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Die fünf Hurenkinder des Captain Crown
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Die Zutaten sind schmackhaft: 17. Jahrhundert, exo- tische Karibik, der Tod eines legen- dären Piraten, das Rätsel um dessen fünf „Hurenkinder“ und eine abenteuerliche Suche nach einem geheimnis- vollen Schatz, die tief in unwegsamen Dschungel führt: Das Testament des Captain Crown ist
ein Zweiteiler mit allen Zutaten für eine spannende, unterhaltsame und rundum gelungene Comiclektüre.

Verantwortlich für den Comic sind zwei Franzosen, die bislang als Newcomer galten. Weder von Tristan Roulot, dem Szenaristen, noch von Patrick Hénaff, dem Zeichner, lag in deutscher Sprache ein Album vor. Wer Das Testament des Captain Crown gelesen hat, wird sich das Duo für die Zukunft vormerken.
Hénaff war im Juni 2012 zum ersten Mal in Deutschland auf einer Signiertour. Die Ehapa Comic Collection, sein Verlag, hatte ihn ein- geladen und präsentierte den Wahl-Kanadier auf dem Comic-Salon in Erlangen. Dort traf sich Matthias Hofmann für ZACK mit Hénaff und unterhielt sich mit ihm über seine bisherige Karriere und seine Comics.

Patrick, erzähl uns doch mal etwas zu deiner Person. Wann und wo wurdest du geboren?

Ich wurde 1975 in Rennes, in der Bretagne, geboren. Vor 14 Jahren zog ich weg nach Kanada, um dort mein Studium zu beenden. Ich habe Rechtswissenschaften studiert. Später bin ich vom frankophonen Teil Kanadas in den Westen gezogen, in den englischsprachigen Teil. Dort gibt es jedoch keine »Bande Dessinée« im französischen Sinn, sondern nur »Comics« im amerikanischen Stil. Vor vier Jahren bin ich wieder umgezogen in den Osten, nach Montreal, wo man überall franko-belgische Alben sieht und kaufen kann. Ich bin vor allem nach Montreal gezogen, um mehr europäische Comics zu machen. In Alberta habe ich schwerpunktmäßig kommerzielle Illustrationen gezeichnet und redaktionelle Seiten bebildert. In Montreal finde ich eine stärkere Nähe zu Frankreich und habe ein besseres Umfeld, um Comicalben zu schaffen.

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Da du Jura studiert hast: Kann man davon ausgehen, dass du keine Kunstausbildung hast?

Ich habe mir die Zeichenkunst selbst beigebracht.

Also für einen Autodidakten zeichnest du auch formal ziemlich gut.

Danke. Ich bemühe mich. [lacht]

Und du scheinst ein Wanderer zwischen den Welten zu sein, wenn man das so sagen darf. Wann ziehst du wieder zurück nach Frankreich?


Ich habe keinerlei Pläne, Kanada zu verlassen, aber auch keine, um zu bleiben. Ich lasse das auf mich zukommen. Montreal gefällt mir als Wohnort sehr gut.

Lebst du in der Stadt oder am Rand?

Ich lebe direkt in der Stadt. Es ist aber nicht beengend oder aggressiv, wie man es von manchen Großstädten kennt. Montreal ist genau rich- tig für mich. Ich bleibe erst mal noch ein paar Jahre.

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Bist Du verheiratet?

Nein, ich war verheiratet. Jetzt bin ich geschieden. Es hat nicht sollen sein. Ich weiß nicht, wie andere Leute das schaffen, eine Karriere in der Comicbranche mit einer Familie zu vereinbaren.

Gehen wir kurz zurück zu deinen Anfängen. Welche Comics hast du als Kind gelesen? Wahrscheinlich Tintin ...


Als ich sehr klein war, habe ich die alten Hefte meines Vaters gelesen, stapelweise Spirou- und Tintin-Magazine. Das war die alte Schule, die Klassiker. In den 1980ern entdeckte ich modernere Comics.

Schwermetall?


Nein. Meine Eltern hätten mir Schwermetall nicht erlaubt. Aber ich las Comics wie Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit von Loisel. Das hat mich total beeindruckt, im Vergleich zu den klassischen Comics. Diese Art von Abenteuergeschichten, erzählt in Form eines Comics, haben mich gefesselt.

Und wann hast du selbst mit dem Zeichnen angefangen?

Eigentlich zeichne ich schon mein ganzes Leben lang. Ich wollte schon als Kind ein Comiczeichner werden, aber ich wusste nicht, wie ich das anstellen sollte. Ich habe schon früh meine Zeichnungen anderen gezeigt und bekam viel Ermunterung weiterzumachen.

Heute kann ich davon leben, aber es ist sehr fordernd und mitunter auch einfach hart. Wenn man Comics zeichnet, verbringt man viele Stunden allein am Zeichentisch. Aber es kommt auch viel zurück. Es befriedigt in höchstem Maße, weil man eine große Kontrolle über das fertige Produkt hat. In der kommerziellen Illustration arbeitet man mit großen Teams zusammen und versucht, es jedem recht zu machen. Beim eigenen Comic bin ich mit dem Szenaristen zu zweit. Dies bedeutet eine große Freiheit, und das gefällt mir sehr.

Deine Eltern waren wahrscheinlich nicht hocherfreut, als du vom Jurastudium zum Illustrator umgeschwenkt bist?

Es war nicht einfach für sie. Als ich ihnen zum ersten Mal von meinen Plänen erzählte, gab es lange Diskussionen darüber, wie es ist, ein Künstler zu sein. Meine Eltern wollten, dass ich einen richtigen Job erlerne, damit ich auf die Füße falle, falls es schief geht. Deswegen das Studium der Rechtswissenschaften.

Und hast du das Studium beendet?

Ja, ich habe es mit Magister abgeschlossen. Vier Jahre in Frankreich und zwei Jahre in Quebec. Es hilft mir beim Verhandeln vonVerträgen, also war es keine vergeudete Zeit. [lacht]

Das heißt, wenn du als Künstler erfolglos geblieben wärst, hättest du eine Karriere als Anwalt eingeschlagen?


Ich hätte es versucht, aber ich wäre nicht glücklich dabei gewesen.

Welcher Zeichner hat dich wirklich inspiriert?

Das war eindeutig Régis Loisel. Ich habe natürlich die alten Meister gemocht, aber Loisel war der erste modernere Künstler, der mich geprägt hat.

Hast du ihn schon einmal getroffen?

Ja, das kann so man sagen. Wir arbeiten in Montreal im gleichen Studio zusammen.

Oha. Das ist mal eine Überraschung ...

Ja, ich sehe ihn also jeden Tag. Das ist ein absoluter Glücksfall für mich. Er ist so gut. Wenn ich eine Seite zeichne und nicht weiter- komme, kann ich ihn um direkten Rat fragen. Er ist immer sehr respektvoll und sagt mir auch, was er anders machen würde, wenn er die gleiche Szene zeichnen würde. Es sind manchmal nur ganz kleine Änderungen, aber sie machen eine Seite oder Szene viel besser. Ich bin noch nicht lange mit ihm in einem Studio, erst seit ungefähr vier Monaten. Die beiden Alben von Captain Crown habe ich davor gezeichnet. Aber ich merke, dass es mir viel hilft für meine neue Serie.

Was war dein erster veröffentlichter Comic?

Vor Das Testament des Captain Crown habe ich einen Comic bei dem kanadischen Verlag Glénat Québec, einem Ableger von Glénat, veröffentlicht mit dem Titel Street Poker. Es ist eine zeitgenössische Kriminalgeschichte um einen professionellen Pokerspieler. 46 Seiten in einem etwas kleineren Format als ein normales Album.

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Special vom: 08.11.2012
Autor dieses Specials: Zack
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Editorial von Georg "efwe" Tempel
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