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Leben und Werk, Teil 1
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Jiro Taniguchi wurde 1947 in Tottori, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Süden der japanischen Hauptinsel Honshu, geboren. Seine Comic-Karriere begann Mitte der 1960er, wie es (nicht nur) in Japan üblich ist, als Assistent eines erfahrenen Zeichners. Bereits in diesen Jahren bei seinem Mentor Kyota Ishikawa sind die Anfänge der klaren Erzählweise, die Taniguchis Werk auszeichnet, zu erkennen. Sein erster eigener Comic erschien 1972 unter dem Titel "Kareta Heya" (übersetzt etwa "Ein dürrer Sommer") im Manga-Magazin "Young Comics". Taniguchis frühe Arbeiten waren noch eher "typische" Manga, darunter Dramen um Boxer oder Samurai, Science Fiction- und Kriminalgeschichten. 1976 begann die Zusammenarbeit mit dem Journalisten Natsuo Sekikawa, mit dem er eine Reihe von "hard boiled"-Krimicomis schuf. Taniguchis Manga aus dieser Zeit richteten sich mit einer härteren Erzählweise merklich an ältere Leser.

In den 1970ern stieß er erstmals auf eine Zeichnung eines französischen Künstlers, der damals weltweit für Aufsehen sorgte: Jean Giraud, auch bekannt als Moebius. Das machte sich bald in Taniguchis Zeichenstil bemerkbar. Denn bei Moebius fand er etwas für japanische Comics eher untypisches: In Manga sind die Bildhintergründe, zugunsten eines schnellen Erzähltempos, meist nur wenig ausgearbeitet. Moebius ist dagegen ein Vertreter der sogenannten ligne claire. In dieser von Herge begründeten Schule agieren auf wenige Linien reduzierte Figuren vor detailreichen Hintergründen, die das Auge länger auf dem einzelnen Panel verweilen lassen. Solche ausgefeilten Hintergründe findet man seither auch in Taniguchis Arbeiten.

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Der große Durchbruch gelang Taniguchi allerdings erst einige Zeit später, wieder in Zusammenarbeit mit Sekikawa. Dieser war der Szenarist bei "Botchan no Jidai Kara" (übersetzt etwa "In der Zeit von Botchan"). Die Serie basiert auf dem Roman "Botchan" von Soseki Natsume, einem der wichtigsten japanischen Schriftsteller der Meiji-Zeit. In dieser Epoche, die sich von 1867 bis 1912 erstreckte, kam es in Japan zu gravierenden Umbrüchen auf vielen Gebieten – sozial, politisch, kulturell, wirtschaftlich. Aus einer rückständigen, isolationistischen Feudalgesellschaft entwickelte sich das Fundament für das moderne Japan von heute. Natsume lässt seinen Helden "Botchan" die Umwälzungen wie an seiner Stelle durchleben. Der Roman gehört bis heute zu den beliebtesten in Japan; die meisten Japaner haben ihn während ihrer Jugend gelesen.

Taniguchi und Sekikawa schufen auf dieser Basis Mitte der 1980er ihrerseits etwas neues: Ihr (in der Takobon-Ausgabe) fünfbändiger Comic gilt als Durchbruch für eine neue Form des literarischen Manga. Der Zeichner hatte akribisch das Stadtbild von Tokio zu Beginn des 20. Jahrhunderts rekonstruiert, was ihm einen Ruf als überaus virtuoser Zeichner einbrachte. Ab dieser Zeit konnte er, der bis dahin fast ausschließlich Szenarien anderer Künstler umsetzte, es sich leisten, auch eigene Geschichten umzusetzen. Trotzdem sollte Taniguchi auch später immer wieder mit Autoren zusammenarbeiten.
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Special vom: 16.12.2012
Autor dieses Specials: Henning Kockerbeck
Die weiteren Unterseiten dieses Specials:
Leben und Werk, Teil 2
Taniguchi auf Deutsch
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