Zeichner Bartolo Torres vorstellen?
Wir arbeiten über eine gewisse Distanz zusammen, da er in Barcelona lebt und ich in Palma. Ich schicke ihm den Plot und eine flüchtige Zeichnung davon, wie ich mir den Strip vorstelle, und er erstellt seine Version. Wenn wir ein paar Zweifel haben, telefonieren wir miteinander. Bart und ich sind mehr als Partner geworden. Wir sind enge Freunde und teilen viele Interessen, darunter Musik, Comics und Bücher.

Was macht Deiner Meinung nach einen guten Comic-Strip aus?
Und sag jetzt nicht einfach, dass er wie Calvin & Hobbes oder die Peanuts sein soll, weil das die Blaupausen sind ...
Natürlich sind sie das! Die Peanuts sind okay, aber ich bevorzuge mit Abstand Calvin und Hobbes. Warum das Meisterwerke sind? Weil sie auf so begrenztem Raum eine gute Geschichte mit einem Ende und einer Pointe präsentieren, was das Wichtigste für Comicstrips ist.
Ich habe beide Strips gelesen, und während die Peanuts ein paar gute Jahrgänge haben, ist Calvin & Hobbes vom Anfang bis zum Ende ein Kunstwerk. Jeder einzelne Strip. Wahrscheinlich ist Calvin & Hobbes der größte meiner Einflüsse überhaupt. Ich nutze beispielsweise diese Sache, die Watterson immer gemacht hat, wenn Calvin sich eine Geschichte ausdenkt und im letzten Panel in die Wirklichkeit zurückkehrt.

Nach zwei Jahren im Internet gab es einen ersten spanischen Sammelband. War es schwer, einen Verlag zu finden?
Ich hatte es immer im Kopf, Der junge Lovecraft auf Papier gedruckt und veröffentlicht zu sehen. Der Webcomic war der einfachste und billigste Weg, den Comic bekannt und beliebt zu machen, ehe er gedruckt wurde. Ich habe es bei verschiedenen spanischen Comic-Verlagen versucht, bis Diabolo Interesse bekundete. Es war nicht leicht, doch ich muss sagen, dass Diabolo uns bisher sehr gut behandelt hat.

Weiter geht es in ZACK # 170 ...

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Special vom: 31.07.2013
Autor dieses Specials: Christian Endres
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Editorial von Georg F. W. Tempel
Mark Schultz’ Xenozoic - Cadillacs & Dinosaurier
Das Allerletzte
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